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Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
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als sie. Bereits in Roncesvalles ist mir die attraktive schwarzhaarige Frau in der dortigen Bar aufgefallen. Ich hätte sie jedoch nie für eine Pilgerin gehalten. Seitdem begegnet sie mir mit ihrem Begleiter beinahe täglich. Häufig gehen wir, bedingt durch unterschiedliche Pausengestaltung, mehrmals täglich aneinander vorbei. Mindestens 15 Mal, schätze ich, sind wir uns bestimmt schon über den Weg gelaufen. Wir grinsen inzwischen nur noch, wenn wir
    uns (mal wieder) treffen, so auch heute am Stadt rand von Burgos. Gut aufgewärmt nahm ich eine halbe Stunde später bei nachlassendem Regen die letzten 10 km bis
    Burgos-Zentrum unter die Füße. Es begann der Abschnitt des Cam ino, der als der unansehnlichste überhaupt beschrieben wird, durch riesige Industriegebiete und die graue Vorstadt mit heruntergekommenen Wohnsilos. Grund genug für viele Pilger, den Bus zu nehmen, um sich diese Tristesse zu ersparen. Daran verschwendete ich nicht mal einen Gedanken. Pilgern heißt für mich nicht, sich nur die Rosinen rauszupicken und den Rest wegzulassen. Entweder alles oder gar nichts! Das normale Leben ist ja auch nicht immer nur schön. Auch da kann ich nicht einfach ausblenden, was mir nicht gefällt. Warum hätte das hier anders sein sollen! Der Weg hat mir schon so viele Höhepunkte geschenkt und wird das sicher auch noch einige Male tun. So schlimm war es außerdem gar nicht. Gut, schön ist anders, aber immerhin ging ich auf einem breiten befestigten Bürgersteig. Natürlich bekomme ich jetzt keine Erleuchtung, weil ich den Weg gegangen bin und andere nicht, aber darum ging es mir gar nicht, ist einfach eine Einstellungssache. Die zu kritisieren, die den Bus nehmen, ist aber auch nicht meine Sache. Jeder soll es so machen, wie er es für richtig hält. Das ist völlig in Ordnung. Es wird keiner ein besserer oder schlechterer Mensch, weil er geht oder mit dem Bus fährt.
     
    Einen Vorteil hatte mein Fußmarsch sogar. In der Vorstadt konnte ich im Gedränge ganz viele Menschen, überwiegend Einheimische, näher betrachten, besonders an roten Ampeln. Für Sozialstudie reichte es zwar nicht, dafür war es zu flüchtig, trotzdem war es hochinteressant, in die Gesichter unterschiedlichster Menschen zu
    gucken. Was da für Geschichten hinter stecke n, das wäre sicher Stoff für so manches spannende Buch. Abgelenkt durch diese Beobachtungen stand ich um 11
    Uhr beinahe plötzlich vor einem Meisterwerk gotischer Baukunst, der Kathedrale von
    Burgos. Wie der Kölner Dom ist sie von außen ein durchgängiges Gesamtkunstwerk. Innen hat sie beinahe Museumscharakter, der optisch zwar beeindruckt, dem in meinen Augen aber jeder Zauber fehlt. Die langen Touristenschlangen verstärkten diesen Eindruck. Ich sah es mir an, dachte ‚toll’, ging wieder raus und gut war’s. Mehr nicht! Dafür sah ich Sonnenstrahlen, als ich wieder vor die Tür trat, das fand ich richtig gut! Wo die auf einmal herkamen, war mir zwar ein Rätsel, aber lamentieren wollte ich darüber nicht.
     
    Ganz spontan entschied ich, nicht in Burgos zu bleiben. Irgendwas fehlte mir (vielleicht nur wetterbedingt). Klar, auch Burgos bietet eine Vielzahl architektonischer Hingucker, eine nette Flusspromenade, einen großen wunderschönen Plaza Mayor mit den so typischen Arkaden, eine nette Altstadt und vieles mehr. Alles nicht übel, manches sogar herausragend. Aber Burgos hat nicht mein Herz berührt, die emotionale Komponente, die sagt, „Bleib!“, hat gefehlt. Also beschloss ich, es bei einer Stadtbesichtigung zu belassen und danach noch etwas weiterzugehen. Raus aus dem Rummel der Stadt, hinein ins „Abenteuer“ der Meseta, die bald hinter Burgos beginnen soll. Über Tage hinweg erwartet mich zermürbende Flachheit und Eintönigkeit, wie es im Reiseführer geschrieben steht. Ich bin jetzt wirklich gespannt, kann mir aber eigentlich gar nicht vorstellen, dass das so schlimm sein soll. Nun denn, in Kürze werde ich es wissen.
     
    Nach gut zwei Stunden hatte ich genug vom Sightseeing, mir reichte, was ich gesehen hatte. Das große Burgos wird für mich am Ende des Weges nicht mehr sein als eine ganz gewöhnliche Station. Nun ja, nicht ganz! Ich wollte gerade los, da hörte ich meinen Namen. Ich wurde gerufen! Ich sah nicht sofort, wer rief und war im nächsten Moment völlig baff. Ludger war es, der auf mich zukam und mich freudig begrüßte. Den hätte ich ja mal gar nicht hier erwartet. Wie war der nun so schnell hierhergekommen? Ich fragte ihn

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