Aber bitte mit Sake
der Blätter und zeigt, wie das Falten funktioniert. Ich blicke mich um; überall auf dem Platz haben sich kleine Grüppchen gebildet, es wird fleißig gebastelt und gefaltet. Die Kinderhände sind geschickter als meine, und schnell stehen kleine Kunstwerke auf dem Boden. Ich streichle dem kleinen Mädchen über den Kopf, das sich neben mich gesetzt hat. Es ist höchstens drei Jahre alt. Schüchtern blickt es mich mit großen Augen an. Ich schenke ihr meinen eher stümperhaft gefalteten Schwan. Es strahlt.
Eigentlich ist es geplant, in dem Slum zu übernachten, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie es ist, unter einfachen Umständen zu leben. Doch Yuuku und ich entscheiden uns dagegen, weil wir am nächsten Tag noch die Hauptstadt Lima ansehen möchten. Wir verabschieden uns von den anderen und laufen Richtung Straße, wo immer noch der Reisebus steht, mit dem wir in den Slum gefahren sind.
»Muss der nicht auch wieder in die Stadt? Vielleicht kann er uns mitnehmen.« Ich wende mich an unsere Reiseleiterin. »Entschuldige, sag mal, wäre es möglich, dass wir mit dem Bus zurück nach Lima fahren?«
»Tut mir leid, das geht nicht.«
»Oh, schade. Fährt der Bus nicht nach Lima zurück?«
»Doch, aber es ist nicht vertraglich vereinbart, dass er Passagiere außer der Reihe mit zurück nimmt.«
»Aber er hat uns doch den ganzen Tag gefahren.« Irritiert blicke ich mein Gegenüber an.
»Ja, aber der Fahrer hat jetzt Feierabend und bringt den Bus nur zurück in den Bahnhof.«
»Aber er fährt doch sowieso nach Lima?«
»Dana …« Yuuku mischt sich in das Gespräch ein.
»Wie sollen wir denn dann hier wegkommen?« Ratlos blicke ich die Reiseleiterin an. Auf der Straße fährt hupend ein altes Taxi vorbei, das nicht gerade vertrauenerweckend aussieht. Die Reiseleiterin zeigt auf den Wagen.
»Mit einem Taxi? Ihr setzt uns hier lieber in ein Slumtaxi, von dem ihr nicht wisst, ob wir jemals auch nur irgendwo lebend ankommen, anstatt euch einmal über die Regeln im Vertrag hinwegzusetzen und uns mit dem Bus fahren zu lassen? Der wohlgemerkt sowieso in die Stadt fährt?«
Yuuku zieht mich zur Seite. »Nun reg dich doch nicht auf.« Beruhigend legt er seine Hand auf meinen Arm.
»Was ist das denn für eine Logik?«
»Wir kommen schon heil nach Hause!« Yuuku tritt an die Straße und winkt einem der klapprigen Taxis zu. Mit Händen und Füßen erklärt er ihm, wo wir hinmüssen. Als wir in das Taxi steigen, kommt die Reiseleiterin auf uns zu.
»Könnt ihr noch zwei der anderen Teilnehmer mitnehmen? Die beiden wollen auch lieber zurück aufs Schiff.«
»Ich weiß nicht, ob das nicht gegen die Regeln verstößt«, entgegne ich ironisch. Yuuku kneift mir in den Arm.
»Au!«
»Nun hör doch mal auf! Na klar nehmen wir die beiden mit.« Skeptisch steige ich vorne ins Taxi ein, Yuuku nimmt mit den beiden Mädchen auf dem Rücksitz Platz. Der Taxifahrer gibt ruckartig Gas, dann durchqueren wir in rasantem Tempo das Slumgebiet. Nach ein paar Minuten Fahrt reißt der Fahrer das Steuer herum und macht einen U-Turn, um schnell wieder in die entgegengesetzte Richtung zu fahren. Ängstlich halte ich mich am Türgriff fest und starre geradeaus, um mir nicht anmerken zu lassen, wie mir gerade das Herz in die Hose rutscht. Ich bin mir sicher, dass der Fahrer gleich in einer dunklen Ecke anhalten und uns überfallen wird. Mein Herz klopft laut in meiner Brust. Worauf habe ich mich hier nur eingelassen? Doch ein paar Straßen weiter biegen wir nach rechts ab und befinden uns wieder auf der Hauptstraße, die aus dem Slum herausführt. Scheinbar war die Strecke nur eine Abkürzung. Vorsichtig drehe ich mich zu Yuuku um, der mich anlächelt. Alles okay formt er lautlos mit seinen Lippen, aber auch er sieht so aus, als wäre er zwischendurch etwas beunruhigt gewesen. Zehn Minuten später haben wir die Hafenstraße von Lima erreicht, als der Fahrer in einer dunklen Gegend plötzlich mit einer Vollbremsung am Straßenrand anhält und aus dem Wagen springt. Ich verfalle erneut in eine Art Schockstarre. In der Dunkelheit kann ich ein paar alte Baracken erkennen. Hat er sich hier mit seinen Kumpels verabredet, um uns den Garaus zu machen?
»Wieso halten wir hier?«, zische ich Richtung Rückbank.
»Ich hab keine Ahnung.« Yuuku wirft einen ratlosen Blick aus dem Fenster. Der Taxifahrer läuft ein paar Mal hektisch auf und ab. Dann reißt er die Fahrertür wieder auf, zieht an einem Hebel im Fußraum und öffnet die Motorhaube. Nach
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