Abenteurer meiner Traeume
Blumen in einem Einmachglas auf den Tisch gestellt. Blauweiß karierte Servietten umhüllten die Brötchen und lagen neben jedem Teller. Die Kaffeebecher bestanden aus dicker, cremeweißer Keramik, die die Wärme lange hielt. Die Teller waren aus dem gleichen Material, mit einer glänzenden Glasur. Das Besteck bestand aus einfachem Metall und hatte durch den täglichen Gebrauch seine Patina bekommen.
»Shannon, hast du keinen Hunger?« fragte Whip.
Sie erschrak und betrachtete ihren Teller. Er war leer, und Whip hielt ihr geduldig den Korb mit den Brötchen hin.
»Ich habe nur gerade versucht, mich daran zu erinnern, wann ich das letzte Mal ein Eßservice und Servietten gesehen habe«, sagte Shannon. »Es sieht alles so hübsch aus, daß ich gar nicht essen mag.«
»Iß trotzdem. Du bist zu dünn.«
»Seit du aufgetaucht bist, tue ich doch nichts als essen«, murmelte sie.
»Das ist auch besser so. Als ich dich zum erstenmal gesehen habe warst du dünner als eine Hündin mit zwölf Welpen an den Zitzen.«
»Woher wußtest du das denn?« fragte sie herausfordernd. »Ich trug eine Männerjacke und eine Hose!«
»Ich wußte es eben.«
Der hitzige Seitenblick, den er Shannon zuwarf, beendete das Gespräch, indem er ihr glatt den Atem verschlug. Das sil-berne Glitzern in seinem Blick machte ihr klar, daß sein Hunger auf sie keine Spur nachgelassen hatte.
Caleb bemühte sich, sein Lächeln zu verbergen. Whip hatte eindeutig ein ausgeprägtes männliches Interesse an Shannon. Es war auch offensichtlich, daß er mit dem jungen Mädchen, das vielleicht eine Witwe war, noch nicht geschlafen hatte. Sie gingen nicht so locker miteinander um, wie das Liebende taten.
Allerdings war die Spannung zwischen ihnen so intensiv, daß regelrecht Funken zu fliegen schienen, wenn Whip Shannon mit hungrigen Blicken betrachtete - oder Shannon Whip.
Caleb, der von Whip erfahren hatte, daß er Silent John für tot hielt, hoffte, daß es nicht diese Unsicherheit war, die die zwei von etwas abhielt, was sie offensichtlich beide wollten. So mancher war im Westen schon gestorben, ohne daß je jemand davon erfuhr - besonders Einzelgänger wie Silent John.
»Whip hat erzählt, daß Sie oberhalb von Echo Basin eine Hütte haben«, sagte Caleb.
»Ja, am Avalanche Creek«, erwiderte Shannon.
»Ich bin vor ein paar Jahren da mal durchgeritten«, sagte Caleb. »Schöne Gegend, wenn man sich an die Höhe gewöhnt hat.«
Shannon lächelte. »Ich erinnere mich daran, daß ich die ersten zwei Monate dort ständig außer Atem war.«
»Schwierig, dort irgendwas anzubauen«, sagte Caleb.
»Mehr als schwierig«, erwiderte sie. »Manchmal liegen nur sechs Wochen zwischen dem letzten Frost im Frühling und den ersten Herbstfrösten.«
»Es muß einsam für dich sein, als einzige Frau dort oben«, bemerkte Willow.
»Um einsam zu sein«, erklärte Shannon nach kurzem Zögern, »muß man jemanden vermissen. Ich habe niemanden zurückgelassen, der mir etwas bedeutete, als ich in den Westen kam.«
»Aber du bist doch so häufig allein«, sagte Willow.
»Ich habe Prettyface.«
»Das ist der größte, gemeinste, häßlichste Halbwolf, den ihr je gesehen habt«, erklärte Whip trocken. »Wir haben ihn bei dem Schamanen gelassen, weil er Verdauungsprobleme hatte.«
Caleb kicherte, weil Whip ihm von den Culpeppers erzählt hatte. »So nennt man das also?«, fragte er ruhig.
»Ja«, sagte Whip. »Der Culpepper, den er gebissen hat, hätte sogar einem Stinktier Übelkeit verursacht.«
»Also wirklich, Rafael«, sagte Willow. »Wie kannst du darüber Witze machen, wo dich die Kerle vor dem Visier hatten?«
Shannon gab einen seltsamen Laut von sich. »Ihr hättet sehen müssen, wie schnell Whip sich bewegt hat! Die lagen am Boden, bevor sie hätten blinzeln können.«
»Shannon kann auch ganz schön schnell sein«, meinte Whip dazu und erzählte von ihrem Erlebnis auf der Grizzly-Wiese, vor allem davon, wie Shannon ihr Gewehr bis direkt ins Fell des Grizzlys gehalten hatte, bevor sie schoß.
Caleb betrachtete Shannon mit einem ganz neuen Blick. »Dazu war eine Menge Mut nötig.«
»Mut?« Shannon lachte kurz. »Ich hatte unglaubliche Angst, aber weil ich so schlecht schießen kann, wußte ich, daß ich ganz nahe herankommen mußte, denn wenn ich ihn nur verwundet hätte, hätte er uns alle umgebracht.«
»Also sind Sie einfach hingelaufen und haben dem Grizzly den Garaus gemacht«, sagte Caleb und sah sie unverwandt an.
Shannon betrachtete Caleb
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