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Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Titel: Abgeferkelt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Hackenberg
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Ritter auf Stadtebene werden?«, erkundigte sich Kati.
    »Grümmstein muss sich bewegen«, kam die Antwort. »Als erste Amtshandlung schwebt mir ein öffentliches Workout auf dem Marktplatz vor, mit mir als neuer Jane Fonda im pinkfarbenen Aerobic-Anzug …«
    Der Dritte im Bunde, ein Mittvierziger namens »Helmut, die Quotenfrau«, saß mit Mutter-Beimer-Perücke vor seiner Handtasche und schlürfte eingeschnappt an einem Aperol-Sprizz. »Ich wollte Königin werden, wenn Manni den Titel holt – aber die lassen mich nicht«, vertraute er Kati an.
    »Wieso denn das?«
    »Meine Figur ist zu schlecht, und ich schieße zu gut«, entgegnete er bedrückt. »Denn vorsintflutlich, wie der Grümmsteiner Schützenverband nun mal ist, sind Frauen während des Stadtfestes nur schmückendes Beiwerk.«
    »Was heißt das?«
    »Damen dürfen nicht schießen«, erklärte Helmut. »Darum ist es in der Regel die Ehefrau oder Partnerin des Stadtkönigs, die automatisch Königin wird. Und da Manni Single ist, hab ich mich frühzeitig ins Gespräch gebracht …«
    »Aber …?«
    »Aber Heidi sagt, dass ich beim Wettschießen der Ritter nützlicher bin und dass ich mich als gelernter Schlachter mit Jagdschein nicht vor der Verantwortung drücken darf.«
    »Da ist was dran«, meinte Kati. »Sie wollen doch sicher, dass Ihr Verein gewinnt, oder?«
    »Schon, aber mich nervt diese patriarchalische Rollenverteilung: Immer sind es die Drags und die Lesben, die ihren Auftritt in Abendrobe kriegen. Ich meine – bloß, weil es zu meinem Job gehört, einem Schwein einen Bolzen zwischen die Augen zu schießen, heißt das noch lange nicht, dass es mir an Empfindsamkeit fehlt. Ich bekomme nur nie die Gelegenheit, meine weiche Seite auszuleben – verstehen Sie, was ich meine?«
    »Na ja, so halb …«, antwortete Kati schwach, wurde aber von Heidemarie unterbrochen, die beschwingt ans Mikrophon trat. »Hallo, ihr Süßen! Ich freue mich, dass ihr so zahlreich erschienen seid. Wie ihr wisst, wollen wir uns heute auf das Stadtschützenfest einstimmen, für das unser Verein noch immer keine offizielle Einladung erhalten hat. Aber wie lautet unser Schlachtruf?«
    »Schwul ist cool!«, skandierte die Menge. »Lang lebe das Lesbentum!«
    Heidemarie breitete die Arme aus wie ein Fernsehprediger, der zum Segnen ansetzt. »Wir haben den Spirit, wir haben die Power, wir haben Manni Kowalski! Und zusammen tragen wir die lila Lebensart hinaus in den Landkreis!«
    Tosender Applaus ließ das Vereinsheim erbeben, und mittendrin stimmte jemand die erste Strophe von Marianne Rosenbergs »Er gehört zu mir« an.
    »Ich merke schon, ihr seid super drauf heute«, rief Heidi dazwischen. »Aber jetzt wollen wir mal sehen, ob das auch für unseren Schützenkönig und seine beiden Ritter gilt. Manni, Max und Helmut – zeigt euch dem Volk!«
    Unter dem Jubel der Menge kletterten die drei auf die Bühne hinauf.
    »Seid ihr heiß?«, wollte Heidi wissen.
    »Wie ’ne Teflon-Pfanne auf dem Herd«, gab Manni zurück und erntete dafür begeistertes Klatschen.
    »Okay, das schauen wir uns mal ganz genau an. Wir haben ein paar Spiele für euch vorbereitet, um zu sehen, ob ihr dem Wettbewerb gegen die anderen Könige und Ritter in der Stadt auch wirklich gewachsen seid.« Heidemarie kramte einen Zettel aus der Hosentasche. »Den Auftakt macht das Schlangengurken-Schießen auf der Gartenterrasse, gefolgt vom Dart-Werfen mit Gleitcreme an den Händen. Und zum feierlichen Abschluss kommt dann unser beliebtes Melonen-Peitschen – auf geht’s!«
    Spätestens an dieser Stelle rechnete Kati damit, dass irgendwer die versteckte Kamera herausholte und die ganze Veranstaltung als surrealen Scherz auf ihre Kosten entlarvte. Doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen legte irgendjemand die »Polonaise Blankenese« auf, was zur Folge hatte, dass sich alle Anwesenden von hinten an den Schultern fassten und johlend ins Freie tänzelten.
    Dort brachten sich die drei Kandidaten in Position, bis Heidemarie in die Luft schoss und die Spiele eröffnete. Kati schob sich durch die Menge nach vorn, zückte immer wieder ihren Fotoapparat und knipste, was ihr vor die Linse kam: die geschminkten Gesichter der Drag-Queens zum Beispiel, die gespannt verfolgten, wie Max so lange auf die Schlangengurken feuerte, bis für seine beiden Mitstreiter nur noch zerfleddertes Gemüse hängen blieb. Oder den Topf mit der Gleitcreme, in den Manni so tief hineingriff, dass ihm beim Dart-Schießen die Munition

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