Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)
diese Typen waren so was von schön… . Na ja, soll mir egal sein, aber bestens unterhalten haben sie mich.
Bei meinem Weitermarsch war es inzwischen wolkenlos und herrlich klar. Vor mir tat sich eine sanft-wellige Landschaft auf, die nur aus Weinbergen zu bestehen schien. Da machte das Gehen doppelt Spaß. Irgendwann befand ich mich in einem schönen
Laubwald, ehe eine Art Heidelandschaft für visuelle Abwechslung sorgte. Beinahe stündlich änderte sich die Szenerie. Ich verlor jedes Zeitgefühl, wunderte mich nur, als ich erstmals Ausläufer der Stadt Auxerre in etwa 5 Kilometer Entfernung vor mir sah. So weit wähnte ich mich eigentlich noch gar nicht.
An der Stelle hörte die Markierung der Wege auf. Brauchte mich aber nicht wirklich interessieren, ich sah ja die Stadt, brauchte nur dem breiten Wirtschaftsweg folgen, der direkt in die Richtung führte – dachte ich! Verkehrt! Denn er führte mich nach ca. 2 Kilometern in eine mit dichtem Laubwald bewachsene Senke. In diesem Wald drehte ich mich scheinbar im Kreis, ich fand partout keinen Weg, der auf der anderen Seite hinausführte. Das konnte es doch gar nicht geben! So sehr ich auch suchte, ich fand nicht den kleinsten Pfad. Es war wie verhext. So groß sah das Wäldchen von oben gar nicht aus. Tja, da war ich mir wohl etwas zu sicher. Als ich die Faxen dicke hatte, nahm ich an einer Gabelung einen Trampelpfad, der zu einem Rapsfeld hinauf führte. An dessen Rand ging ich etwa 500 m entlang, bis ich Geräusche einer nicht weit entfernten Straße vernahm. Daran orientierte ich mich - und stand plötzlich am oberen Ende einer steil abfallenden, teils felsigen Böschung mit bestimmt 20 m Höhenunterschied. Am unteren Ende befand sich eine Aufbereitungsanlage für Bauschutt, mit schwerem Gerät und riesigen Gesteinshügeln. Da Sonntag ist, wurde nicht gearbeitet, das Gelände war menschenleer.
Was tun? Zurück und einen besseren Weg suchen? Nee, kein Thema! Auch wenn mir der Abstieg mit meinem Gepäck wegen des Gleichgewichts nicht ganz geheuer war, entschied ich mich für diese Variante. Knapp über dem Hosenboden rutschte ich die Böschung hinunter und war froh, als ich das untere Ende erreicht hatte. So ganz ohne war das nicht, lockeres Geröll, viele kleine Stolperfallen wie z. B. Wurzeln hätten schnell bewirken können, dass ich böse auf die Fresse fliege. Aber ist ja gut gegangen, nur meine Beine waren von vielen Disteln, Ästen und Brennnesseln äußerlich arg gezeichnet. Vorbei an Gesteinshalden und Zerkleinerungsmaschinen musste ich schließlich noch einen Bauzaun überwinden, bis ich endlich die Straße erreichte. Diese führte mich an weniger schönen Industrieanlagen und einem großen Truckerhof vorbei, ehe ich nach einer weiteren halben Stunde strammen Schrittes das Ufer der Yonne und damit auch fast den Stadtkern von Auxerre erreicht hatte. Ende gut, alles gut!
Wieder zu früh gefreut. Ich lief zwar direkt auf das IBIS-Hotel zu, welches in meinem Reiseführer mit Preisen ab 32,- € aufgeführt ist, aber ich machte sofort wieder kehrt, nachdem mich die Dame an der Rezeption mit den aktuellen Preisen konfrontierte. 64,- € für das billigste Zimmer, ohne Frühstück! Da würde es in einer Stadt wie Auxerre sicher was Günstigeres geben, so meine Überzeugung.
Mit der Suche nach einem einfachen Hotel startete ich in eine kleine Odyssee durch die halbe Stadt. Es war der Wahnsinn, wirklich jedes kleinere, billig erscheinende Hotel war verschlossen oder existierte gar nicht mehr. So genau war das nicht zu erkennen. Die einzigen geöffneten Hotels haben 3*-Standard und wuchern mit Preisen über 70,-€ für die Nacht.
1,5 Stunden rannte ich durch Auxerre, lief mindestens 12 Adressen an, wo es laut Plan Gästezimmer geben soll - und stand immer noch auf der Straße. Ich hatte nun gar keine Lust mehr, mich zu bewegen, lief nur noch mechanisch, immer weiter. Das Gefühl von Verzweiflung war mir heute trotzdem fremd. Im Gegenteil, ich war beinahe amüsiert. Das ist doch lächerlich, in einer Stadt wie Auxerre keine einfache Bleibe zu finden, konnte ich es nicht begreifen. Ein älterer Herr, ein Einheimischer, sah mir an, dass ich auf Quartiersuche war und bot mir seine Hilfe an. Auch er konnte nicht glauben, dass ich schon über 10 erfolglose Anläufe genommen hatte. Immerhin eine halbe Stunde begleitete er mich, bis er resignierend feststellte, dass es offenbar tatsächlich kein geöffnetes Low-Budget-Hotel gibt.
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