Abgehauen
wegrutschen, daß einem alles aus der Hand fällt, da muß man sich doch fragen: Was ist jetzt hier eigentlich los? Reagierst du ganz falsch, oder ist jetzt hier wirklich was passiert, was über anderes, was dich auch schon getroffen hat, hinausgeht. Und die Reaktion ist sicherlich aus dieser Emotion heraus mit zustande gekommen. Und ich glaub, da kann ich jetzt für alle sprechen, die da als erste unterzeichnet haben, die übrigens nicht gewollt und gewünscht haben, daß sich dem andere anschließen. Wer mich gefragt hat, dem habe ich gesagt: Diese Liste ist abgeschlossen. Wir wollen keine Kampagne, wir haben uns das gut überlegt. Was ein anderer macht, ist eure Sache, aber überlegt es euch gut. Das war meine Meinung, und das war Stephan Hermlins Meinung und die anderer, die dort waren. Wir haben das jedem gesagt. Denn es kamen viele Fragen. Wir haben jedem gesagt: keine Kampagne, es handelt sich nicht um Erpressungsversuche. Wir haben das Bedürfnis, uns öffentlich zu äußern. Das war also die Genesis. Wahrscheinlich muß man dazu noch mehr sagen, auch fragen. Aber ich wollte erst mal wenigstens das sagen und möchte den Krug da sehr unterstützen: ob wir uns nicht überlegen können, gemeinsam, daß es eine Möglichkeit geben muß, auch anderslautende, sogar kontroverse, aber meistens ja differenzierte Meinungen zu Beschlüssen oder zu bevorstehenden Beschlüssen in der Presse oder anderen Massenmedien zu diskutieren.
Lamberz:
Warum nicht? Selbstverständlich.
Wolf:
Na ja, es ist nicht so selbstverständlich. Es ist wieder schwächer geworden.
Lamberz:
Das streite ich nicht ab. Aber das soll es nicht geben? Ich bitte Sie. Ich werde Ihnen ein paar Diskussionen schicken, wo es zwischen Kuczynski und Kosiolek Debatten gab über die sozialistische Ökonomie, in der Presse, in der Presse, vor dem VIII. Parteitag, und zwischen Hanna Wolf und Otto Reinhold, in der Presse: Man muß sie lesen, die gibt es. Und sehen Sie sich manches »Professorenkollegium« an im Fernsehen – mein Gott, was wird dort alles diskutiert, was gar nicht reinpaßt in einen engen sozialistischen Rahmen. Das ist doch so.
Krug:
Meinst du etwa die Professorenforen sonntags bei uns im Fernsehen?
Lamberz:
Ja, natürlich haben wir das im Fernsehen. Im Rundfunk und im Fernsehen.
Krug:
Du lieber Gott. Was soll denn da den Rahmen sprengen?
Adameck:
Moment mal, ich mache einen Vorschlag. Wir haben uns vorhin über die Zeit unterhalten. Wenn wir jetzt damit anfangen, müßten wir sowieso sagen: was im ND steht, vertreten wir; was im Fernsehen läuft, vertrete ich. Das führt zu nichts. Wir können hier nicht Einrichtungen kritisieren. Zweitens: Genosse Lamberz hat zu Anfang klar gesagt, über Biermann werden wir uns hier nicht einigen können, da habt ihr unterschiedliche Auffassungen. Wir müssen über die Frage reden, über die Situation, die jetzt entstanden ist. Und die wäre genauso entstanden, wenn wir auf die Dummheit verfielen, so was bei uns zu veröffentlichen. Jetzt ist eine Situation entstanden, die hättet ihr ein bißchen besser beeinflussen können. Das müssen wir auch mal in den Kreis stellen …
Jutta Hoffmann:
Warum erscheint so ein Artikel, von dem Christa Wolf gesprochen hat, wo einem wirklich das Zittern kommt? Warum erscheint das? Warum nicht das andere?
Adameck:
Jutta, warum redest du jetzt auch noch so?
Domröse sagt,
wenn der Text der Petition hier in der DDR erschienen wäre, hätte niemand ihn mißbrauchen können. Jeder hätte wissen müssen daß Biermann drüben nichts anderes singt und sagt als hier. Sie habe ebenfalls den Verdacht, daß der Rausschmiß geplant und von Anfang an gewollt gewesen sei.
Lamberz:
Angelica, wir haben ihn doch nicht eingeladen nach drüben.
Domröse sagt,
man finde empörenderweise Berichterstattungen über Biermann, wonach er gefaulenzt habe, während die Arbeiter in den Fabriken hätten arbeiten müssen.
Heym:
Er hat Hunderttausende von Devisen in die Deutsche Demokratische Republik gebracht.
Lamberz:
Hunderttausend Devisen! Wie denn? Möchte wissen, wo die liegen.
Heym:
Über die GEMA und AWA. (Anstalten zur Wahrung der Autorenrechte.)
Domröse sagt,
Biermann werde schlechtgemacht, er habe keine Möglichkeit, sich zu verteidigen, und der Leser werde nicht wirklich informiert. Sein Konzert in Köln habe den Rausschmiß nicht gerechtfertigt. Sie und Thate hätten auch die Absicht gehabt, Honecker zu
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