Aber bitte mit Sake
Am Gabentisch
Erkenntnis: Ein Geschenk kommt selten allein
L angsam fährt das Peaceboat die südamerikanische Küste entlang Richtung Panama. Rechts von uns, schemenhaft am Horizont, liegt die kolumbianische Küste. Ab und an kreuzt ein kleineres Schiff oder ein Fischerboot unseren Weg.
Missmutig starre ich aus meinem Bullauge auf die spiegelglatte See. Da Yuukus Telefon in der geklauten Tasche war, habe ich natürlich nichts von ihm gehört. Und alles nur, weil die Japaner sich an ihren Regeln festklammern wie Efeu an einer Steinwand. Zugegeben, Yuuku ist natürlich selbst dafür verantwortlich, wenn ihm die Tasche gestohlen wird, aber trotzdem: Wenn die Peaceboat -Crew nicht permanent darauf bestanden hätte, dass alle ihre Reisepässe mitnehmen – die wir wohlgemerkt nirgendwo gebraucht haben –, wäre Yuuku jetzt noch mit mir an Bord und ich könnte die letzten Tage, bevor er in Jamaika das Schiff ohnehin verlässt, mit ihm verbringen. So weiß ich weder, wie es ihm in Peru ergeht, noch ob er in der Lage ist, in so kurzer Zeit einen neuen Pass zu bekommen, um an der nächsten Station unserer Reise – in Christobal – wieder an Bord zu gehen. Sollte mein Flirt mit ihm schon zu Ende sein, bevor er überhaupt richtig begonnen hat? Ich verlasse unsere Kabine als Letzte, Kyoko und Gaki sind schon längst beim Frühstück. Obwohl ich Kyoko auf unsere angespannte Situation angesprochen habe und sie mir, ganz japanisch, versichert hat, dass alles in Ordnung ist, habe ich den Eindruck, dass sie mir aus dem Weg geht. Daher mache ich mich allein auf den Weg zum Frühstück. Während ich über den Gang laufe, fällt mir auf, dass an den Türen der Kabine kleine Geschenke hängen. Habe ich etwas verpasst? Um meine schlechte Laune zu vertreiben, nehme ich mir gleich drei Spiegeleier und eine doppelte Portion Algensalat. Frustessen! Als ich mit meinem vollen Tablett auf dem Pooldeck auftauche, sehe ich Riku mit einem seiner Kumpels an einem Tisch sitzen.
»Dana!« Er winkt zu mir herüber.
»Hey, ihr beiden«, sage ich und bin gleich viel besser gelaunt.
Riku wirft einen Blick auf mein Tablett. »Da hat aber jemand Hunger!« Er grinst mich an. »Ich bleibe lieber bei grünem Tee. Ich hatte heute schon zu viel Chokoreto , Schokolade.«
»Zum Frühstück?«
»Na ja, wenn die Schoki vor der Tür hängt, kann man doch nicht widerstehen. Wem hast du denn dein Herz geschenkt?«
»Mein Herz?« Ich fühle mich etwas ertappt. Hat er Yuuku und mich beobachtet? »Wieso?«
»Dana, jetzt sag nicht, du hast nicht mitbekommen, dass heute Valentinstag ist!«
»Valentinstag?«
»14. Februar. Das kennt ihr ja wohl auch, oder?«
»Ach deshalb die kleinen Geschenke an den Kabinentüren. Und ich hab nichts bekommen, von niemandem.«
»Du bist ja auch eine Frau!«
Ich kann Riku nicht ganz folgen. »Ja, eben. Sollte ich da nicht mit Rosen überschüttet werden?«
Jetzt ist es Riku, der mich irritiert anschaut. »Aber doch nicht am Valentinstag.«
»Wann denn sonst?«
»Also, ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor«, mischt sich Rikus Kollege ein. »Ich bin übrigens Kasuki, ich glaube, wir haben uns noch gar nicht vorgestellt.« Er deutet eine Verbeugung an, ohne sich von seinem Stuhl zu erheben. »Ich weiß ja nicht, wie das bei euch ist, aber in Japan beschenken die Frauen die Männer am Valentinstag.«
»Wirklich?« Ich blicke ihn entgeistert an. »Wer hat sich das denn ausgedacht? Das ist ja seltsam.«
»Finde ich nicht«, mischt sich Riku wieder ein. »Auch wenn ich jetzt ein Geschenk von Akiko bekommen habe und sie nun auch beschenken muss.«
»Von deiner alten Tanzpartnerin?«
»Ja, genau. Das bedeutet, ich stehe jetzt in ihrer Schuld.«
»Wieso? Du musst ihr doch nichts schenken, dachte ich.«
»Doch, nur nicht heute. In Japan beschenken am Valentinstag die Frauen die Männer mit Schokolade. Aber nicht nur die Schokolade ist wichtig, sondern auch die Verpackung. Daran kannst du erkennen, wie sehr die Person dich mag. Je aufwendiger und teurer die Verpackung, desto wichtiger bist du.«
»Und die Farbe sagt auch etwas aus«, mischt sich Kasuki ein. »Je kräftiger der Rosafarbton ist, desto verliebter ist die Frau.«
»Also, deine Verpackung ist ziemlich rosa, tiefrosa-rot würde ich mal sagen«, entgegne ich und zeige grinsend auf die Schokolade, die vor Rikus Teller liegt. »Die wirst du nicht mehr los.«
Kasuki fängt ebenfalls an zu lachen. »Ja – und das Problem an dem ganzen
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