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Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Titel: Abgeferkelt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Hackenberg
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Schützen bestehen immerhin schon seit anderthalb Jahren, ohne dass der Stadtverband Notiz von uns genommen hätte!«
    »Tatsächlich? Und woran, glauben Sie, liegt das?«
    »Unser Vereins-Getränk ist Aperol-Sprizz, unsere Uniformen sind lila, und wir lassen Frauen an den Schießstand.« Heidemarie warf ihr einen vielsagenden Blick zu. »Selbst wenn wir nicht zusätzlich schwul wären, würde das reichen, um Anstoß zu erregen.«
    »Verstehe.« Kati räusperte sich. »Geht es Ihnen jetzt in erster Linie um den Sport oder darum, im Schützen-Milieu für mehr Toleranz zu werben?«
    »Wissen Sie – wir sind extrem treffsicher, vor allem mit der Schrotflinte. Unser Manni kann es locker mit den Schützenkönigen hier aus der Region aufnehmen. Aber der Leistungsgedanke steht für uns eigentlich nicht im Vordergrund.«
    »Nicht?«
    »Dieses ewige größer, schneller, weiter und wer hat den Längsten – ich bitte Sie. Uns geht es um Zuneigung, um Sympathie! Love is all around – Sie wissen, was ich meine.«
    »Also, ehrlich gesagt …«
    »Wir finden, dass es an der Zeit ist für einen Neuanfang«, fuhr der Vereinsvorsitzende unbeirrt fort. »Wir sind schwul, aber heimatverbunden, verstehen Sie? Deshalb wollen wir raus aus dem Abseits und munter rein in die Mitte der Gesellschaft. Wir wollen den Heten die Hand der Versöhnung reichen. Und wo ginge das symbolträchtiger als beim Stadtschützenfest Anfang September? Ich sehe das alles schon vor mir …« – Heidemarie richtete den Blick in die Ferne – »… die Musikanten, die Fahnen, die bunten Wagen, die kleinen, bezopften Mädchen mit den Heidesträußchen entlang der Strecke … Und dann unser Manni mit seinem Hofstaat, wie er auf den Oberbürgermeister zutritt und ihn in seine Arme schließt …« Sichtlich bewegt von den eigenen Worten, wühlte Heidemarie ein Papiertuch aus der Hosentasche und schneuzte hinein. »Kann es eine schönere Geste geben?«
    »Äh …« Kati rang nach Worten. »Gibt … gibt es denn so viele Lesben und Schwule in Grümmstein, die diese Idee mittragen?«, fragte sie dann.
    Da musste der Vereinsvorsitzende lachen. »Schauen Sie sich doch um! Wir sind die Homo-Hochburg in der Heide. Und als solche wollen wir auch endlich wahrgenommen werden.« Er packte Kati am Ärmel. »Kommen Sie mit, ich stelle Ihnen Manni Kowalski, unseren amtierenden Schützenkönig, vor. Der ist vor kurzem aus dem Ruhrgebiet zugezogen.«
    Gemeinsam schlängelten sie sich durch das Gewühl im Inneren des Vereinsheims und arbeiteten sich bis zum Tresen vor. Dort tippte Heidemarie einem schlanken Mann im Smoking auf die Schulter.
    »Hast du mal ’ne Minute, Manni?«
    »Für dich doch immer, Heidi.« Sein Blick fiel auf Kati. »Wow – bist du ’ne Lesbe oder ’ne gutgemachte Transe?«
    »Ich?« Sie wurde rot. »Weder noch, eigentlich.«
    »Das ist die Presse, du Depp.« Heidemarie rollte die Augen zur Decke. »Frau Margold, darf ich vorstellen? Seine Königliche Hoheit, Manni, der Zugezogene.«
    »Freut mich.«
    »Na, und mich erst.« Der Schützenkönig angelte sich zwei Gläser Sekt vom Tresen, reichte Kati eines davon und warf ihr einen fragenden Blick zu. »Wird das jetzt ein Interview?«
    »Ein kurzes.« Sie nahm einen Schluck. »Wieso möchten Sie unbedingt Stadtkönig werden?«
    »Um Grümmstein etwas von der Freundlichkeit zurückzugeben, die es mir angedeihen ließ. Abgesehen davon bin ich schlicht und einfach qualifiziert für den Job.«
    »Inwiefern?«
    »Ich saß schon mal wegen einer Tankstellen-Schießerei im Knast. Und hab als Karnevalsprinz Kamelle durch Wattenscheid geschleudert.« Er zuckte mit den Achseln. »Das Repräsentative liegt mir halt.«
    »Tankstellen-Schießerei …?!«, wiederholte sie.
    »Nun lass doch deine alten Geschichten, Manni – das interessiert Frau Margold alles gar nicht.« Heidemarie hatte es plötzlich furchtbar eilig, Kati außer Reichweite zu bringen. »Kommen Sie mit, ich mache Sie noch mit unseren beiden Rittern bekannt.«
    Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um die zweit- und drittplazierten Schützen des Vereins. »Sie sind dem König an die Seite gestellt und treten beim Stadtschützenfest gegen die Ritter der anderen Vereine an«, erklärte Heidemarie.
    Der erste von beiden stellte sich als »ständig strammer Max« vor und präsentierte stolz seine durchtrainierten Oberarme. »Dafür geh ich fast jeden Tag im Studio pumpen«, erzählte er.
    »Und was wollen Sie erreichen, falls Sie zum

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