Abgeferkelt: Roman (German Edition)
und starrte auf ihre noch entblößten Zehen. »Ist der nun grün oder silbern?«
»Beides.« Zutiefst erleichtert über den abrupten Themenwechsel, streckte sie ihren rechten Fuß in seine Richtung. »Die Nuance heißt Magic Apple und schillert in zwei Farbstufen. Außerdem ist sie leicht aufzutragen und so dezent, dass man sie auch für die Fingernägel verwenden könnte. Vorausgesetzt natürlich, man wählt ein farblich passendes Outfit.«
Das klang so sehr nach Frauenzeitschrift, dass Jonas lächeln musste. »Wer hätte das gedacht«, meinte er und ertappte sich dabei, wie er seinen Blick von Katis Zehen über den Knöchel, den Unterschenkel und das Knie bis hoch zum Saum ihres knappen, weißen Rocks wandern ließ. Gegen seinen Willen musste er Guido zustimmen: Diese Frau hatte wirklich Beine bis zum Boden, schlank und doch athletisch, zart gebräunt und mit sehr niedlichen Füßen. Und dass ihr Oberkörper ebenfalls wohl proportioniert war, davon hatte er sich ja erst kürzlich in Lüneburg überzeugen können.
»Sagt mal, was macht ihr da eigentlich?«, platzte Manolo dazwischen, der ausgerechnet in diesem Augenblick über den Flur geschlendert kam. »Zeigt her eure Füße, oder was?«
Peinlich berührt fuhren Kati und Jonas auseinander. Während sie sich eilig bückte, um in ihren zweiten Schuh zu schlüpfen, trat er demonstrativ einen Schritt zurück und räusperte sich. »Ich wollte dich gerade abholen«, sagte er, ohne auf die Bemerkung seines Freundes einzugehen. »Allerdings müssten wir noch schnell bei mir zu Hause vorbeifahren, damit ich den Kindern gute Nacht sagen kann.«
»Kein Problem, wir haben den Squash-Platz den ganzen Abend für uns.« Manolo wandte sich Kati zu. »Wie war’s bei den Schützen? Wird Grümmstein bald schwul regiert?«
Sie nickte. »Von Manni, dem Zugezogenen. Ihm fehlt zwar noch das rechte Maß für Gleitcreme, und beim Melonen-Peitschen war er eine Katastrophe, aber ich denke trotzdem, dass wir demnächst würdig von ihm vertreten werden.«
»Na, auf den Artikel bin ich gespannt.«
»Das Layout ist schon gebaut«, schaltete Jonas sich ein. »Sie müssen den Text also nur auf die Seite setzen. Heinz bleibt bei Ihnen und liest das Ganze zum Schluss noch einmal Korrektur.«
»Nicht nötig, ich schaff das schon alleine.«
Da hob er eine Augenbraue. »Sie werden hier zwar als Redakteurin im achten Berufsjahr bezahlt, Frau Margold«, sagte er in diesem Ton des autoritären Chefredakteurs, den Kati so an ihm hasste. »Aber solange Sie nicht anfangen, sich auch so zu benehmen, bestimme ich, was Ihnen allein zuzutrauen ist und was nicht. Verstanden?«
»Mehr als deutlich«, gab sie kühl zurück.
»Gut. Und versuchen Sie diesmal, beim Schreiben schneller zum Punkt zu kommen. Übermitteln Sie Nachrichten, wertfrei und emotionslos! Bei zu viel Geschwafel springt Ihnen der Leser ohnehin gleich nach der dritten Zeile ab.«
»Ich werd’s mir merken.«
Manolo beugte sich vertraulich zu ihr vor. »Und für dieses sexy Abendprogramm hast du auf ein Date mit mir verzichtet?« Er schüttelte den Kopf. »Das hätte echt besser für dich laufen können – tja, aber jetzt muss ich zum Squash.«
Kati ersparte sich die Antwort und ging an den beiden vorbei zu ihrem Büro. Nachrichten übermitteln? Was bitte schön tat sie hier den ganzen Tag? Jonas fing wirklich an, ihr auf den Geist zu gehen: Mal war er entspannt und zugänglich, dann wieder arrogant und herablassend. Und was sollte das vorhin mit dem Nagellack? Dieser Mann war ein Irrer und stand zu allem Überfluss auch noch auf ihrer Gehaltsliste. Wenn da nicht seine vier Kinder gewesen wären, hätte Kati wahrscheinlich auf ihr Inkognito gepfiffen und ihn aus dem Affekt heraus gefeuert – und Manolo gleich mit.
Müde ließ sie sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen und blies sich die schweren, blonden Ponyfransen aus der Stirn. Sie sehnte sich nach einer kleinen Atempause, schließlich war sie seit heute früh ununterbrochen im Dienst. Doch daran war nicht zu denken: Bis zur Deadline in der Druckerei blieben ihr nur noch wenige Stunden, und wenn sie ihren Text pünktlich fertighaben wollte, musste sie ihre Computertastatur schleunigst zum Glühen bringen. Sie seufzte noch einmal abgrundtief und begann zu tippen.
*
Journalisten. Haben. Keine. Schreibblockaden. Wer jeden Tag eine gewisse Menge Text abliefern muss, ist nicht in der Position, seine Zeit mit Blackouts zu vergeuden. Auch Kati wusste, dass ihr Beruf der
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