Abenteurer sucht Frau fürs Leben
seinen Platz einnehmen konnte. Und was bedeutete das für Lili?
Was hatte er ihr schon zu bieten? Eine vorübergehende Affäre wäre wundervoll und unvergesslich, aber was dann? Ein tränenreicher Abschied an irgendeinem Flughafen und sechs elende Monate, in denen er Tag für Tag bis zur Erschöpfung arbeitete, um den Trennungsschmerz zu vergessen? Und währenddessen führte Lili ihr Leben in Kingsmede fort – erneut allein gelassen von jemandem in humanitärer Mission!?
Zum einen hatte er Sehnsucht nach ihrer Nähe, und zum anderen wollte er das stete brennende Verlangen nach ihr bezwingen.
Emma Carmichael wusste, wovon sie sprach – er musste eine Entscheidung treffen. Entweder ich bleibe Single und kehre an meine Arbeit zurück, in die ich mich seit zehn Jahren flüchte. Oder aber ich kremple mein Leben komplett um und schlage eine ganz neue Richtung ein!?
Denn eines war klar: Er hatte sich in Lili verliebt und konnte nichts dagegen unternehmen.
Lili schluckte hastig die Tränen hinunter, als sie die Augen aufschlug und Kyle erblickte.
Er lehnte am Türrahmen und füllte die Öffnung mit seiner eindrucksvollen Gestalt aus. Er sah so gut aus, dass er zu einer anderen Frau, in ein anderes Land und ein ganz anderes Leben gehören musste. Er konnte unmöglich mit ihr zusammen sein wollen. Mit ihrer albernen Schwärmerei machte sie sich bloß etwas vor.
Er rückte zu ihr, setzte sich neben sie und legte ihr einen Arm um die Schultern. Dann streckte er die langen Beine aus und schlug die Knöchel übereinander.
Sie konnte nicht anders, als sich an ihn zu kuscheln und es einfach zu genießen, sein stoppeliges Kinn an der Wange zu spüren und seinen einzigartigen Duft einzuatmen.
Dann hob er sich die Aktenmappe auf den Schoß, die er aus dem Esszimmer mitgebracht hatte. Es war ein Sammelbehälter mit Unterlagen ihrer Mutter aus jenem Koffer, der aus dem Schrank im Atelier stammte.
Die Atmosphäre zwischen ihnen schien zu gefrieren.
Kyle verstärkte den Griff um ihre Schultern und presste die Lippen auf ihr Haar. „Ich möchte dir dafür danken, dass du mir Ruths private Aufzeichnungen gezeigt hast. Du hattest recht. Sie enthalten wirklich überwiegend technische Details über die Mission. Allerdings habe ich auch gefunden, wonach ich gesucht habe. Anscheinend war sie der Ansicht, dass ich gute Arbeit leiste. Das bedeutet mir sehr viel!“
„Ich freue mich für dich“, brachte sie mühsam hervor.
„Jetzt bist du an der Reihe, dir Fotos anzusehen und ein paar für das Buch auszusuchen.“
Lili schluckte schwer und rührte sich nicht.
„Ich bin bei dir. Wir können sie gemeinsam durchgehen. Okay? Los geht’s!“ Ohne ein weiteres Wort öffnete er die Mappe und drehte sie um, sodass der gesamte Inhalt in ihren Schoß fiel.
Stumm beobachtete sie, wie er in dem Wirrwarr an Umschlägen, losen Blättern und Bildern stöberte.
Ihre Mutter hatte Unmengen von Fotos gemacht. Nicht nur von der wunderschönen afrikanischen Landschaft und den Tieren, sondern auch vom Lazarett und den Patienten, die sie behandelt hatte. Oftmals stand der Name der abgebildeten Person auf der Fotorückseite. Einige der Männer, Frauen und Kinder waren sichtlich krank oder verwundet.
Und natürlich hatte Ruth ihre Mitarbeiter fotografiert – Pfleger, Rettungssanitäter, Krankenschwestern. Auf einem Foto war Kyle in jüngeren Jahren in einem weißen Kittel zu sehen.
Lili musterte das Bild einen Moment. Dann reichte sie es ihm. „Dies hier wäre perfekt.“
Er nickte. „Ja, ein gutes Titelbild.“ Dann wählte er eine andere Aufnahme aus. „Wie wäre es damit für die Widmungsseite?“
Sie nahm den leicht zerknitterten Abzug und betrachtete ihn eingehend. Den Mittelpunkt bildete Ruth Taylor Hamilton. Unter klarem blauem Himmel ging sie in einer Schar fröhlicher Kinder über einen staubigen Feldweg. Lachend breitete sie die Arme aus, um eines der Kinder hochzuheben, und dabei sah sie unglaublich glücklich aus. Tränen stiegen Lili in die Augen. Mit einem Handrücken wischte sie die Tränen fort.
Sanft berührte Kyle sie am Arm. „Tut mir leid, dass es so schmerzhaft für dich ist. Wirklich.“
Sie schüttelte den Kopf und strich mit den Fingerspitzen über das Bild. „Du verstehst das nicht richtig. Ich weine nicht um meine Mutter . Ich weine, weil ich mich so lächerlich verhalte – ich bin nämlich richtig eifersüchtig . Ich denke, dass ich auf dem Foto zu sehen sein sollte. Ich hätte das kleine Mädchen bei ihr
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