Aber bitte mit Sake
hier in Lima nicht machen, das ist wie eine Einladung zum Diebstahl.«
»Oh nein!«, werfe ich ein. »Hattest du viel Geld dabei?«
»Nein, nur ein bisschen Bargeld. Aber mein Telefon war in der Tasche. Und mein Reisepass.« Fassungslos blickt Yuuku sich um. »Ich kann nicht glauben, dass mir das passiert.« Seufzend lässt er sich auf den Stuhl fallen.
Ich nehme seine Hand und blicke ihn an. »Das kriegen wir schon wieder hin.« Ich bezahle die gesamte Rechnung, ohne noch einen Gedanken daran zu verschwenden, dass ich mich gerade noch über Yuukus Knauserigkeit geärgert habe, dann beeilen wir uns, um noch rechtzeitig am Schiff anzukommen. Uns bleiben nur noch anderthalb Stunden, bis es in Richtung Panama ablegt. Als wir die Gangway erreichen, bittet uns eines der Crew-Mitglieder um unsere Pässe. Ich händige ihr meinen aus, während Yuuku erklärt, was passiert ist.
»Dann dürfen Sie nicht wieder an Bord«, erklärt uns die Dame in Uniform.
»Wie bitte?«
»Wir dürfen niemanden ohne Pass außer Landes bringen. Tut mir leid.«
»Aber was soll ich denn jetzt machen?« Verzweifelt blickt Yuuku die Stewardess an.
»Sie brauchen einen neuen Pass. Sie müssen zur Polizei und zur japanischen Botschaft. Dann können Sie eventuell nach Panama fliegen und dort wieder an Bord gehen.«
»O Gott, o Gott!« Yuuku rauft sich die Haare. Dann verschwindet er im Schiffsinneren, um ein paar Sachen aus seiner Kabine zu besorgen. Bepackt mit einem Rucksack kehrt er eine Viertelstunde später wieder zurück. Er muss tatsächlich das Schiff verlassen.
»Ich kann nicht glauben, dass das gerade passiert.« Traurig blicke ich ihn an. Er nimmt mich einmal kurz in den Arm und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
»Ich muss mir jetzt einen Pass besorgen.« Nervös und gedanklich abwesend lässt er mich stehen. Ich winke ihm hinterher, obwohl er sich nicht noch einmal nach mir umdreht.
»Können Sie mir sagen, warum wir die Reisepässe mit an Land nehmen sollten? Wir haben sie doch überhaupt nicht gebraucht«, beschwere ich mich an der Rezeption.
»Tut mir leid«, antwortet die Dame hinter dem Tresen freundlich. »Aber das ist Vorschrift.«
»Vorschrift«, schnaube ich. »Das ist doch Unfug. Wenn Sie nicht um fünf Uhr morgens halbstündlich dazu aufgerufen hätten, den Reisepass einzupacken, hätten wir ihn überhaupt nicht mitgenommen. Und dann müsste Yuuku jetzt nicht in Peru bleiben.« Ich bin wütend und beschließe, in den nächsten Tagen ein Self-Planned-Event anzubieten: Let’s break the rules!
Lost in Translation, oder: Warum die Japaner so harmoniebedürftig sind
Eine Kolumne von Dana Phillips
Liebe Komplizinnen! Harmonie ist in Japan ein hohes Gut. Schon im Jahr 604 predigte Kronprinz Shotoku, man solle sie wertschätzen und Konflikten aus dem Weg gehen. Seitdem – so hat man den Eindruck – scheinen diese Worte sich in eine japanische Lebensphilosophie verwandelt zu haben. Diese geht so weit, dass man den Japanern nachsagt, sie könnten eine Frage nie klar mit Nein beantworten, würden das Gegenteil von dem sagen, was sie denken, jegliche Debatte ablehnen, alle Entscheidungen an ihre Vorgesetzten abgeben und seien immer bemüht, nicht aufzufallen.
Natürlich muss man bedenken, dass Japan sehr dicht besiedelt ist und eine gewisse Harmonie vonnöten ist, wenn man Mord und Totschlag auf so engem Raum vermeiden will. Das erklärt, warum Japaner dazu neigen, ihre wahren Gefühle und Meinungen für sich zu behalten. Das erklärt auch, weshalb sich die Japaner so oft Vorgesetzten unterwerfen, denn Rebellen gelten als nicht tragbar, zerstören sie doch die Harmonie – zudem will es sich niemand mit seinem Vorgesetzten verscherzen.
Verstehen lässt sich die völlige Zurücknahme der eigenen Interessen trotzdem nicht immer. Und anstrengend ist sie noch dazu. So kann es einem also passieren, dass der Japaner einen lieber in die falsche Richtung schickt, als zuzugeben, dass er den Weg nicht weiß. Politisch bedeutet diese Angepasstheit auch, dass sich niemand wirklich traut, seine Meinung zu sagen oder sich gegen Entscheidungen der Politik aufzubegehren. Immerhin, nach der Katastrophe von Fukushima ändert sich das ein wenig. Tausende Japaner demonstrieren sogar in den Straßen von Tokio gegen Atomkraft, wobei das natürlich letztendlich doch wieder ihrer Mentalität entspricht, denn demonstrieren kann man wenigstens in der Gruppe.
Sayonara! Ihre Dana
15
Gericht: Schokolade
Japaner des Tages: Riku
Place to be:
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