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Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
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wirkte herrlich entspannend. Ein absoluter Top-Spot!
     
    Bis Negreira war es nur noch ein Katzensprung, um 17 Uhr waren wir dort. Was hatten wir getrödelt heute! Negreira war von vornherein die einzig in Frage kommende Station für die Nacht. Es gibt weit und breit keine Alternative. Der Weg nach Finisterre bietet nur eine dünne Infrastruktur im Vergleich zum Camino nach Santiago. Es war auch nicht viel los auf der Strecke, wir haben den ganzen Tag kaum einen Pilger gesehen. Hätten wir gewusst, wie abgrundtief hässlich die Stadt Negreira ist, wir wären mindestens noch 2 Stunden länger in unserer Pausenoase geblieben. Nun waren wir hier und mussten wohl oder übel bleiben. Wenigstens gibt es ein billiges Hotel mit anständigen Zimmern für Ela und mich.
     
    Auf der völlig unbegrünten Terrasse vor dem Hotel löschten wir zunächst unseren Durst mit einem kühlen Bier und „genossen“ den Ausblick – auf einen großen staubigen Parkplatz, eine olle Tankstelle und einen das Auge beleidigenden verkommenen Wohnblock. Diesen Platz kann man sich nicht einmal schön trinken. Das würde nur in totaler Besinnungslosigkeit enden. Nach dem zweiten Bier wurden David und Jos abgeholt. Gut eine Stunde später werden sie bereits im Meer geschwommen sein und sitzen nun wahrscheinlich immer noch hinter ihrem Haus, solange, bis die Sonne am Horizont verschwindet. Was für Gegensätze.
     
    Egal, zum Meckern besteht kein Anlass. Trotz Startschwierigkeiten ist es doch ein sehr ordentlicher Tag geworden. Und der Aufenthalt in Puente Maceira war eine Vorabentschädigung für Negreira. Den Abend brachten wir gut hinter uns, kauften ein paar Sachen für morgen ein und „erfreuten“ uns an den Gruselbauten der Stadt. Wir überlegten, wie lange es wohl dauern würde, bis man sich freiwillig vom Balkon des obersten Stockwerkes im Gebäude gegenüber stürzt, vorausgesetzt man würde darin wohnen. Huaaaa, das ist so unbeschreiblich und abgrundtief schäbig, dass einem glatt die Worte dafür fehlen. Aber - wir hatten zunehmend Spaß daran, uns über die visuellen Vergewaltigungen auszulassen. So schafften wir es, die Zeit bis zum Abendessen kurzweilig zu überbrücken.
     
    Das Essen nahmen wir im Hotelrestaurant zu uns. Schmeckte gar nicht so übel. Vom Ambiente passte sich die Räumlichkeit jedoch ganz dem Ort an. Na ja, Schönheit ist eben ein subjektives Empfinden. Hier wird sie offensichtlich anders definiert. Voll verschärft war der viel zu laute Fernseher, den wir zwar nicht sahen, dafür umso deutlicher hörten. Das war keine Berieselung, sondern bloße Gewalt! Kurz kamen wir mit 2 jungen Österreicherinnen aus Tirol ins Gespräch. Die haben die 800 km bis Santiago in 21 Tagen geschafft, fast 40 km täglich. Wahnsinn! Meistens sind sie bereits morgens im Stockdunkeln losgegangen. Einmal, an einem Wochenende um 4 Uhr, waren die privaten Partys von Léon noch nicht beendet, da brachen sie bereits zu ihrem Tagesmarsch auf. Sie sind beide starke Raucherinnen, hatten keine Kippen und waren gepeinigt vom Lungenschmacht. In ihrer „Not“ haben sie so lange zu den auf den Balkonen feiernden Leuten hinaufgerufen, bis ihnen endlich jemand Zigaretten zugeworfen hat. Das muss dann wohl echte Sucht sein! Ihre trotzdem so gute Kondition verdanken sie den Tiroler Bergen. Krasse, aber lustige Mädels!
     
    Ohne uns betrinken zu müssen, haben wir es geschafft, den Abend hinter uns zu bringen. Eine stolze Leistung! Jetzt gut schlafen, morgen dann ganz schnell raus aus Negreira und übermorgen wartet bereits das Meer auf uns. Es ist alles gut!
     
     
     
     
     
     
     
     

Tag 85, Negreira – Olveiroa 32 km
     
    David und Jos kamen um 8:30 Uhr zu uns ins Hotel. Nach einer gemeinsamen Tasse Kaffee gingen wir um 9 Uhr los und verließen durch einen Torbogen die Stadt, das optische Highlight am Morgen. Tja, wenn sonst nichts da ist, erfreut man sich an Kleinigkeiten. Ansonsten war es wieder mühsam, die Selbstverständlichkeit des Gehens war weg. Seit der Ankunft in Santiago ist dieser ausgeprägte innere Antrieb nicht mehr da. Ich bin sicher, wären jetzt noch 1.000 km bis Santiago zu gehen, alles ginge viel leichter. So muss es im Sport sein, wenn man ein großes Ziel erreicht hat und direkt danach zu einem unbedeutenden Wettkampf antritt. Es fehlt was, der imaginäre Schalter im Kopf lässt sich nicht mal eben wieder umdrehen. So war das Gehen nicht mehr diese Erfüllung, die es vor ein paar Tagen noch war. Zumindest war es auch keine

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