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Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
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erfuhr, dass es dort immer noch nicht geregnet hat. Unglaublich, das sind jetzt schon fast 1 ½ Monate! Im Gite kam es wie es kommen musste, ich wurde noch an der Tür von der Inhaberin empfangen, die während meiner Abwesenheit nachgetankt haben muss. Ihr inzwischen schwer wankender Gang wurde nur von den Wänden ihres engen Wohnungsflures gestützt. Ich hatte es mir an der langen Tafel des Gemeinschaftsraums bequem gemacht. Mehr als eine halbe Stunde hatte ich sie an der Backe! Sie meinte es gut, brachte mir verschiedene Sachen zu Essen und versuchte sogar, mir Spiegeleier zu braten. Allerdings stieß sie damit heute an ihre Grenzen. Selbst das Eiweiß war noch ein durchsichtiger Glibber, als sie mir das Resultat ihrer Bemühungen auf einem Teller servierte. Um nicht ganz unhöflich zu sein, probierte ich all das, was ich zweifelsfrei als bekömmlich erachtete. Währenddessen starrte mich die trinkfreudige Lady fortwährend an, als wäre ich gerade vom Mars direkt in ihrem Haus gelandet. Ihr völlig unkontrolliertes Grinsen gab der Situation komödiantische Züge. Endgültig setzte sie dem Schwank die Krone auf, als sie mir tatsächlich eine weitere Rolle Klopapier mit aufs Zimmer gab. Wo war die versteckte Kamera?? Hilfe!!! Ich bin doch nicht nur zum Kacken hier!
     
    Nach einem Nickerchen checkte ich 2 Stunden später die Lage an der langen Tafel. Alles schien ruhig. Ich wagte es also, mein Abendessen auszubreiten, hatte inzwischen mächtig Kohldampf. Die paar Bissen vorher waren nichts weiter als ein Appetitanreger. Es dauerte nicht lange, bis die Dame wieder vorbei schaute. Sie musste auch gelegen haben, ihr Gesicht war voller Knitterfalten. Diesmal blieb mir ihre Gesellschaft allerdings erspart. Ich vermute, es war die Tochter, die inzwischen im Hause war und ihre Mutter sehr bestimmt vom Tisch wegzog. Als beide in ihrer Wohnung verschwunden waren, konnte ich noch hören, wie die Tochter in einem ziemlich lauten und maßregelnden Tonfall auf die Benebelte einredete. Ich durfte also mein Abendessen ganz ungestört einnehmen.
     
    Danach ließ ich den Abend auf der Empore im gemütlichen Sofa mit Blick auf das Kaminzimmer ausklingen. Draußen regnete es leicht vor sich hin, ich genoss ein Glas Wein - so darf ein Tag ausklingen! Jetzt, da Ruhe eingekehrt ist, freue ich mich richtig, dass ich hier gelandet bin. So etwas Abgefahrenes erlebt man schließlich nicht jeden Tag. Ich hoffe nur, ich komme mit 4 Rollen Klopapier über die Nacht… .
     
     

                 Hier lässt sich‘s gehen…
    Tag 23, Essoyes - Etourvy 40 km
     
    Die gute Nachricht vorweg: Der Gebrauch großer Mengen Klopapier in der Nacht blieb mir erspart. Dafür war ich um 2 Uhr so hellwach, dass es keinen Sinn machte, liegen zu bleiben. Glücklicherweise hatte ich deutsche Lektüre in meinem Zimmer, und zwar einen ausführlichen Kulturreiseführer über die Region, in der ich mich gerade befand, Aube de Champagne. Nach mehr als einer Stunde theoretischer Nachhilfe in Sachen Champagnerherstellung war ich wieder bettschwer und konnte weiterschlafen.
     
    Am Morgen wurde ich von einer nüchternen Gastgeberin mit einem äußerst opulenten Frühstück überrascht. Die Dame war nun gar nicht mehr penetrant sondern einfach nur freundlich und bemüht, mir Hilfestellung bei der Suche nach einer Unterkunft für die kommende Nacht zu geben. Ihre Empfehlungen waren mir jedoch allesamt zu teuer. Mit einiger Mühe konnte ich sie überzeugen, dass es kein Problem für mich ist, ohne vorgebuchtes Quartier weiterzuziehen. Konnte ja ohnehin noch nicht wissen, wohin es mich genau verschlagen würde.
     
    Energiegeladen kam ich sofort gut in die Puschen. Schon anhand der Wegbeschreibungen meines Reiseführers ahnte ich, dass heute viel Pfadfindergeist gefragt sein würde. Ich versuchte, die Himmelsrichtungen möglichst exakt zu bestimmen und mich anschließend an der Sonne zu orientieren. So hoffte ich, die vorgegebenen Stationen am Weg zu erreichen.
     
    Ich lag richtig mit meiner Vermutung. Der Reiseführer bot mir keine Hilfe. An Weggabelungen, davon gab es viele, war Intuition gefragt. 2 Mal entschied ich mich falsch, was ich aber jeweils früh an meinem eigenen Schattenwurf bemerkte, als der Weg seinen Verlauf änderte. In einem dichten Waldstück verlor ich zwar die Orientierung etwas, erlangte sie auch inmitten riesiger Weinfelder nicht vollkommen zurück, war mir jedoch trotzdem irgendwie total sicher, dass meine Richtung weiter

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