Aber bitte mit Sake
zumindest im Hafengebiet. Yuuku und ich treffen uns um acht am Ausgang des Schiffes. Wir haben uns für eine der geführten Peaceboat -Touren angemeldet, um das Land zu erkunden. Unsere Tour führt uns nach Villa El Salvador, einen Slum der peruanischen Hauptstadt Lima mit rund 350 000 Einwohnern.
»Guten Morgen, schöne Deutsche!«, begrüßt mich Yuuku, der bereits ungeduldig vor dem Schiff auf und ab geht.
»Hey«, antworte ich etwas verlegen. Doch bevor ich über einen coolen Spruch nachdenken kann, werden wir schon generalstabsmäßig in den Bus verfrachtet. Natürlich nicht, ohne dass vorher unser Tourticket mehrfach kontrolliert und unser Name auf der Liste sorgfältig abgehakt wurde. Nachdem alle Passagiere ihre Plätze eingenommen haben, fahren wir an der Küstenstraße von Lima entlang, die von großen, grün bewachsenen Felsen gesäumt ist. Dahinter zeichnet sich die Großstadt ab. Das Meer zu meiner Rechten ist türkis, die Wellen brechen sich am Ufer, der romantisch anmutende Strand einerseits und die Hochhäuser andererseits bilden einen merkwürdigen Kontrast. Lima wirkt modern und gleichzeitig irgendwie anders als die Städte, die ich bislang gesehen habe. Eine der Übersetzerinnen beginnt auf Japanisch, etwas zu erklären.
»Sie erzählt gerade etwas über Villa El Salvador. Ursprünglich war das eine Barackenstadt, also ein Slum. Die Leute haben sich dort mitten in der Wüste einfach ohne Genehmigung niedergelassen, in selbst gebauten Hütten. Mittlerweile ist der Stadtteil aber offiziell anerkannt«, versorgt Yuuku mich mit den nötigen Informationen.
»Warst du schon mal in einem Slum?«
»Ich? Nein! Ich habe außerhalb von Asien kaum etwas gesehen, und wir sind ja ständig auf Tour mit der Band. Außer Hotels oder Konzerthallen lernt man da nicht viel kennen. Da ist für so etwas keine Zeit.«
»Hm«, murmele ich nachdenklich und blicke aus dem Fenster. Wir haben den Stadtkern von Lima schon eine Weile verlassen, und man merkt, dass die Gegend ärmlicher wird. Am Straßenrand entdecke ich zahlreiche kaputte Häuser, das Umland wird karger, die Luft staubiger, je mehr wir Richtung Wüste fahren. Als wir Villa El Salvador erreichen, bin ich überrascht, wie »normal« die Stadt aussieht. Eigentlich merke ich auf den ersten Blick kaum einen Unterschied zur Innenstadt von Lima. Die Straßen sind breit und gepflastert, es herrscht reger Verkehr. Auffällig sind die sogenannten Trimovils, auch Mototaxis genannt, dreirädrige Miniautos in bunten Farben, die überall über die Kreuzungen brettern.
»Das ist schon beeindruckend. Die haben sich hier einfach selbst organisiert. Ganz lange gab es hier nicht mal Straßen, kein Wasser und keinen Strom. Aber die Menschen haben so erfolgreich zusammengearbeitet, dass sie alles, was sie brauchten, irgendwie zusammenbekommen haben«, übersetzt mir Yuuku. Je länger wir durch die Stadt fahren, desto ärmlicher wird die Gegend. Hier kann man den ursprünglichen Zustand der Stadt noch erahnen. Wir passieren Hütten, deren Dächer nur aus Wellblech bestehen. Die bunten T-Shirts, die auf Wäscheleinen hängen, die sich von einem Haus zum nächsten spannen, flattern im Wind. Unter einem kaputten Vordach haben sich ein paar Leute zusammengefunden, um Müll zu verbrennen. Eine Viertelstunde später verlassen wir die Wohngegend und fahren Richtung Hochland, um einen Friedhof am Stadtrand zu besuchen. Von hier oben hat man einen hervorragenden Blick auf die Stadt.
Schau mal!« Yuuku zeigt auf einen Betonblock. »Sind das Gräber?«
»Ich glaube schon.« Wir laufen einen staubigen Weg entlang, bis wir an einer Gemeinschaftsgrabanlage ankommen, in der sich in mehreren Reihen übereinander etliche Grabkammern befinden. Die Vorstellung, dass hier Mensch an Mensch so eng eingezwängt in einem Totenquartier nebeneinander liegt, finde ich irgendwie befremdlich. An den Gräbern stehen die Namen der Toten, hier und da sind sie mit einem vergilbten Foto geschmückt. Ich fühle mich ein wenig wie ein Eindringling, ein Voyeur, wie ich hier mitten zwischen den Gräbern fremder Menschen stehe. Ich blicke mich um. Der Rest meiner Reisegruppe ist auseinandergestoben und läuft kreuz und quer über den Friedhof. Hier und da werden ein paar Fotos geschossen. Yuuku und ich schlendern über das Gelände, vorbei an ein paar Einzelgräbern. Nach einer Weile finden wir uns am monumentalsten Grab des Friedhofs ein, vor dem sich bereits unsere Reiseführerin platziert hat.
»Das hier
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