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Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meik Eichert
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total düster mit einem schmalen Oberlicht, durch das nur spärlich Tageslicht in den Raum gelangt. Mehrere Etagenbetten, Waschbecken, Spinde, ein kleiner Tisch sowie schlichte Metallstühle runden das „wohlige“ Ambiente ab. Obendrein ist’s eiskalt. Mich stört das nicht wirklich, denn ich bin im Trockenen. Die Verwalterin kam übrigens gerade rechtzeitig, bevor die Wolken ihre Schleusen öffneten. Nicht das erste Mal, dass das Timing genau stimmte. Als ich wieder allein war, habe ich mir ganz „festlich“ das Abendessen an meinem Zellentisch schmecken lassen. So oder ähnlich könnte es im Knast sein… .
     
    In Ermangelung an Alternativen gehe ich heute früh schlafen. Müde genug bin ich. Draußen ist es nach dem Regenschauer zu ungemütlich, um dort noch ein paar Schritte zu tun. Morgen werde ich nur bis Tonnerre gehen, das sind gerade einmal 19 km. Übermorgen erreiche ich dann hoffentlich Auxerre, wo ich mal wieder einen Ruhetag einlegen werde. Quartierprobleme wird es in beiden Städten wohl nicht geben.
     
    Für diese Nacht wünsche ich mir nur, keine längere Wachphase erdulden zu müssen. Hier gibt’s nämlich keine interessante Lektüre, mit der ich mir die Zeit vertreiben könnte.
     
    Positiver Aspekt am Rande: Endlich mal eine richtig billige Unterkunft!
     
     

    Essoyes – Kein Wunder, dass es Renoir hier gefallen hat
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

Tag 24, Etourvy - Tonnerre 19 km
     
    Heute heiraten Jan und Clarissa! Das waren so ziemlich meine ersten Gedanken nach dem Aufstehen. Würde heute gern mit ihnen in Trier feiern. Ist noch gar nicht so lange her, dass ich dort war, aber es kommt mir vor wie eine gefühlte Ewigkeit. Ich habe zum Glück prima geschlafen und musste mir keinen nächtlichen Zeitvertreib suchen. Ganz schnell war ich fertig mit dem Frühstück, habe mir eingeworfen, was ich mir gestern besorgt hatte, um anschließend zügig wegzukommen. Dieses Quartier war kein Ort zum Verweilen. Zum ersten Mal war es draußen richtig fies. Kalt, suppig, regnerisch, dazu wehte ein steifer Wind. Bei einer schöneren Unterkunft wäre es mir wahrscheinlich deutlich schwerer gefallen, loszumarschieren. Zuhause würde ich bei so einem Wetter gar nicht erst einen Fuß vor die Tür setzen, allerhöchstens, um den Müll rauszubringen. Hier und heute fiel es mir erstaunlich leicht!
     
    Nach über 3 Wochen Wandern feierte mein Regenponcho „endlich“ Premiere, hätte nie gedacht, dass er erst heute zum ersten Mal zum Einsatz kommen würde. Ich nehme es vorweg: Alles ist trocken geblieben, also Bewährungsprobe bestanden! Gut, extremer Starkregen war nicht dabei, trotzdem scheint das Material absolut wasserdicht zu sein. Ich bin wirklich froh, dass die Etappe recht kurz war, auf 40 km hätte ich heute keine Lust gehabt. Mein Marschtempo war hoch, zu sehen gab es so gut wie gar nichts. Die Landschaft hielt sich im einheitlichen Grau des Nebels versteckt. Trotzdem widerstand ich dem Angebot eines Autofahrers, der mich nach Tonnerre mitnehmen wollte. Die bequeme Hälfte in mir fragte mich zwar, ob ich sie noch alle an der Waffel habe, aber meine pflichtbewusste Seite war stärker. So benötigte ich statt 5 Minuten noch 2 Stunden, bis ich in der Stadt ankam. Trotzdem war ich schon um 13 Uhr da und steuerte, äußerlich triefend nass, das erste Hotel an, was mir in den Weg kam. Passte, war okay und obendrein erstaunlich günstig im Vergleich zu den Absteigen, die ich bisher kennen gelernt habe. Beim Einchecken wurde ich ein bisschen seltsam angegafft, was mich jedoch nicht wundert. Sah schon ziemlich sonderbar aus in meinem Regenoutfit.
     
    Viel Zeit hatte ich heute. Mein erster Eindruck von Tonnerre war wie das Wetter, ziemlich trübe. Ich hoffte, dass mir nicht langweilig würde, lang wie der Tag noch war. Eine neue Bekanntschaft wäre mal wieder nett, ging es mir durch den Kopf. Immer nur Leute um sich herum zu haben, die man nicht versteht, kann auf Dauer ganz schön nervig sein. Ich fürchte allerdings, vor Vezelay tut sich da nichts. Bin seit Tagen der einzige Pilger auf der Strecke und glaube nicht, dass ich vorher noch jemandem begegne. Gerade weil es oft unpersönlich wird, sobald die Orte einen Stadtcharakter bekommen, wäre ein Gesprächspartner schön. Es fällt mir auf, dass die Menschen in kleinen Dörfern fast ausnahmslos freundlich sind, während in Städten Unfreundlichkeit, Gleichgültigkeit und Ignoranz vorherrscht. So war es in Metz, in Joinville, und so ist es auch

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