Abenteuer im Ferienlager
Mensch vor dem Röhreneingang abgeladen hatte. Dort staute sich der Bach zum See. Der hatte die Höhe der Fahrbahn erreicht und plätscherte munter hinüber.
Der Oma müssen wir helfen, dachte Tarzan. Sie will keine nassen Füße haben.
Auf das Auto, das sich hinter ihnen näherte, achtete er nicht.
Es war ein dicker Brummer, mit einem Mann hinterm Lenkrad. Langsam überholte er die vier Freunde. Mit derselben Gemächlichkeit fuhr er auf die alte Frau zu.
Sie stand noch am Fahrbahnrand. Jetzt drehte sie sich um, und in derselben Sekunde benahm sich der Fahrer, als sei er vom wilden Affen gebissen.
Der Motor heulte auf. Der Wagen schoss vorwärts. Erschreckt trat die Frau zurück.
Gewiss – weder so noch so hätte der Wagen sie erfasst. Aber es genügte, dass er mit hoher Geschwindigkeit durch das Wasser preschte.
Hoch spritzte es auf. Ein sprühender Wasserschleier hing in der Luft – und traf die alte Frau.
Tarzan hörte ihren erschreckten Ruf. Unbeirrt jagte der Wagen weiter. Tarzan traute kaum seinen Augen. Noch die letzten Meter – dann hielt er, sprang vom Rad und sah die Frau aus der Nähe.
Ihr heller Staubmantel war durchnässt, als hätte sie vor der Mündung einer aufgedrehten Feuerwehrspritze gestanden. Sogar aus ihrem weißen Haar, über dem sie ein Kopftuch trug, tropfte schmutziges Wasser. Mit runzliger Hand wischte sie sich übers Gesicht.
»Ich hab’s gesehen«, sagte Tarzan aufgeregt, »so ein rücksichtsloser Kerl! Findet der das komisch? Ich glaube, es war Absicht.«
»Klar war das Absicht«, sagte Gaby, die neben ihm hielt. »Es gab ja gar keinen Grund, plötzlich so zu rasen. Noch dazu hier.«
Die Frau nickte. Sie war alt, hoch in den Siebzigern. Aber in dem faltigen Gesicht leuchteten die hellen Augen wie bei einemTeenager. Sie sah nett aus – und gütig. Nichts in ihrer Miene deutete an, dass sie wütend oder verärgert war. Im Gegenteil: Ängstlich blickte sie dem Wagen nach, der jetzt hinter der Kurve verschwand.
Die Staubwolke über der Straße löste sich langsam auf. »Ja«, sagte sie. »Das hat er absichtlich gemacht.«
»Kennen Sie ihn?«, fragte Tarzan.
»Freilich. Von Will Thiessen werde ich schon lange schikaniert.«
»Das gib’s doch nicht!«, rief Gaby empört. »Ist dieser Thiessen übergeschnappt? Wie kann er so gemein sein!«
Die Oma lächelte traurig. »Ihr seid nette Kinder. Euch fiele so was nicht ein. Aber Thiessen ist anders. Der sähe es am liebsten, wenn ich schon unter der Erde wäre. Weil er mein Haus haben will. Er ist Bauunternehmer – der reichste Mann der Gegend. Dort hinten beim Wald, wo mein Haus steht, will er Apartmenthäuser für Feriengäste bauen. Das Gelände ringsum hat er schon aufgekauft. Nur ich bin noch im Weg. Deshalb bedrängt er mich, endlich zu verkaufen. Aber ich wohne dort seit über 50 Jahren und will auf meine alten Tage nicht mehr weg. So ist es zu der Feindschaft gekommen. Vielleicht«, sie seufzte, »muss ich eines Tages doch nachgeben. Ich bin allein. Kinder habe ich nicht. Mein Mann war Kapitän und ist auf See geblieben. Sein Schiff ging unter.«
Schweigen folgte ihren Worten.
Tarzan spürte, wie heißer Zorn in ihm hochstieg. Sein Gesicht verhärtete sich.
»Wo wohnt denn Herr Thiessen?«, fragte er. Und seine Stimme hatte diesen Klang, den seine Freunde genau kennen. Gaby sah ihn auch gleich von der Seite an – ein bisschen besorgt.
»Die große Villa links am Ortsanfang«, sagte die Oma. »Und wie ist Ihr werter Name?«
Sie hieß Martha Truels.
Tarzan ließ sich beschreiben, wo sie wohnte, dann wandte ersich an seine Freunde: »Ihr kümmert euch um Frau Truels, ja? Bringt Ihren Karren nach Hause. Ich komme gleich hin.«
Als er dann – vorsichtig – durch das Wasser fuhr, hörte er Frau Truels verwunderte Frage: »Was hat er denn vor?«
»Wie ich ihn kenne«, antwortete Gaby, »wird er diesem Herrn Thiessen was erzählen. Gemeines Benehmen und Ungerechtigkeit kann er nämlich auf den Tod nicht vertragen. Das bekam schon mancher zu spüren.«
Das Gewitter brach kurz darauf los. Blitze zuckten, Donner grollte und der Regen prasselte. Als Tarzan die Thiessen-Villa erreichte, war er bis auf die Haut durchnässt.
Das kühlte ab – aber nicht seinen Zorn.
Die Villa stand auf einem großen Grundstück, Thiessens Wagen vor der Garage. Hier war alles vom Besten. Sogar bei diesem Unwetter konnte man im Freien sitzen: rechts vom Haus, zum Garten, auf der überdachten Terrasse. Gartenmöbel standen dort. Ein
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