Abenteurer sucht Frau fürs Leben
bringen, wurde ihr bewusst, dass sie noch immer mit dem Stöckchen in der Hand dastand. Gespielt gelassen warf sie es in den Feuerkorb, bevor sie sich an Kyle wandte.
Er reichte ihr die Hand. Sie schlüpfte aus dem Handschuh und drückte seine langen kalten Finger nur ganz flüchtig. Doch er ließ sie nicht los, sondern schien den Kontakt so lange wie möglich ausdehnen zu wollen. Sie hatte nichts dagegen einzuwenden.
„Miss Hamilton. Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe.“ Seine Stimme klang leise und rau in dem stillen Garten. „Ich habe es an der Vordertür versucht, aber Ihr Einbruchmelder hat mich vorher erwischt.“ Er deutete mit dem Kopf zu Belle, die zu Füßen ihres Frauchens schnüffelte. „Ich entschuldige mich dafür, dass ich so spät komme. Ich bin nicht an den dichten Verkehr gewöhnt, aber es ist schön, endlich hier zu sein. Darf ich mich an Ihrem Feuer wärmen?“
Während er an den Feuerkorb trat und die Hände zu den Flammen ausstreckte, kam Lili der völlig unangemessene verrückte Gedanke, welche Wirkung diese Finger auf gewisse Teile ihres Körpers ausüben könnten. Sie brauchte die Nähe der wärmenden Flammen nicht länger. Sie holte tief Luft und fand endlich ihre Stimme. „Gern. Es ist wirklich recht kühl. Mike hat mich gewarnt, dass Ihr Timing flexibel ist, also ist es kein Problem. Und nennen Sie mich bitte Lili.“
Belle machte sich an Kyle heran und versuchte, die Schnauze in die Seitentasche seiner Hose zu stecken.
Lili lachte laut. „Sie müssen Belle entschuldigen. Sie ist total verwöhnt und hat herausgefunden, dass Hosentaschen dazu gemacht sind, Leckereien zu enthalten.“ Sie griff in ihre Jackentasche und holte einen Hundekuchen heraus, auf den sich Belle gierig stürzte. „Gehen wir schnell ins Haus, solange sie beschäftigt ist. Wie wäre es mit einem heißen Kaffee?“
„Das klingt verlockend. Ich muss nur schnell etwas aus dem Auto holen. Bin gleich wieder da.“
5. KAPITEL
Kyle folgte Lili durch eine dunkelgrüne Hintertür in die Küche, die eher wie eine kunterbunte Kunstgalerie aussah.
Die unerwartete Fülle an leuchtenden Farben war eine Reizüberflutung, was ihn im ersten Moment unwillkürlich abschreckte – der Kontrast zwischen dem Wintergrau des Gartens und dem exotischen Kolorit in der Küche wirkte wie ein Schock.
Verblüfft murmelte er: „So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen. Sind Sie die Künstlerin?“
Lili lächelte ihn an, während sie sich die Jacke auszog. „Nicht schuldig! Mein Vater hat sehr viel Zeit mit abstrakter Malerei verbracht. Er hat Farben geliebt und Veränderung gehasst.“ Sie wandte sich ab, füllte den Wasserkessel und hoffte, dass sich ihre angespannten Nerven in der vertrauten Umgebung ihrer Küche beruhigten. „Ich könnte alles übermalen, aber es ist so einzigartig.“
Langsam spazierte Kyle durch die Küche und musterte die Wandmalerei, bevor er ein lila Keramikschwein zur Hand nahm, das mit gelben und roten Tupfen gesprenkelt war.
Sie beobachtete, wie seine langen schmalen Chirurgenfinger sanft, ja geradezu zärtlich über das kleine Gebilde glitten, und schluckte ein Gefühl hinunter, das sie komischerweise an Eifersucht erinnerte. Als er sie anblickte, ließ sie beinahe die Tassen fallen, die sie gerade aus dem Schrank holte.
„Bitte übermalen Sie nichts. Die Farben der Küche erinnern mich an Nepal. Ich finde es brillant.“ Er lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. „Jetzt kann ich verstehen, wie Sie in die Welt der Kunst gekommen sind. Allerdings sehe ich keine Orchideen. Heben Sie die in einem besonderen Zimmer auf? Und wer fälscht die eigentlich? Sie selbst oder macht das jemand anderer für Sie?“
„Orchideen?“, fragte Lili verständnislos, aber auch erleichtert über den Themawechsel. „Ach, natürlich. Die Galerie! Ich gestehe, dass ich sie selbst fälsche. Es überrascht mich, dass Sie sich daran erinnern.“
„Gelbe Orchideen. Wie könnte ich die vergessen? Ach, bitte lassen Sie mich Ihnen damit helfen.“ Er nahm das Tablett, bevor sie protestieren konnte, und brachte es zu dem alten Pinientisch, der mit Familienfotos übersät war.
„Jetzt fällt mir erst auf, dass Sie gar keinen Gips mehr tragen. Wie geht es Ihrem Handgelenk?“
Als Antwort schüttelte er den Arm, den er in einer Schlinge trug. „Er braucht noch etwas Ruhe. Zum Glück hat Mike einen Automatikwagen, den ich mir für die Woche ausleihen kann. Also bin ich trotzdem mobil.“ Er
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