Abgeferkelt: Roman (German Edition)
Mitarbeiter häufig genug Teil seiner beruflichen Probleme war. Jonas wusste, dass Manolo das niemals verstehen würde, aber es machte sein Leben nicht einfacher, Chefredakteur zu sein. Ganz im Gegenteil. Es machte ihn einsam.
»Ich werde Kati nicht zurückpfeifen«, sagte er dann und ahnte, dass er diesen Satz noch einmal bitter bereuen würde.
»Das ist nicht dein Ernst.«
»Ich fürchte, schon.«
»Entschuldige mal! Hier steht nichts Geringeres als die wirtschaftliche Zukunft dieses Verlages auf dem Spiel!«
»Ich weiß.«
»Dann kann ich nur hoffen, dass es wenigstens Buddington gelingt, dich zur Vernunft zu bringen. Hast du denn gar keine Angst um deinen Job?«
»Natürlich. Aber seien wir doch mal ehrlich: Was habe ich zu verlieren? Wenn Tredbeck den Zuschlag bekommt, bin ich sowieso weg vom Fenster. Das mindeste, was ich jetzt noch tun kann, ist, meine journalistische Integrität zu wahren.«
»Diese Frau hat dich verhext«, stellte Manolo verblüfft fest. »Und ich dachte, ihre Vorzüge beschränken sich auf das, was sie in der Bluse hat.«
Ohne Vorwarnung schoss Jonas nach vorn, packte ihn am Kragen und ließ ihn unvermittelt wieder los, so dass sein Freund das Gleichgewicht verlor und geräuschvoll neben der Sitzgruppe landete, die hinter ihm stand.
»Spinnst du jetzt völlig?«, japste Manolo und rieb sich das schmerzende Steißbein.
Statt einer Antwort drehte Jonas sich um und öffnete das Fenster. Doch die milde Sommerluft, die hereinströmte, brachte keine Abkühlung mit sich, so dass er sich schnell wieder abwandte und nach dem Wasserglas auf seinem Schreibtisch griff. Sekunden verstrichen. Dann sagte er: »Ich will nicht, dass du so über sie sprichst. Kati ist eine Kollegin, die gute Arbeit leistet und deshalb unseren Respekt verdient.«
»Ich kapier’s nicht! Wir waren uns doch einig, dass wir sie so schnell wie möglich wieder loswerden wollen. Mein Gott, wir reden hier von Reporter-Barbie, schon vergessen? Sie ist eine Dumpfbacke, das hast du doch selber gesagt!«
»So habe ich das ganz sicher nicht gesagt …«
»Aber gedacht hast du’s, wie wir alle. Und jetzt kriegst du das Sabbern, weil du zu lange auf ihre Beine gestiert hast!«
»Katis Aussehen steht in keinerlei Zusammenhang mit ihrer Leistung«, stellte Jonas klar.
»Komm schon, du bist in guter Gesellschaft. Wir würden sie alle gerne mal flachlegen. Aber das ist noch lange kein Grund, uns in den Ruin zu treiben, bloß weil sie den unabhängigen Journalismus plötzlich für sich entdeckt hat.«
»Ich sag’s dir gerne auch noch mal«, entgegnete Jonas ungehalten. »Ich bin nicht daran interessiert, Kati flachzulegen. Und meine Entscheidung, objektiv weiter über die schwulen Schützen zu berichten, treibt diesen Verlag auch nicht zwangsläufig in den Ruin.«
»Wie du meinst. Aber auf mich kannst du nicht zählen.«
Jonas horchte auf. »Inwiefern?«
»Ich werde Kati weder Tipps geben, noch den Babysitter für sie spielen. Wenn sie so helle ist, wie du behauptest, wird sie sicher auch kein Problem damit haben, die Sache mit dem Schützenverband allein durchzuziehen.«
»In Ordnung. Aber ich will, dass du fair bleibst.«
»Komm schon, Mann. Ich bin immer fair.«
»Ich meine es ernst«, entgegnete Jonas und trat so dicht auf seinen Freund zu, dass ihre Schuhspitzen sich fast berührten. »Wenn ich mitkriege, dass du ihr gezielt Steine in den Weg legst, klemme ich dir deine Eier hinter die Ohren.«
Manolo zuckte mit keiner Wimper. »Und du bist ganz sicher, dass sie dir nicht doch gefällt? Ein ganz kleines bisschen vielleicht?«
»Verzieh dich.«
*
Für einen geordneten Rückzug vor der Tür blieb kaum noch Gelegenheit, als sich Manolos Schritte plötzlich näherten. Guido und Heinz stoben in Richtung Großraumbüro davon, während es Kati gerade mal bis zur Hälfte des Flurs schaffte.
»Hey, Margold«, rief Manolo ihr nach. »Der Chef will dich sprechen.«
»Tatsächlich?« Sie errötete und machte auf dem Absatz kehrt. »Ich komme.«
»Hast du etwa gelauscht?«, raunte er ihr zu, als sie an ihm vorbeigehen wollte.
»Bist du verrückt? Natürlich nicht!«
»Na, wenn du nicht mal dafür genug Biss hast, bin ich gespannt, wie das mit dir und den Schützen hier in der Stadt weitergeht«, sagte er und schlenderte pfeifend ins Großraumbüro zurück.
Kati starrte ihm nach und wünschte sich nichts sehnlicher, als ihm einen Tritt in den Hintern zu verpassen. Jede einzelne Bosheit, jeder Machospruch, den sie
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