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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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die ganze Zeit im Bunker!« – »Sehr schön!«sagte Wolzow befriedigt. Er schrie: »Wo ist Flakwehrmann Klage?« Klage tauchte, die Hände auf den Leib gepreßt, aus dem Mannschaftsbunker. »Sie haben sich gedrückt! Los, räumen Sie die Kartuschen weg!« – »Wolzow«, sagte der Lehrer, »ich …« – »Das ist der Geschützführer«, rief Vetter, »da wird pariert!« Wolzow brüllte: »Zehnmal um den Geschützstand! Marsch, marsch!« Holt fand keine Zeit mehr, sich einzumischen, denn Klage murmelte etwas Unverständliches und ging zur B 2.
    Aber bei Kutschera fand er kein Recht. Der Hauptmann hatte eben vom Major eine Anfrage bekommen, worauf die Hundertsieben eigentlich bei Feuerverbot schieße, da seien, verdammt noch mal, Jäger am Feind! Kutschera hatte also üble Laune und fuhr den Lehrer an: »Verrückt! Befehl verweigern … wo gibt’s denn so was! Beschweren Sie sich morgen auf dem Dienstweg!«
    Das Funkmeßgerät faßte einen anfliegenden Verband. »Zemtzki«, brüllte Kutschera, »melden Sie der Untergruppe, wir haben nischt verstanden! Gottesknecht, los, Feuer frei!«
    Klage lief, als er wieder in den Geschützstand trat, unter die Rohrmündung und mitten in den ersten Schuß hinein; die Druckwelle warf den geblendeten Mann in eine Ecke.
    »Er hat sich schon wieder gedrückt«, stellte Wolzow fest, undnun jagte er seinen Mathematiklehrer um den Geschützstand, von Machtrausch besessen. Holt und Gomulka schleppten Patronen. Als sie merkten, was sich an der Kanone abspielte, war es zu spät.
    Doktor Klage ging am nächsten Tag zum Kommandeur und ließ sich in eine andere Batterie versetzen.
    Holt dachte über diesen Vorfall nach. Er erinnerte sich an manches Gespräch mit Peter Wiese. »Eigentlich«, so sagte er zu Gomulka, »sollten die Lehrer unsere Erzieher sein …« Gomulka schwieg. Dann sagte er: »Weißt du, der Wolzow …« Er verstummte, mit zusammengepreßtem Mund.
     
    An dem gespannten Verhältnis zwischen Wolzow und den Oberhelfern hatte sich nichts geändert. Aber es blieb vorerst bei Drohungen, über die Wolzow spottete: »Die trauen sich nicht!« Da gab es einen neuen Streitfall.
    Jeder Luftwaffenhelfer hatte innerhalb eines Jahres Anspruch auf einen vierzehntägigen Erholungsurlaub, den sogenannten »großen Urlaub«. Darüber hinaus gab es regelmäßig Tag- oder Nachturlaub, für diejenigen, die am Einsatzort zu Hause waren. Der Tagurlaub reichte von Mittags zwei, der Nachturlaub von abends sechs bis morgens sieben. Die Neuen erhielten Ausgang, von abends oder von mittags bis Mitternacht.
    Um diesen Ausgang gab es Streit. Wilde aus Hamburg, ein enger Freund Günsches, führte die Ausgangslisten. Holt fand rasch heraus, daß die Hamburger vor allem sich selbst mit Ausgang versorgten. Daraufhin nahm Wolzow die Sache in die Hand. Als Ziesche Nachturlaub hatte, wurde beraten. Vetter sagte: »Wir sollten keinen Stunk machen! Wenn wir erst die Alten sind, dann sind wir immer mit Ausgang dran!« Gomulka protestierte. »Wenn ich mal die Listen führe, dann muß es gerecht zugehen!« Holt unterstützte ihn. Sie beschlossen, den Oberhelfer Wilde hereinzulegen. Drei Wochen lang führten sie Buch, bis der Beweis vollständig war. In drei Wochen hatte Günsche dreimal Ausgang. Holt einmal, Pingel-Otto viermal, Kirsch zweimal. Am Abend schrieben die neun Mann vom Geschütz Anton Beschwerden. Kollektive Beschwerden galten als Meuterei; die Beschwerdendurften nicht einmal gesammelt abgegeben werden. Also schrieb jeder seinen Text, und dann erschienen sie, anderthalb Stunden lang, einer nach dem anderen, auf der Schreibstube und übergaben ihre Briefe dem verblüfften UvD. Der Wortlaut war fast der gleiche, das Beweismaterial war identisch. Auf dem vorgeschriebenen Dienstweg gerieten die Beschwerden an Gottesknecht. Er besuchte sie noch am selben Abend in der Stube. Zum Schein machte er Spindappell, warf einigen die Sachen durcheinander und verurteilte Wolzow und Vetter wegen »unerlaubten Grinsens beim Spindappell« zu fünfundzwanzig Kniebeugen. Dann gab er allen Sehrgut »wegen Köpfchen«.
    Der Hauptmann ließ sich zwei Tage Zeit. »Er will seinen Lieblingen nicht weh tun«, sagte Wolzow. Dann schrie Kutschera beim Morgenappell: »Oberhelfer Wilde, vortreten! Die Kerle von Anton, diese Banditen, haben sich beschwert, Sie führen die Ausgangslisten falsch. Hab das geprüft. Die Beschwerden stimmen!« Und zu Gottesknecht: »Wilde vierzehn Tage Ausgangssperre!« Er brüllte den verdatterten

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