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ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition)

ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition)

Titel: ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Storck
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Verpflegung von den Betzolds, einem weichen Bett und einem ausliegenden Reisebericht einer Besucherin, die im Sommer 2006 mit ihrem Bruder und dessen Freund den gesamten Bodensee-Königssee-Radweg abfuhr. Respekt! Aber ich werde nie verstehen, wie man sich die insgesamt rund 430 Kilometer freiwillig antun kann. Jedenfalls gibt die junge Dame wertvolle Tipps über bevorstehende Steigungen, ein fehlendes Hinweisschild an einer Gabelung – nicht das einzige Hinweisschild-Manko auf der Strecke – und gute Gasthöfe. Ich mache mir Notizen, was sich auszahlen wird.
    Am nächsten Morgen genieße ich, ausgeruht und nicht mehr so wehleidig, das Frühstück. Ich unterhalte mich mit Marion Prestel, auf deren Wunsch ich mich im Gästebuch verewige, wir schießen noch Erinnerungsfotos, auch mit Elmars Mutter Elisabeth, und um 9.30 Uhr nehme ich die nächste Etappe in Angriff. Und die beginnt in Richtung Stiefenhofen gleich mit gnadenlosen 16 Prozent Steigung. Auch die Regenpause ist nur von kurzer Dauer, es schüttet von Stunde zu Stunde mehr. Die Strecke ist sparsam ausgeschildert, ohne Erklärungen von Einheimischen hätte ich mich beispielsweise in Immenstadt verfahren. Hier mache ich am Busbahnhof Pause, es regnet Blasen.
    Die schöne Landschaft versinkt im Regen. Ich kann nicht mal über so lustige Werbebotschaften am Wegesrand lachen wie diese: „Heute Gästeschießen in Kranzegg“. Ich habe später keinen Blick für den Alpsee und keinen für den Rottachstausee. Ich schiebe und fluche und heule und friere. Ein Stück des Wegs führt nah an Bahnschienen entlang, das empfinde ich wie einen Hohn. „Warum, zum Teufel, steige ich nicht in den Zug, das würde jeder verstehen…“ versucht mich mein innerer Schweinehund zum beschützten Reisen zu überreden. Er schafft es – fast. Ich weiß, dass ich schon nach den ersten Metern im Zug das Umsteigen bereuen und mich ärgern würde, und ich mach’s auch nicht. Quäle mich stattdessen weiter. In Petersthal geht wieder nichts mehr, ich bin nach 50 Kilometern völlig erledigt und diesmal auch ziemlich durchnässt. Ich kehre in einen Gasthof ein, atme auf beim Auspacken im Zimmer: Die Fahrradtaschen sind wirklich wasserdicht. Ich kuschle mich erst mal ins Bett, um warm zu werden, mache, ein seltenes Mal auf der Tour, die Glotze an. Es wird gerade die zweite Etappe der Tour de France übertragen. 60 km/h schnell sind die Fahrer in der Sprintphase am Ende, sagt der Moderator. Ich lache laut, am Berg kroch und schob ich mit 7 km/h einher, für die ersten drei Kilometer Steigung brauchte ich fast eine halbe Stunde. Aber egal, mit meinen frischen Allgäu-Eindrücken glaube ich sowieso nicht mehr, dass auch nur ein Mensch ohne Hilfsmittel die Tour de France gewinnt.
    Nach dem Duschen gönne ich mir im Gasthof Schnitzel mit Pommes und Salat und Mousse Stracciatella für nur fünf Euro. Und die „BILD am Sonntag“ vom Vortag noch dazu. Unterkünfte und Service sind wirklich überall wunderbar, aber mit den Menschen komme ich in dieser Gegend nicht leicht ins Gespräch. Sie sind recht verschlossen, misstrauisch, beobachten einen unverblümt auffällig, halten die bepackte Radlerin aus dem nicht bayerischsprachigen Raum wahrscheinlich für ziemlich verrückt. In einer SMS an einen Freund schreibe ich an diesem Abend: „Bin ca. 35 km vor Füssen, Höllentour im Allgäu, seit gestern Dauerregen, Steigungen bringen mich an meine Grenzen, heulte heute beim Schieben durchgeweicht am steilen Berg … geduscht und satt im Gasthof, habe ich mich wieder gefangen, liebe Grüße von der strampelnden Susanne, die nicht aufgibt.“
    Am Dienstag geht es weiter – im Regen. Bei Haag passiere ich den mit 1007 Metern höchsten Punkt auf dem Bodensee-Königssee-Radweg. In der Nässe und Kälte will sich einfach kein erhabenes Gefühl einstellen. Außerdem verstecken sich die Berge in dichtem Nebel. In Nesselwang mache ich Pause im Café, belohne mich mit Wärme – eine Frau erzählt gerade, dass es morgens bei ihr in 900 Metern Höhe sieben Grad kalt war – und Nuss-Creme-Rolle und Kaffee. Ich will nicht wieder hinaus. Doch es geht weiter, immer weiter. Und endlich: In Hopferau lässt sich die Sonne blicken. Ich atme auf, ziehe den Regenmantel aus und kann nun auch die Alpenkulisse genießen. Hier endlich erschließt sich mir die Schönheit der Landschaft. In Hopfen am See lässt die Sonne den See glitzern, hinter dem sich schroffe, spitze Berge mit schneebedeckten Kuppen erheben. Am azurblauen

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