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ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition)

ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition)

Titel: ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Storck
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Sprache, in der es Fläschle, Weckle (Brötchen), Häusle oder Sößle heißt, und ruhe mich gut aus für die nächste Etappe. Sie wird mich an mein Ziel führen – an den Bodensee.

Kapitel 12
    Der Rhein wird vom Bodensee geschluckt
    Als ich mich an diesem Donnerstagmorgen auf mein Hercules-Rad schwinge, weiß ich, dass ich abends mein Ziel erreichen werde – Fischbach am Bodensee, wo mich schon Verwandte einer Freundin erwarten. Wenige Kilometer hinter Hohentengen überquere ich die Grenze in die Schweiz, der Rheinradweg ist hier perfekt ausgeschildert. Es geht vorbei an sattgrünen Wiesen und Sonnenblumenfeldern. Auf der Strecke wird für „Schlafen im Kräutergarten“ geworben und der Verleih von Kamelen angeboten – als sei dies das Selbstverständlichste der Welt. Auch wegen dieser skurrilen Begebenheiten bin ich froh, dass ich mich für die Route über Günzgen, Wasterkingen, Hüntwangen und Will entschieden habe. Sie führt zwar einige Kilometer vom Rhein entfernt durch die Schweiz, mir bleiben aber heftige Steigungen erspart, mit der die Rheinroute aufwartet. Kurz hinter Rafz befinde ich mich wieder auf deutschem Gebiet, die Landesübergänge sind hier und auf den nächsten Kilometern fließend. Auch in dieser Gegend entscheide ich mich für die steigungsfreie Strecke.
    Und dann naht bei Neuhausen/Schaffhausen in der Schweiz der 150 Meter breite Rheinfall. Schon von weitem ist das Donnern und Grollen zu hören, mit dem sich die Wassermassen in rund 23 Meter Tiefe stürzen. Wenn man vor dem größten Wasserfall Europas steht, kommt man sich winzig und unbedeutend vor. Je nachdem wie viel Wasser der Rhein führt, stürzen hier etwa 100 bis 1.200 Kubikmeter pro Sekunde über die Felsen. Im Durchschnitt sind es 700 Kubikmeter, also 700.000 Liter – so viel wie 5.600 Menschen an einem Tag beziehungsweise ein Mensch in gut 15 Jahren verbraucht. Stundenlang könnte ich dieses gigantische, aufschäumende Naturschauspiel beobachten, doch mein Ziel zieht mich magisch an. Schnell noch ein Foto von mir und dem Rheinfall im Hintergrund, für das ich einem Paar aus Japan lächelnd meine Kamera in die Hand drücke, und weg bin ich.
    Hinter Schaffhausen führt der Weg direkt am Rhein entlang. Ich erreiche Büsingen, ein deutsches Dorf, das jedoch vollständig von Schweizer Hoheitsgebiet umschlossen ist und deshalb zum schweizerischen Zollgebiet gehört. Die Gemeinde hat zwei Postleitzahlen und zwei Vorwahlen. „Diese Besonderheit hat ihren Ursprung im Jahr 1770, als Österreich seine landgräflichen Rechte über die Nachbardörfer an Zürich verkaufte und Büsingen zurückbehielt“, klärt das bikeline -Radroutenbuch auf. Später kam Büsingen erst zu Württemberg und dann zum Großherzogtum Baden.
    Der nächste Höhepunkt auf dieser Etappe lässt nicht lange auf sich warten. Ich verliebe mich sofort in die Stadt Stein am Rhein. Die akribisch restaurierten, mit Fresken und Sprüchen geschmückten Fachwerkhäuser scheinen mit ihren steilen Giebeln in den Himmel zu wachsen. Da stehen Sätze wie dieser auf der Fassade: „Trinkt o Augen, was die Wimper hält, von dem goldnen Überfluss der Welt.“ In den Gassen der im Mittelalter entstandenen Stadt steht die Zeit still, ich würde mich nicht wundern, kämen jetzt Feen und Edelmänner um die Ecke, um mir eine gute Weiterfahrt zu wünschen. Wieder so ein Platz auf der Welt, den ich nochmals bereisen möchte. In Stein überquere ich den Fluss über eine Brücke, das Wasser ist schon blau-grün-türkis, der Rhein wird allmählich vom Bodensee geschluckt. Wobei dieses Bild eigentlich nicht korrekt ist. Ich bin entgegen der Fließrichtung geradelt, tatsächlich lässt der Bodensee den Rhein aus sich rausfließen. Der Radweg führt an der Bundesstraße 13 am Untersee entlang, über Eschenz, Mammern, Steckborn und Ermatingen. Durch die Mitte des Sees führt die deutsch-schweizerische Grenze. Meine Beine wirbeln in Richtung Konstanz. Das Gefühl, das mich trägt, werde ich nie vergessen: eine Mischung aus Stolz, es (fast) geschafft zu haben, und purem Glück.
    Angekommen in Konstanz, mache ich Pause in einem Straßencafé. Die Eindrücke sollen erst mal sacken. Dann muss ich noch ein Stück zur Fähre radeln. An einer steil abfallenden Stelle, die ein Betonpfosten noch zusätzlich verengt, verliere ich das Gleichgewicht und kippe wie in Zeitlupe mit dem Rad um. Zum Glück ist nichts passiert. Zwei weitere Stürze – auf dem Weg nach Lindau lande ich nach einer zu scharf

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