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Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Titel: Abgeferkelt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Hackenberg
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zu erleben …«
    »Bevor ich für solche Schweinereien auch noch Eintritt zahle, gucke ich lieber eine Stunde Testbild«, versetzte Herr Westphal verächtlich. »Nein, es geht vielmehr um Ihre Wortwahl, die ich wieder einmal beanstanden muss.«
    »So? Inwiefern?«
    »Vielleicht einigen wir uns zunächst einmal auf eine Definition des Wortes Travestit «, schlug Westphal vor. »Gehen Sie so weit mit mir konform, dass es sich hierbei um einen Mann handelt, der sich mittels Garderobe und Schminke als Frau verkleidet?«
    »Könnte hinkommen.«
    »Wohingegen es sich bei einem Transsexuellen um einen Mann handelt, der sich mittels Geschlechtsumwandlung in eine Frau verwandeln ließ, oder?«
    »Worauf wollen Sie hinaus, Herr Westphal?«
    »Darauf, dass Ihnen dieser gravierende Unterschied offensichtlich gar nicht klar ist. Zumindest entnehme ich das Ihrem Text.«
    Entnervt kramte Kati ihren Artikel hervor. »Von Transsexuellen habe ich doch nirgendwo etwas geschrieben.«
    »Eben! Sie bringen das alles ständig durcheinander«, ereiferte sich der Rentner am anderen Ende der Leitung. »Hier steht’s: ›Der Travestie künstler Georgette Baguette hat sich als Sängerin auch international einen Namen gemacht …‹ Was ist der Lümmel denn nun – ein Mann oder eine Frau?!«
    »Wie Sie vorhin schon richtig sagten: Er ist ein Mann, der sich als Frau verkleidet, und damit ein Travestit. «
    »Sicher? Haben Sie dem mal unter den Rock geguckt?«
    »So investigativ sind unsere Recherchen in diesem Fall dann doch nicht, Herr Westphal.«
    »Das merke ich. Und das ist eine Schande, wenn Sie mich fragen.«
    »Inwiefern?«
    »Wenn nicht mal in solchen Fragen Gewissheit herrscht, kann man den Rest von dem, was Sie in Ihrer Zeitung schreiben, doch auch nicht glauben!«
    »Wenn uns eines als Zeitung auszeichnet, dann ist es unsere vorurteilsfreie Haltung gegenüber Travestiten und Transsexuellen und allen anderen Menschen, über die wir berichten«, stellte Kati unmissverständlich klar. »Bei dem Artikel, auf den Sie sich beziehen, stand die Leistung des Künstlers im Mittelpunkt, nicht die Frage nach seinem Geschlecht. Falls Sie solche Dinge interessieren, empfehle ich die Lektüre einschlägiger Medien, die sich auf Geschlechtlichkeiten spezialisiert haben.«
    »So ausführlich, wie Sie neuerdings über die Schwulen berichten, bin ich bei Ihnen doch gerade richtig!«
    »Wollten Sie Ihr Abo nicht längst abbestellt haben?«
    »Ich denke darüber nach.«
    »Dann denken Sie doch bitte noch ein bisschen intensiver darüber nach als bisher. Guten Tag, Herr Westphal.«
    »Bist du irre?«, fragte Manolo entgeistert, als sie den Hörer auf die Gabel geknallt hatte. »So kannst du doch nicht mit einem unserer langjährigen Abonnenten umspringen!«
    »Siehste doch, dass ich kann.«
    »Mach nur weiter so. Ich glaube nicht, dass Buddington und der jetzige Verlagseigentümer die neue Homo-Freundlichkeit beklatschen werden, die du hier ins Blatt bringst.«
    »Dir ist schon klar, dass Homo nichts anderes heißt als Mensch?«, fragte sie seelenruhig zurück.
    »Und?«
    »Nun, gegen mehr Menschenfreundlichkeit in unserer Berichterstattung hat der neue Eigentümer ganz bestimmt nichts einzuwenden. Da bin ich mir sogar sicher.«
    Das Telefon auf Katis Schreibtisch schrillte, und sie hob ab.
    »Frau Margold, Sie sprechen mit Manni, dem Zugezogenen«, erklang es würdevoll am anderen Ende der Leitung.
    »Herr Kowalski – super, dass Sie zurückrufen!«
    »Keine Formalitäten, bitte. Nennen Sie mich einfach Hoheit.«
    »Okay, Hoheit. Was sagen Sie zur Reaktion des Schützenverbandes auf Ihre Erklärung, beim Stadtfest antreten zu wollen?«
    »Ich fühle mich missachtet, benutzt und verkannt.«
    »Oje.«
    »O ja. Dass man mir tatsächlich untersagt, mein Volk zu repräsentieren! Ich bin derart außer mir, dass ich ernsthaft darüber nachdenke, die Insignien der Macht niederzulegen.«
    »So ein Schritt will wohl überlegt sein.«
    »Ich weiß. Noch dazu, wo Heidemarie komplett in Essig liegt, seit sie dieses unverfrorene Fax des Schützenverbandes gelesen hat.«
    »Ist sie trotzdem ansprechbar?«
    »Im Moment zwängt sie sich gerade in ihre Straps-Montur.«
    »Wozu das denn?«
    »Wir wollen gleich zu einem Protestmarsch durch die Altstadt aufbrechen. Rocky-Horror-Picture-Show-mäßig, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Bloß nicht! Ich meine – bloß nichts überstürzen! Wo sind Sie jetzt gerade?«
    »Bei mir zu Hause, Fichtendickichtstraße

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