Aber bitte mit Sake
damit die Besucher erkennen können, wie es hier früher ausgesehen hat«, erklärt uns der Führer, der uns auf unserem Rundgang begleitet. »Dieser Komplex wurde irgendwann zwischen 700 und 200 vor Christi gebaut, es ist eines der wichtigsten alten Monumente in Lima.« Wir spazieren über das Gelände. Yuuku legt mir seinen Arm um die Schultern, während der Führer mit seinen Erklärungen fortfährt. Am Ende des Rundgangs erreichen wir ein kleines Gehege, in dem sich ein paar Lamas befinden. »Lamas waren für die Inkas sehr wichtig. Sie lieferten Fleisch, Wolle, Knochen für Werkzeuge. Außerdem waren sie gute Lasttiere. Die Legende besagt, das Lama sei den Menschen von Mutter Erde geschenkt worden, um ihnen zu helfen, in diesem Land zu überleben.«
Ich betrachte die Tiere hinter dem Zaun. Seelenruhig kauen sie ihr Heu, ohne uns eines Blickes zu würdigen.
»Die Inkas haben die Lamas verehrt«, fährt der Führer fort.
»Spucken die nicht?«, fragt Yuuku, während er sich durch seine dunklen Haare streicht.
»Nein, Lamas spucken sich nur gegenseitig an. Menschen werden von ihnen in der Regel nicht ins Visier genommen. Manchmal steht man allerdings versehentlich in der Schusslinie.« Der Führer grinst uns an und geht weiter. Wir bleiben noch einen Moment stehen. Ein braunes Lama stupst mit seiner Schnauze den Kopf eines weißen Artgenossen an. Ihre Schnauzen berühren sich, als wollten sie sich küssen, die beiden geben ein ganz zauberhaftest Bild ab.
»Guck mal, die knutschen!«, sage ich verzückt.
»Das würde ich dich jetzt auch gerne …« Yuuku blickt mich an. Doch als er sich mir entgegenbeugt, ertönt der Ruf des Fremdenführers. »Kommen Sie?« Erschrocken weiche ich zurück. Der Moment ist so schnell vorbei, wie er gekommen ist. Wir beenden unseren Rundgang und schlendern noch durch das Viertel, ehe wir in einem Restaurant einkehren, das ganz in der Nähe liegt. Ich studiere die Karte, froh nach so viel japanischem Essen etwas anderes probieren zu können.
»Das Essen sieht köstlich aus. Nehmen wir Ceviche ? Das ist landestypisch«, fragt mich Yuuku.
»Was ist das?«
»Roher Fisch mit Zitrone, roten Zwiebeln und Paprikagemüse.«
»Schon wieder Fisch? Davon könnt Ihr Japaner wohl nicht genug kriegen, oder?«
»Jetzt hör doch mal auf, dich immer über uns lustig zu machen.« Yuuku rollt mit den Augen. »Vertrau mir einfach. Ceviche ist köstlich.«
»Okay, aber ich möchte noch ein Sandwich. Ich brauche einfach Kohlenhydrate. Und der Toast hier mit Avocado, Tomate und Ei sieht einfach zu gut aus. Und guck mal, dieser Turm aus Kartoffeln und Avocado!« Ich bestelle beides und als die Kellnerin das Essen bringt, leuchten meine Augen.
»Du hattest recht, die Ceviche ist köstlich.« Ich grinse Yuuku an.
»Sag ich doch.«
»Ja, ja.« Lachend nehme ich einen Schluck von dem Fruchtsaft, den ich zum Essen bestellt habe. Auch er schmeckt sehr gut, ein wenig wie ein Milchshake. Die exotische Kakteenfrucht, aus der er gewonnen wurde, heißt Tuna und hat nicht nur den gleichen Namen wie Thunfisch, sondern auch die gleiche dunkelrote Farbe.
Die peruanische Küche ist einfach, aber absolut überzeugend.
Nachdem wir alles bis auf den letzten Krümel aufgegessen haben, blickt Yuuku mich lange an. Dann beugt er sich zu mir herüber und küsst mich auf den Mund. Ich schließe die Augen, doch kaum haben sich unsere Lippen berührt, werden wir schon wieder unterbrochen. Die Kellnerin tritt an unseren Tisch und räuspert sich. »Ihre Rechnung«, sagt sie und reicht Yuuku einen Zettel.
»Oh, wir zahlen getrennt bitte«, entgegnet er abwehrend. Verwundert blicke ich ihn an. Das bin ich von den Italienern aber nicht gewöhnt.
»Alles in Ordnung?«, fragt er mich, sich offenbar keiner Schuld bewusst. Ich denke kurz an Raffaele, der, obwohl er wenig verdient, mich nie bezahlen lässt, und nicke.
»Ja, ja. Alles gut.« Dann zücke ich mein Portemonnaie, um ein paar Scheine hervorzuholen, während Yuuku hektisch aufspringt.
»Meine Tasche!«, ruft er laut und geht auf die Knie, um unter dem Tisch zu suchen. »Meine Tasche ist weg!«
»Was? Wo hattest du sie denn zuletzt?«, frage ich aufgeregt.
Jetzt wird auch die Kellnerin aufmerksam. »Was ist los?«
»Meine Tasche ist verschwunden. Sie hing doch hier über dem Stuhl«. Yuuku läuft aufgescheucht um den Tisch, doch die Tasche ist nirgendwo zu sehen.
»Sie haben sie über den Stuhl gehängt?«, fragt die Kellnerin kopfschüttelnd. »Das dürfen Sie
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