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Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
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in Tonnerre. Soll kein Jammern sein, nur eine Beobachtung.
     
    Um was zu tun, begab ich mich am Nachmittag auf eigene Faust auf Erkundungstour. Immerhin war es etwas heller geworden und der Regen hatte aufgehört. Entgegen meiner Erwartungen gab es einiges zu sehen und die Zeit verging recht zügig. Tonnerre ist eine alte Stadt, das blieb mir nicht verborgen. An manchen Stellen fällt es sogar mir schwer, freundlich vom Charme des langsamen Verfalls zu sprechen, dafür sind einige Straßenzüge einfach zu heruntergekommen.
    Auch die Kirche ist an manchen Stellen baufällig, aber innen durchaus atmosphärisch. Seit ihrem Erstbau im 13. Jahrhundert blickt sie auf eine bewegte Geschichte zurück. Beeindruckt war ich vom 1293 erbauten Krankensaal, der heute noch weitgehend im Originalzustand erhalten ist. Äußerlich schon ein imposantes Bauwerk von fast 100 m Länge, ist es innen trotz seiner Schlichtheit von enormer Ausstrahlung. Als ich in dem fast „nackten“ Hauptgebäude stand, meinte ich, den Geist fühlen zu können, der diesem Gemäuer innewohnt. Tausende Pilger, kranke und gesunde, haben das Hospiz in früheren Zeiten als Unterkunft auf ihrer beschwerlichen Reise genutzt. In angebauten Räumen und Etagen zeugt ein Museum von der Vergangenheit. Viele gut erhaltene Skulpturen und Bildhauerarbeiten sind hier ausgestellt. Ich staune immer wieder, zu welch großartigen Leistungen Menschen schon vor vielen hundert Jahren fähig waren.
     
    Neben dem Hospiz ist auch der große Renaissancepalast sehr sehenswert. Auf beide Bauwerke schaue ich übrigens aus meinem Hotelzimmer. Was ganz Besonderes ist die Quelle der Dionne mitten in der Stadt. Seit sie im 18. Jahrhundert
    in ein Steinbecken gefasst und von einer Rotunde umbaut wurde, bietet sie mit ihrem
    smaragdgrün schimmernden Wasser einen wirklich einzigartigen Anblick.
     
    All diese Dinge machen Tonnerre zwar nicht zu einer schönen Stadt, aber sind für sich betrachtet schon sehr sehenswert. Mein Nachmittag war dadurch jedenfalls erstaunlich kurzweilig. Kam mir wie ein Tourist auf einem Kulturtrip vor, und das als Banause. Auxerre wird sich morgen bestimmt anbieten, mit diesem Programm fortzufahren. Warum nicht, ist ja im Alltag eher selten, dass ich mich mit derartigen Dingen befasse. Die Pilgerseele wird mich sicher spätestens im alten Wallfahrtsort Vezelay wieder einholen, da bin ich mir sicher!
     
    Einen besonderen Moment erlebte ich um Punkt 17 Uhr. Exakt um diese Zeit wurde ich nämlich an die Hochzeit von Jan und Clarissa erinnert. Laut hupend zog das Autokorso einer großen Hochzeitsgesellschaft vor meiner Nase her. Auch in Trier wird wahrscheinlich die Karawane gerade unterwegs gewesen sein, Beginn der kirchlichen Trauung war um 16 Uhr. Das dürfte zeitlich in etwa gepasst haben. Schon kurios, wie ich finde, als hätte man mir ein Zeichen geben wollen. Vergessen hätte ich es allerdings auch ohne nicht.
     
    Bevor ich wieder zu meinem Hotel zurückkehrte, war Einkaufen angesagt. Meine Vorräte bedurften einer dringenden Aufbesserung. Aldi bot mir hierfür vertraute Einkaufsatmosphäre!
     
    Wieder in meinem Zimmer wollte ich es mir gerade auf dem Bett ein wenig bequem machen, um etwas zu dösen, da röhrten vor dem Hotel ein paar Jugendliche mit ihren Mopeds herum. Im Leerlauf ließen sie ihre Gehhilfen laut aufheulen, immer und immer wieder, fanden gar kein Ende. Diese Vollidioten sind scheinbar überall auf der Welt zu Hause. In Frankreich, so scheint mir, sind besonders viele dieser Möchtegernmachos mit ihrem Metallschrott auf zwei Rädern unterwegs. Mein Vorschlag: Alle in die Müllpresse! Natürlich nur die Mofas!
     
    Zur Abwechslung habe ich mir heute mal wieder ein „Auswärtsessen“ gegönnt. Unweit vom Hotel gibt es eine günstige Pizzeria. Konnte schon heute Mittag beim Blick durchs Fenster sehen, dass die Teiglappen dort einen beachtlichen Durchmesser haben, obendrein aussahen, als seien sie schmackhaft belegt.
    So war‘s! Nachdem ich mich satt gegessen hatte, bi n ich im Stile eines 100-Meter- Sprinters zur nächsten Telefonzelle gehastet, wolkenbruchartiger Dauerregen prasselte inzwischen unaufhörlich hernieder. In Trier war die Hochzeitsfeier in vollem Gange, das war nicht zu überhören. Auch Wiebke habe ich kurz gesprochen, sie hörte sich nicht sonderlich glücklich an. Hoffe, es ist alles in Ordnung bei ihr. Vielleicht lag es ja an dem Umfeld, dass sie sich etwas komisch, beinahe fremd anhörte. Werde sie morgen aus Auxerre

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