Abgehauen
da.
Adameck:
Aber irgendwo müssen Sie sie doch herhaben.
Lamberz:
Moment. Die von Frank Beyer ist ja noch gar nicht auf der Liste drauf, ist aber schon im Westen. Die hab ich ja heut morgen schon um 7.00 Uhr gehört! Also. Deshalb stelle ich die Frage. Ich sage wirklich das, was ich denke. Ich habe keine Angst, meine Meinung zu sagen, hab keine Angst, meine Meinung zu vertreten, ja? Wir müssen wirklich bald miteinander reden. Und verhaftet wird niemand, dafür geb ich meine absolute Garantie, meine Unterschrift. Niemand. Es wird nur jemand verhaftet, der andere Dummheiten macht …
Schlesinger:
Na ja, aber man kann Gesetze so und so auslegen.
Lamberz:
Ich garantiere, daß niemand für eine Unterschrift verhaftet wird. Wenn jemand irgendwo eine Gruppe organisiert, in ein Parteihaus geht, um dort zu erklären: Ihr seid alles große Schweine – gestern hat die Abteilung Kultur des Zentralkomitees solche Angriffe gekriegt, er war dabei, er hat’s erzählt, das hat auch nichts mehr mit euch zu tun –
Wolf:
Allerdings nicht.
Lamberz:
… Dann müssen wir uns dagegen wehren. Pardon: Das ist alles rausgekommen: rote Schweine, Banditen, weg mit euch. Das geht doch nicht! Wenn vorgestern diese Mannschaft von DYNAMO da drüben Eishockey spielt und das ganze Stadion brüllt: Hängt Ziesche, hängt Honecker, Freiheit für Biermann! Was ist denn das? Kennt ihr auch nicht? Lest die Westpresse.
Schlesinger:
Die kennen wir nicht.
Lamberz:
Kollege Heym, das sind die Auswirkungen.
Heym:
Das ist die Wirkung der Ausweisung von Biermann. Wir wollen das hier nicht auf die Dreizehn schieben.
Lamberz:
Moment! Moment! Das sind nicht die Auswirkungen der Biermannausweisung. Das sind die Aus Wirkungen dessen, daß andere Leute euch mißbrauchen. Ich möchte genauso wie ihr, daß ihr nicht mißbraucht werdet, weil ihr es nicht nötig habt, weil ihr andere Leute seid …
Krug:
Die Politik selber wird mißbraucht. Eine politische Entscheidung ist falsch, und schon wird sie mißbraucht. Sorgt ihr bitte dafür, daß ihr nicht selbst mißbraucht werdet, indem ihr schlechte politische Entscheidungen trefft.
Adameck:
Jetzt ist aber gut.
Lamberz:
Moment mal …
Krug:
Freilich ist sie schlecht. Gar nicht zu reden von der Form, in der das Ganze vorgetragen ist. Wenn man einen loswer den will, dann kann man ihn an die Grenze bringen und ihn da rausschmeißen. Aber nicht den Eindruck von Feigheit erwecken – bei mir jedenfalls – dadurch, daß man ihn rausläßt, das empfinde ich als heimtückisch, und dann sagt: so, Junge, jetzt bist du endlich draußen, weg mit dir. Das ist der Eindruck, der entstand in Westdeutschland im Volk und in der DDR bei vielen Leuten. Und diesen Eindruck mußtet ihr voraussehen. Dafür seid ihr Fachleute als Politiker. Es braucht nicht nur Herz, sondern auch politischen Verstand und politisches Vorausschauen.
Lamberz:
Du hast nicht mal unrecht. Denn wenn wir vorher gewollt hätten, hätten wir nach der Aufführung in der Kirche, die nicht angemeldet war und die auch ungesetzlich war, das machen können. Da haben die Genossen in der Regierung gesagt … Ich habe ja nie gesagt, daß wir das nicht wissen, ich habe ja nur gesagt, daß wir es nicht beschlossen haben. Ja? Das ist doch logisch, daß das Politbüro etwas davon weiß, von der Kirche. Da haben wir gesagt: also, so eine Dummheit. Warum macht er solche Dummheiten mit der Kirche! Schluß. Das war alles. Aber ich will noch etwas sagen: Wenn es Leute gibt, die solche Aktionen organisieren, werden wir sie verhaften. Und ich bitte doch, das nicht übelzunehmen.
Beyer:
Wir können da nichts weiter übelnehmen.
Lamberz:
Wir können nicht zulassen, daß unsere Partei von irgendwelchen Leuten angegriffen wird, fälschlich, und daß dann die Partei … Wir sind nicht Polen. Ja?
Schubert:
Andererseits haben wir, hab ich geglaubt, daß wir’s nicht zulassen können, daß ein politisch wichtiger Entschluß, den Biermann auszuweisen, offenbar leichtfertig getroffen wurde.
Krug:
20 Jahre lang – wenn einer von drüben gesagt hat: Polizeistaat – habe ich gesagt: Gönnt ihr euch erst mal einen, der bei euch so loslegt wie Biermann bei uns, und der bei euch nicht im Knast sitzt. Was sag ich denn jetzt ?
Lamberz:
Da hast du recht.
Krug:
Ich möchte es gern wieder sagen können.
Lamberz:
Ich bedanke mich für die Aussprache. Wir sind uns einig, daß
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