Abenteurer sucht Frau fürs Leben
Sie mir eine einigermaßen ruhige Unterkunft empfehlen?“ Er tippte mit dem Stift auf den Notizblock und runzelte die Stirn. „Es wäre schön, wenn ich etwas Schlaf nachholen könnte, ohne mir Sorgen machen zu müssen, dass ich andere Leute mit meinem Husten aufwecke.“
Lili trat näher. „Husten? Ich dachte, Sie nehmen Antibiotika.“
Er seufzte. „Das schon, aber diese Infektion mag mich zu sehr. Die neue Medizin hilft, aber es wird noch eine Weile dauern. Genau genommen etwa zehn Tage. Ein seltsamer Zufall, oder?“, fragte er augenzwinkernd.
„Allerdings“, erwiderte sie und nickte verstehend. „Wer hat doch gleich gesagt, dass Ärzte die schlimmsten Patienten abgeben?“
Er schmunzelte.
„Wie auch immer. Ich dachte, Sie würden mit den Medienvertretern auf Lanston Manor absteigen.“ Sie reckte die Nase hoch in die Luft und wedelte mit den Fingern in Richtung Haustür. „Das liegt etwa zehn Meilen näher zu London und gilt als das hochherrschaftlichste Hotel im Umkreis. Das ist angemessen für prominente Autoren wie Sie.“
Er reagierte mit einem herzhaften Lachen, das durch den hohen Raum hallte und zugleich einen Anfall auslöste. Es war ein besorgniserregend trockener und rauer Husten, der Kyle zwang, sich nach vorn zu krümmen.
Erst nach geraumer Zeit erholte er sich wieder, richtete sich auf und rieb sich die Brust. Kopfschüttelnd blickte er Lili an. „Bitte keine Scherze mehr dieser Art! Ein hochherrschaftliches Haus? Lieber nicht. Die Stiftung kommt für meine Hotelrechnung auf, nicht das Medienunternehmen. Jeder Penny, den ich für feine Speisen und weiche Betten ausgebe, wird vom Budget für Nepal abgezwackt. Ein Zimmer über einer Dorfkneipe reicht mir völlig.“
„Wenn das so ist, müssen Sie am Ende dieser Straße nach rechts abbiegen. Dann kommen Sie zum Feathers . Das liegt am Ortsrand direkt am Fluss. Meine Patentante führt es. Die Mahlzeiten sind ausgezeichnet. Aber Ruhe? Am Wochenende? Das könnte ein Problem werden.“
„Ich bin durch meinen Beruf an späte Schlafenszeiten gewöhnt. Hauptsache, es kehrt irgendwann Stille ein. Außerdem ist es bequem zu Fuß zu erreichen. Das Feathers ist die richtige Unterkunft für mich.“
Er blickte ihr in die Augen und schenkte ihr jenes Lächeln, das ihr unter die Haut ging.
In diesem Moment rann ein kräftiger Strom des Verlangens durch ihren ganzen Körper. Angeregt durch die Nähe des Mannes, der dicht vor ihr stand, schlug ihr Herz verräterisch höher. In ihr erwachte ein heftiges Sehnen danach, dass er sie berührte und so lange wie möglich bei ihr blieb.
Die Empfindungen waren so süß und erschreckend, dass sie zu einer anderen Frau gehören mussten. Nicht zu ihr, nicht zu Lili Hamilton, dem schlichten Mädchen vom Lande.
Ebenso musste jemand anderer ihr die verblüffenden Worte einflüstern, die aus ihrem Mund kamen: „Es gibt noch eine Alternative. Möchten Sie hierbleiben? Ich habe genug Platz.“
6. KAPITEL
„Ihr Angebot ist sehr großzügig“, stellte Kyle mit einer Spur Ungläubigkeit in der Stimme fest, „aber ich kann es unmöglich annehmen. Was würde Ihr Freund dazu sagen? Und erst die Nachbarn! Kingsmede scheint ein sehr kleines Dorf zu sein. Vielen Dank, aber ich denke, dass ich Ihnen schon genug Probleme bereitet habe.“
Verwundert blickte Lili ihn an. Ihr Vorschlag war nicht so einfach von der Hand zu weisen. Das Haus war groß genug, damit sie einander nicht in die Quere kommen mussten, und unter einem Dach konnten sie effektiver arbeiten. Er war es doch, der das Buch so schnell wie möglich vollenden wollte, damit er sein normales Leben fortsetzen konnte. Ausgerechnet er sorgt sich um meinen Ruf?
„Da hat aber jemand eine sehr hohe Meinung von sich selbst! Machen Sie sich jetzt auf einen kleinen Dämpfer gefasst – Sie sind nicht so unwiderstehlich, wie Sie zu glauben scheinen.“
Er täuschte Entsetzen über diese Enthüllung vor und wich theatralisch zurück, als sie mit dem Zeigefinger auf ihn deutete.
„Ja, Sie meine ich“, erklärte sie nachdrücklich. „Ich habe momentan keinen Freund, aber dafür einen völlig eigenständigen Wohnbereich hier im Erdgeschoss. Mein Vater hat ein extra Badezimmer einbauen lassen, als er krank wurde, und ich arbeite sowieso meistens hier unten.“
Lili deutete zur Decke hinauf. „Sie hätten den ganzen ersten Stock mit dem großen Badezimmer für sich allein. Und was die Nachbarn angeht, die sind einiges gewöhnt. Vor einigen Jahren pflegten
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