Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
Vom Netzwerk:
Wegbeschaffenheit so schlecht, dass ich höllisch aufpassen musste, nicht umzuknicken. Ich hatte das Gefühl, überhaupt nicht voranzukommen, so langsam war ich unterwegs. Am schönsten waren eindeutig die Pausen. Auf einer Parkbank bin ich sogar eine halbe Stunde eingeschlafen.
     
    Durch mein Trödeltempo war es schon nach 16 Uhr, ich hatte gerade einmal 18 km zurückgelegt. Ambonville hieß das kleine Örtchen, in dem ich mich befand. Ich merkte, viel weiter würde es heute nicht mehr gehen. Daher überlegte ich, wo ich meinen Schlafsack für die kommende Nacht am besten ausbreite könnte, fand aber so recht keine passende Stelle, weder vor noch hinter dem Ort. Ich stellte mich darauf ein, wohl oder übel noch ein paar Kilometer gehen zu müssen, um draußen in der Natur ein geeignetes Schlafgemach zu finden.
     
    Im Ort ging gerade eine junge Frau mit ihrem Kind spazieren. Ich stellte mich dumm und fragte sie mit meinen wenigen Brocken Französisch, ob es in Ambonville Gästezimmer gibt. Mir war sehr wohl bewusst, dass ich mit einer negativen Antwort zu rechnen hatte. Genau so war es. Ich erfuhr, dass es weder hier noch in der Umgebung irgendwelche Unterkünfte gibt, schon gar nicht auf meiner Wanderroute. Aber - ich hatte die richtige Person angesprochen! In gutem Englisch sagte mir die Dame, dass ihre Eltern ebenfalls im Ort wohnen und einen großen Bauernhof besitzen. Wenn ich wolle, würden sie mich sicher in ihrem ehemaligen Kinderzimmer schlafen lassen. Und ob ich das wollte!
     
    Freudig folgte ich der Dame, bis wir das Gehöft erreicht hatten, an dem ich vorher bereits vorbeigegangen war. Dort wurden wir von 4 älteren Frauen empfangen, die mich erst aufmerksam und neugierig musterten und anschließend freundlich begrüßten, als sie erfuhren, was für ein Zeitgenosse ich bin und mit welchem Anliegen ich unterwegs war. Eine der Frauen war die Mutter der jungen Dame. Sie signalisierte mir, dass ich willkommen sei und bat mich, ihr ins Haus zu folgen. Bin ich ein Glückskind oder ein Glückskind?
     
    Im Haus turnten ein paar Kinder rum, die natürlich den Fremden gleich unter die Lupe nahmen. Es war ganz offensichtlich groß gefeiert worden. Auf 2 langen Tischreihen waren noch alle Spuren eines opulenten Mahls zu erkennen. Nur ein paar Augenblicke später hatte ich einen Teller in der Hand mit Kuchen, süßem Brot und was sonst noch so übrig geblieben war. Pure Gastfreundschaft! Als das Bett bezogen war, brachte mich die Gastgeberin in „mein“ Zimmer. Bevor sie mich allein ließ, lud sie mich ein, am Abendessen der Familie teilzunehmen. Ich machte vor Freude ein paar wilde Ruderbewegungen mit den Armen und ließ mich breit grinsend auf einen Stuhl fallen. Hauptgewinn! Dass meine Füße immer noch schmerzen, juckte mich kaum.
     
    Frisch geduscht durfte ich den späten Nachmittag und frühen Abend das tun, wonach mein Körper heute am meisten verlangte - abhängen! Die dörfliche Idylle bot dafür den perfekten Rahmen. Um 20 Uhr zum Abendessen lernte ich den Herrn des Hauses kennen, der bis dahin im Stall zu tun hatte. Auch er schien mir freundlich gesonnen. Mit am Tisch saß außerdem Adeline, die ich zunächst für eine Tochter gehalten habe. Sie ist aber Praktikantin auf dem Hof und wohnt für diese Zeit ebenfalls hier. Madame Delaloy, die Dame des Hauses, hat mit mütterlichem Instinkt aufgepasst, dass ich genug esse, keine falsche Bescheidenheit an den Tag lege. Es gab Lachsröllchen in Frischkäse, Garnelen, viel leckeren Käse, Bohnen, Torte, Pudding und Brot. Dazu Champagner und Rotwein. Ich wurde so richtig verwöhnt! Nach dem Essen saßen wir noch über eine Stunde zusammen. Monsieur und Madame Delaloy sprechen zwar nur französisch, aber Adeline kann ein wenig Englisch und so gelang es uns unter Zuhilfenahme von Händen, Füßen und meinem kleinen Hexaglot-Übersetzer, eine lustige Unterhaltung hinzubekommen. Solche Abende machen Spaß und tun gut. Ganz nebenbei bewirken sie einen enormen Punktezuwachs auf meiner persönlichen Frankreich-Sympathie-Skala.
     
    Da der Tag auf dem Bauernhof für alle früh beginnt, haben wir die Runde kurz vor 22 Uhr beendet, um uns schlafen zu legen. Wahrscheinlich werde ich mein zufriedenes Lächeln die ganze Nacht über nicht ablegen. Der Weg hat mir heute genau das geschenkt, was ich mir heimlich gewünscht habe.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

Impressionen aus Frankreich…
     

     

    Tag 21, Ambonville – Clairvaux 32 km
     
    Nach dem

Weitere Kostenlose Bücher