Aber bitte mit Sake
die Durchfahrt durch den Panamakanal gefreut. Überleg dir doch mal! Wir durchqueren gerade einen ganzen Kontinent! Ein richtiges Abenteuer!«
Er schaut mich verständnislos an. »Ich hatte für diese Fahrt bereits genug Aufregung. Und wieso ist Panama mehr Abenteuer als Peru?« Kurz unternehme ich den Versuch, ihm zu erklären, welchen Eindruck das Kinderbuch Oh, wie schön ist Panama bei mir hinterlassen hat, dass es genau wie bei dem Rest meiner Landsleute schon im zarten Kindesalter den Wunsch geweckt hat, hierher zu reisen. Aber ich merke schnell, dass es keinen Sinn hat. Janoschs Geschichte mag zwar Teil unserer urdeutschen Sandkastenidentität sein, seine Bedeutung jemandem zu erklären, der aus einem anderen kulturellen Kontext kommt, ist zwecklos. Ich sehe mich um und entdecke einige Meter von mir entfernt den klugen Herrn Murakami, der bestimmt das gestrige Seminar über den Bau des Panamakanals besucht hat.
»Wusstet ihr, dass der Kanal 82 Kilometer lang ist? Ungefähr 14 000 Schiffe durchfahren ihn jährlich!«, erklärt er uns. Yuuku übersetzt für mich ins Englische. »Und die meisten von ihnen passen exakt durch den Kanal, schaut mal.« Er beugt sich über die Reling. »Zwischen dem Peaceboat und dem Ufer sind nur noch knapp 60 Zentimeter Platz. Die Durchfahrt von der Pazifik- auf die Karibikseite dauert bis zu fünfzehn Stunden, und wenn eine Fahrspur wegen Bauarbeiten gesperrt ist, müssen die Schiffe manchmal tagelang warten. Die Autoridad del Canal de Panamá versteigert daher jeden Tag eine Passage für ziemlich viel Geld an Schiffe, deren Mannschaft unter Zeitdruck steht.« Stolz über sein neuerworbenes Wissen strahlt er uns an. Yuuku blickt auf seine Uhr.
»Ich habe jetzt einen Termin auf der Brücke! Das hätte ich fast vergessen. Magst du nicht mitkommen?« Ich nicke, noch ehe er den Satz zu Ende gesprochen hat. Einen Besuch beim Kapitän habe ich mir schon gewünscht, seit ich an Bord gekommen bin. Eigentlich hatte Henry mir versprochen, ein gutes Wort an oberster Stelle für mich einzulegen, aber dann haben wir nicht mehr daran gedacht. Froh, doch noch eine Möglichkeit zu haben, hinter die Kulissen zu blicken, folge ich Yuuku über das Deck und unter einer Absperrung hindurch hinauf zum Allerheiligsten.
»Eigentlich darf heute niemand den Kapitän besuchen«, erklärt er mir. »Die Durchfahrt durch den Kanal ist ein kompliziertes Manöver, aber weil ich in Jamaika bereits von Bord gehe, hat er eine Ausnahme gemacht.« Yuuku schlüpft aus seinen Schuhen und öffnet vorsichtig die Tür.
»Yuuku, der Kapitän ist Grieche. Ich glaube kaum, dass wir die Schuhe ausziehen müssen«, lache ich. Er guckt verwirrt. »Ganz recht«, dröhnt aus dem Schiffsinneren eine tiefe Stimme. »Willkommen auf der Brücke!« Unser Kapitän kommt auf uns zu, eine Hand ausgestreckt, die ich ergreife, während Yuuku sie ignoriert und eine Verbeugung macht. Dann folgen wir ihm, während er uns die größtenteils aus den Sechzigern stammenden Geräte und Instrumente erklärt.
»Falls ihr euch fragt, weshalb ich gerade Zeit für euch habe …«, sagt er nach einer Weile und zeigt auf einen dunkelhaarigen Mann, der ebenfalls die weiße Uniform trägt. »Während der Durchfahrt durch den Panamakanal kommt ein zweiter Kapitän aus der Region an Bord, der mit den Gewässern vertraut ist. Das ist zwar generell auch in Häfen so üblich, dort behalte ich aber das Kommando über mein Schiff. Der Panamakanal ist der einzige Ort auf der Welt, an dem ich mein Recht am letzten Wort abgebe.« Er lacht und setzt mir seine Kapitänsmütze auf. »Möchten Sie einmal das Kommando übernehmen?« Yuuku betrachtet mich kritisch. »Etwas groß, aber sonst nicht schlecht.« Dann wendet er sich dem Kapitän zu. »Was für ein Aufwand! Eine Durchfahrt durch den Panamakanal muss teuer sein, nicht nur wegen des Lotsen, der an Bord kommt!« Fasziniert betrachtet er das alte Schiffsrad aus den sechziger Jahren.
»Ja, das ist es. Eine Durchfahrt kostet ca. 150 000 Euro. Aber was wäre die Alternative? Südamerika zu umrunden würde viel zu lange dauern.« Er legt eine Hand auf das Schiffsrad. »Dieses gute Stück ist übrigens nicht mehr in Betrieb. Ansonsten funktionieren die Geräte aber noch einwandfrei. Auf dem Radar dort vorne kann ich zum Beispiel alle Schiffe sehen, die sich nähern, auch Wale und Delfine. Ihr könnt es euch ruhig ansehen.« Neugierig macht Yuuku ein paar Schritte Richtung Fensterfront.
»Sehen Sie dort auch,
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