Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika
war es nöthig, das zweite Richtscheit nach dem ersten, in einem kleinen Zwischenraum davon, auf das Holzstück zu legen.
Dies geschah wie beim ersten, nachdem man genau festgestellt hatte, ob die vier Eisenspitzen mit der Mitte des Zielpunktes genau in gleiche Linie fielen.
Es blieb nun nur noch übrig, den zwischen den beiden Richtscheiten gelassenen Zwischenraum auszumessen. Am äußersten Ende, und in dem von dem Kupfer-Richtscheit nicht bedeckten Theil des ersten, befand sich ein kleines Platinazüngelchen, welches sich leicht an zwei Seitenwänden rieb. Der Oberst Everest stieß dieses Züngelchen so weit vor, daß es das zweite Richtscheit berührte.
Da besagtes Zünglein in Zehntausendstel einer Toise getheilt war, und ein mit seinem Mikroskop versehener Nonius, der auf einer der Seitenwände angebracht worden, Hunderttausendstel angab, so konnte man mit mathematischer Gewißheit den absichtlich gelassenen Zwischenraum der beiden Richtscheite veranschlagen. Die Zahl wurde alsbald in das doppelte Register eingetragen und verglichen.
Auf den Rath Michael Zorn’s gebrauchte man noch eine Vorsicht, um eine noch strengere Abschätzung zu erhalten. Das Kupfer-Richtscheit bedeckte das Platina-Richtscheit. Es konnte doch vorkommen, daß das geschützte Platina sich langsamer unter den Sonnenstrahlen erwärmte, als das Kupfer. Um diesem Unterschied in der thermometrischen Veränderung vorzubeugen, bedeckte man die Richtscheite mit einem einige Zoll hohen, kleinen Dache derart, daß die verschiedenen Beobachtungen dadurch nicht gestört wurden. Nur wenn Morgens oder Abends die Sonnenstrahlen schräg unter das Dach bis auf die Richtscheite drangen, hing man an der Sonnenseite eine Leinwand vor, um die Strahlen abzuhalten.
Dies waren die Operationen, welche mit so viel Geduld und Pünktlichkeit während eines Monates ausgeführt wurden.
Als die vier Richtscheite der Reihe nach gelegt und vom vierfachen Standpunkt der Direction, Inclination, Dilatation und effectiven Länge für richtig erkannt worden, begann man die Arbeit auf’s Neue, indem man mit derselben Regelmäßigkeit die Sockel, die Gestelle und das erste Richtscheit an das vierte übertrug. Diese Manoeuvres erforderten viel Zeit, trotz der Geschicklichkeit der Operateure. Sie maßen nicht mehr als zweihundertzwanzig bis zweihundertdreißig Klafter täglich und manchmal, wenn das Wetter ungünstig oder der Wind zu heftig war und die Unbeweglichkeit der Apparate stören konnte, stellte man die Operation ein.
Jeden Tag, wann der Abend kam, ungefähr drei Viertel-Stunden, ehe der Mangel an Licht das Lesen des Nonius unmöglich machte, gaben die Gelehrten ihre Arbeit auf und gebrauchten folgende Vorsichtsmaßregeln, um sie am folgenden Morgen wieder zu beginnen. Das Richtscheit Numero 1 wurde auf provisorische Manier aufgestellt, und auf dem Erdboden der Endpunkt desselben markirt.
An diesem Punkt machte man ein Loch, in welches man einen Pfahl steckte, auf dem eine Bleiplatte befestigt war. Man brachte darauf das Richtscheit Numero 1 wieder in seine bestimmte Lage, nachdem man die Neigung, die thermometrische Veränderung und die Richtung beobachtet hatte; man notirte die vermessene Verlängerung durch das Richtscheit Numero 4; dann vermittelst einer bleiernen Tangente, die am äußersten Ende des Richtscheites Numero 1 befestigt war, machte man ein Zeichen auf der Platte am Pfahl. Auf diesem Punkt wurden zwei sich durchschneidende rechte Winkel, der eine auf den Seiten der Basis, der andere lothrecht, sorgfältig gezogen. Darauf, nachdem die Bleiplatte mit einem Holzdeckel zugedeckt worden, stopfte man das Loch wieder zu und grub den Pfahl bis zum nächsten Tage ein. Am folgenden Morgen wurde die Platte aufgedeckt, und das erste Richtscheit in dieselbe Lage gebracht wie am vorhergehenden Tage, vermittelst der Bleiwage, dessen Spitze genau auf den von den zwei Linien gezogenen Punkt treffen mußte.
Dies war die Reihenfolge der Operationen, welche während 38 Tagen auf dieser so günstig nivellirten Ebene ausgeführt wurden. Alle Zahlen wurden doppelt eingeschrieben, beglaubigt, verglichen und von allen Mitgliedern der Commission unterzeichnet.
Zwischen dem Oberst Everest und seinem russischen Collegen fanden wenig Discussionen statt. Einige im Nonius gelesene Ziffern, welche die Vierhunderttausendstel Toisen angaben, verursachten zuweilen einen Austausch herber Worte. Da jedoch die Majorität angerufen wurde, deren Meinung Gesetz war, mußten sie sich
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