Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Titel: Abgeferkelt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Hackenberg
Vom Netzwerk:
brummelte sie vor sich hin. »Du warst als Erster da, du hast die Wahl: Kastanie hinten oder Jeep vorne.«
    Insgeheim bezweifelte sie allerdings, dass es eine gute Idee wäre, den Kombi in die schmale Parklücke zu manövrieren: Breit, wie er war, würde es Millimeterarbeit erfordern, ihn zwischen die beiden Fahrzeuge zu steuern. Und ob sich die Fahrertür dann noch öffnen ließe, war äußerst fraglich. Umso überraschter war sie deshalb, als der Kombi-Fahrer den Rückwärtsgang einlegte und tatsächlich Anstalten machte, zwischen dem Jeep und dem Kleinbus zu parken. Okay, er musste wissen, was er tat. Um Platz zum Rangieren zu machen, setzte Kati ihren Polo ebenfalls ein Stück nach hinten und wartete. Und wartete. Und wartete.
    Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, fuhr der Kombi schräg zurück, dann ein Stück vor. Wieder zurück, wieder in die Schräge, wieder vor. Zurück, schräg, vor. Zurück, schräg, vor. Kati wurde vom bloßen Zusehen fast wahnsinnig. »Was macht der da?«, fragte sie sich halblaut und trommelte mit den Fingerspitzen auf ihr Lenkrad. »Das seh ich doch von hier, dass das so nichts wird.« Außerdem war es mittlerweile fünf vor zehn – allmählich wurde die Zeit knapp. Eigentlich hatte sie mit der Sekretärin abgesprochen, um Viertel vor zehn in die Redaktion zu kommen. Und jetzt stand sie hier rum und sah diesem Einpark-Virtuosen dabei zu, wie er die Reifen seines Autos abnutzte. So ging das nicht weiter.
    Kurz entschlossen stellte sie den Motor ab und stieg aus. Der Typ im Kombi legte gerade hörbar den Vorwärtsgang ein, hielt aber inne und ließ die Fensterscheibe nach unten, als er Kati auf sich zukommen sah. Er mochte Anfang vierzig sein, hatte dichtes, braunes Haar und graue Augen, die er nun erstaunt auf sie richtete. Kati lächelte ihn freundlich an. »Einparken ist manchmal gar nicht so einfach, was?«
    Er hob eine Augenbraue. »Ich sehe Ihnen gerne dabei zu, wie Sie es besser machen.«
    »Hey, das war nicht böse gemeint. Ich denke nur, dass es helfen würde, wenn Sie rechts ein wenig schärfer einschlagen.«
    Statt einer Antwort stieg er aus und baute sich in voller Größe vor ihr auf. Er war sehr schlank und überragte sie um fast zwei Köpfe. »Na, dann zeigen Sie mir doch mal, wie’s richtig geht. Sofern Sie in den Tretern überhaupt ans Gaspedal rankommen.«
    Kati verstand den Seitenhieb auf ihre hochhackigen Schuhe sofort. »Das geht schon, keine Sorge.« Was für ein Idiot, dachte sie, während sie sich auf den Fahrersitz fallen ließ und die Tür hinter sich zuschlug. Guter Gott, dieser Kombi war vielleicht ein Schiff! Ihre Füße reichten tatsächlich nicht ans Gaspedal heran, doch das hatte nichts, aber auch rein gar nichts mit ihren hohen Absätzen zu tun. Hektisch tastete sie nach dem Hebel unter dem Sitz und schob diesen ein Stück weiter nach vorn. Schon besser.
    In dem Moment beugte sich der Kombi-Fahrer zu ihr herunter und sagte durch das geöffnete Fenster: »Eigentlich sollten Sie meinen Wagen nur einparken. Von häuslich einrichten war nicht die Rede.«
    »Und Sie sollten mir eigentlich nur zusehen und was fürs Leben lernen«, entgegnete Kati, die allmählich sauer wurde. »Ansprüche anmelden können Sie dann, wenn es Ihnen gelingt, Ihr Auto unfallfrei abzustellen.«
    Demonstrativ rückte sie sich den Rückspiegel zurecht, legte den Rückwärtsgang ein und fuhr behutsam ein Stück nach hinten. Dann schlug sie das Lenkrad ganz nach rechts ein, gab vorsichtig Gas und manövrierte das Auto im Zeitlupentempo in die Parklücke. Ha!, dachte sie voller Genugtuung, als sie den Motor ausschaltete. Dreizehn Jahre kreatives Parken in der stellplatzarmen Innenstadt von Frankfurt machten sich eben bezahlt – sogar hier auf dem Land. Kati zog den Schlüssel ab und wollte gerade aussteigen, als ihr Blick auf eine etwas verblasste Filzstiftzeichnung fiel, die am Armaturenbrett festgeklebt war. Eine kugelrunde Frauenfigur war darauf zu erkennen, an deren Rücken zwei riesengroße Flügel hingen. »Ein Schutzengel für Papa« hatte ein Kind in krakeliger Schrift darübergeschrieben. Wie nett. Der Kombi-Typ schien ein liebevoller Vater zu sein, der die Bilder seiner Kinder so plazierte, dass er sie jeden Tag sehen konnte. Vielleicht war er ja doch nicht so schnöselig, wie er zunächst wirkte.
    Deutlich freundlicher gestimmt, öffnete Kati die Fahrertür und quetschte sich ins Freie. Die Lücke, die zwischen dem Kombi und dem Jeep frei geblieben war, konnte nicht

Weitere Kostenlose Bücher