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Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Titel: Abgeferkelt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Hackenberg
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Definition nach keine leeren Zeilen auf dem Bildschirm vorsah. Trotzdem saß sie seit einer Stunde wie betäubt vor dem Rechner und schrieb … nichts. Ihr Gehirn war wie leergefegt, und sosehr sie sich auch anstrengte: Ein zündender erster Satz, der die Geschichte von Manni, dem schwulen Schützenkönig, wertfrei und emotionslos zusammenfasste, wollte ihr partout nicht einfallen. Zum Teufel mit Jonas Larsen – wieso schaffte er es immer wieder, sie so zu verunsichern?
    »Hast du die Totenstarre schon erreicht, oder kommt das noch?«, wollte Heinz schließlich wissen.
    Statt einer Antwort ließ Kati ihren Kopf vornüber auf die Tischplatte sinken. Heinz, den nach über 30 Jahren im Lokalen gar nichts mehr aus der Ruhe brachte, überprüfte erst einmal den Inhalt seiner Tupperdose: Käse war aus, aber zwei Stullen mit Leberwurst lagen noch darin. Das war doch eine gute Grundlage, auf der sich aufbauen ließ.
    »Zwei Fragen«, sagte er dann. »Wie heißt du, und wann hast du zuletzt was gegessen?«
    »Kati«, erwiderte Kati und hob verwundert den Kopf. »Frühstück hatte ich so gegen halb sieben, und heute Mittag hab ich eine halbe Tüte Gummibärchen verputzt.«
    » A-ha. Und jetzt ist es wie spät?«
    »Kurz nach neun.«
    »So. Und gegen welche Grundregel aus dem Goldenen Handbuch für den journalistischen Nachwuchs haben wir hier verstoßen?«
    »Hä?« Kati, die noch nie etwas von der Existenz eines solchen Buchs gehört hatte, starrte ihn völlig entgeistert an.
    Da stand Heinz auf und kam mit seiner Tupperdose auf sie zu. »Kapitel eins, Absatz zwölf: Ein unterzuckerter Reporter ist ein bekloppter Reporter. Weil: Mit nix im Bauch landet auch nix auf dem Papier. Deshalb ist bei Einsätzen in der journalistischen Praxis jeder Keks und jedes Schnittchen, das einem angeboten wird, tunlichst aufzuessen. Merke: Für den Fall, dass einem nichts angeboten wird, hat der vorausschauende Journalist stets seine Stulle dabei.« Er drückte Kati ein Brötchen in die Hand und fügte hinzu: »Heidschnuckenleberwurst. Hat meine Frau heute Morgen frisch vom Metzger geholt.«
    »Ähm, danke. Aber … ist die auch fettfrei?«
    »Weder meine Frau noch die Wurst. Und jetzt iss auf, hopp, hopp.«
    Kleinlaut nahm Kati einen großen Bissen und stellte überrascht fest: »Das schmeckt ja super!«
    »Tja, das ist mal was anderes als dieses kalorienarme, geschmacksneutrale Zeug, das du sonst zu dir nimmst. Als ob ein Gerippe wie du so was nötig hätte!«
    »Ich achte eben auf meine Ernährung«, verteidigte sie sich mit vollem Mund.
    »Du solltest in erster Linie darauf achten, dass du überhaupt was zu essen kriegst«, konterte Heinz. »Kennst du eigentlich den Witz von dem Journalisten, der am kalten Buffet vorbeigeht?«
    »Nee. Erzähl mal.«
    Er warf ihr einen mitleidigen Blick zu. »Ehrlich gesagt war das schon der Witz. Oder hast du schon mal einen Reporter gesehen, der allen Ernstes an einem kalten Buffet vorbeigeht, noch dazu, wenn es kostenlos ist?«
    »Ähm, tja …«
    »Du musst noch eine Menge lernen, meine Liebe. Da, nimm die zweite Stulle auch noch.«
    »Bist du sicher?«, fragte Kati, die auf keinen Fall einen gefräßigen Eindruck machen wollte.
    »Bei dir sind die Kalorien eindeutig besser aufgehoben als bei mir«, sagte Heinz und strich sich über seinen kleinen Bauch. »Wenn du fertig bist, gehen wir gemeinsam die W-Fragen durch.«
    »Die was?«
    »Jetzt sag nicht, dass du noch nie etwas vom Werkzeug eines jeden Journalisten gehört hast! Wie kannst du überhaupt arbeiten?«
    »Ach, du meinst alle wichtigen Fragen, die am Anfang eines Artikels beantwortet werden müssen«, sagte Kati und winkte ab. »Klar kenne ich die.«
    »So?« Heinz warf ihr einen misstrauischen Blick zu. »Dann zähl mal auf.«
    »Was soll das? Ich hab hier in den letzten Wochen jeden Tag mindestens einen Text geschrieben, der garantiert keine Fragen offengelassen hat!«
    »Zähl auf, sage ich.«
    Kati unterdrückte ein Stöhnen. »Was, wer, wann, wo, wie und warum«, leierte sie herunter. »Zufrieden?«
    »Fast. Jetzt wenden wir dieses Muster auf deine Schützen-Geschichte an. Also, um wen und um was geht’s?«
    »Ein schwuler Schützenverein will beim nächsten Stadtfest antreten.«
    »Warum?«
    »Um auf sich aufmerksam zu machen und für Toleranz zu werben. Die Scharfen Schützen Grümmstein e.V. bestehen schon seit anderthalb Jahren, sind aber noch immer nicht in den Stadtschützenverband aufgenommen worden.«
    »Wie wollen die das

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