Abenteurer sucht Frau fürs Leben
verzog den Mund zu einem breiten umwerfenden Grinsen.
Wahrscheinlich hat er es jahrelang einstudiert, um jedes weibliche Wesen im Umkreis in Sekundenschnelle dahinschmelzen zu lassen, dachte Lili nüchtern. Dennoch war sie nicht gefeit dagegen.
Etwas Seltsames ging in ihrem Magen vor, und ihre Beine zitterten ein wenig. Sie hatte das Mittagessen ausfallen lassen. Das war sicherlich der Grund. Und die Hitze, die ihr ins Gesicht stieg, beruhte nur auf dem Überraschungsmoment. Sie versuchte, die Reaktion zu verbergen, indem sie die Familienfotos einsammelte.
„Da wir gerade von Mike reden“, fuhr Kyle fort, „ich komme mit Leckereien aus einer gewissen Konditorei, die Sie angeblich lieben.“
„Was für Leckereien denn?“, hakte sie nach und hoffte, dass sie nicht allzu gierig klang, obwohl ihr Magen heftig knurrte.
„Schokoladenkuchen.“ Er öffnete die Tüte, und ein köstlicher Duft wehte durch die Küche. „Zum Ausgleich für den chaotischen Zustand, in dem sich meine Unterlagen sicherlich befunden haben.“
Mit einer kleinen Verbeugung nahm Lili die Tüte entgegen. Hin und wieder war sie bereit, Bestechungsgeschenke anzunehmen. „Das ist sehr aufmerksam von Ihnen. Wollen Sie sich nicht setzen?“
„Danke, aber meine alten Knochen müssen nach der Fahrt gedehnt werden. Ich bin es nicht gewöhnt, lange still zu sitzen.“ Er deutete zu den Fotos auf dem Tisch. „Anscheinend habe ich Sie bei der Arbeit gestört. Tut mir leid.“
Sie warf ihm einen Blick unter halb gesenkten Augenlidern zu, während sie den dunklen Schokoladenkuchen auspackte. „Ich habe in den alten Familienfotos nach Aufnahmen gesucht, die Sie für das Buch verwenden könnten. Ich hatte immer vor, sie in Alben zu kleben, aber irgendwie bin ich nie dazu gekommen.“
„Tja, das kenne ich gut. Mein Dad hat kistenweise Krempel von mir in seinem Apartment gestapelt. Ich habe fast eine Stunde gebraucht, um das Zeug aus der Zeit in Uganda zu finden.“
„Möchten Sie ein Stück Kuchen zum Kaffee?“
„Danke, aber der ist für Sie. Ich bin nicht an so reichhaltige Speisen gewöhnt.“
Sie beobachtete, wie er sich auf die Tischkante hockte und die langen Beine in den modischen Jeans vor sich ausstreckte. Er sah ganz lässig und entspannt aus und war sich offensichtlich nicht bewusst, wie aufreizend seine kräftigen Beinmuskeln den Hosenstoff spannten.
Lili spürte, dass sie errötete, und wandte sich ab, um Kaffee einzuschenken. Es war an der Zeit, sich vom Anblick seines Körpers abzulenken. „Wie fühlen Sie sich wieder hier in Großbritannien? So weit weg von Nepal? Sie müssen sie sehr vermissen.“
Er drehte sich ihr halb zu. „ Wen ?“
„Ihre Patienten, meine ich“, murmelte sie und ärgerte sich, dass sie so wirr daherredete. Wie schaffte er das bloß? Normalerweise verstand sie es, sich klar und deutlich auszudrücken. Nie zuvor hatte sie sich so verklemmt und unsicher in Gegenwart eines Mannes gefühlt – und schon gar nicht auf heimischem Territorium in ihrer eigenen Küche! Wie sollte sie zwei volle Wochen mit Kyle Munroe unter einem Dach überleben?
Falls er ihre Verlegenheit spürte, so ließ er es sich nicht anmerken. Er griff nach seinem Kaffee und erwiderte: „Vor einigen Wochen musste ich mich durch Eis und Schnee zur Baumgrenze hinunterkämpfen, nachdem unser Einsatzwagen in einem Erdrutsch stecken geblieben war. Jetzt hab ich’s warm und gemütlich in dieser bezaubernden Küche. Ich betrachte es als großes Glück, hier zu sein. Meine Patienten sind in sehr guten Händen, aber ja – natürlich vermisse ich die Menschen dort, sehr sogar.“
Er beugte sich vor und nahm ein Foto vom Tisch. Ein hübscher schlanker blonder Mann in farbenfroher Kleidung stand im Mittelpunkt neben einem großen abstrakten Gemälde und hielt die Arme um die Schultern zweier ebenso junger Männer gelegt. Alle drei lachten mit bärtigen Gesichtern in die Kamera. „Ist das ein Verwandter von Ihnen? Er hat genau Ihre Haarfarbe.“
Lili nahm ihm das Bild aus der Hand und betrachtete es, als hätte sie es noch nie gesehen. „Das ist mein Vater. Tom Hamilton. Seine Werke wurden häufiger ausgestellt. Die Jungen bei ihm in der verrückten Hippieaufmachung sind Studienkollegen. Anscheinend war es eine wilde Zeit.“
„Mike hat mir erzählt, dass Ihr Vater gestorben ist. Das tut mir sehr leid. Es muss lustig gewesen sein, mit ihm zusammenzuleben. War er auch Fälscher?“
Sie suchte in seinem Gesicht nach Anzeichen von
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