Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abgehauen

Abgehauen

Titel: Abgehauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Krug
Vom Netzwerk:
halb Menschenbild, halb Tierreich war … Einen Sozialismus serviert, Moment, einen Sozialismus »serviert«, der halb Menschenbild, halb Tierreich war …
     
    Schlesinger:
    Ich hab das ganz anders, ganz anders verstanden …
     
    Lamberz:
    Ja, aber lies ihn!
     
    Schlesinger:
    Ich hab’s ja gelesen, ich versteh’s anders …
     
    Krug:
    Wenn schon. Warum denkt keiner darüber nach, daß Biermann diesen Begriff im Grunde für eine positive Aussage benutzt hat? Warum nimmt man diesen halben Satz beim Wickel? Ich hab doch den Einmarsch erlebt 1945, als Kind zwar noch, die Angst ist mir noch heute …
     
    Lamberz:
    Woran messen wir denn diese Sachen? Was hat man mit den Amerikanern drüben erlebt? Woran messen wir denn das? Messen wir dies an der gestohlenen Uhr oder an der historischen Entscheidung, die gefallen ist!
     
    Wolf:
    Das ist doch keine Frage.
     
    Krug:
    Das soll auch keine Frage sein. Er meint eben auch die dunklen, die schlimmen Augenblicke, er meint auch Stalin.
     
    Lamberz:
    Aber das will ich dir sagen. Wenn einer in der Partei … Vielleicht sagt dir jemand was anderes, dann sage ich: der soll seine Mitgliedschaft überdenken. Wer behauptet, die Rote Armee hat uns einen Sozialismus »serviert«, der halb Tierreich war – das haben die Sowjet-Soldaten nicht verdient. Da gibt es ein Prinzip, ein eisernes Prinzip! Man kann Witze machen über zum Teufel welche Geschichten, aber doch nicht mit so ‘ner Sache.
     
    Heiner Müller:
    Ich hab das nie anders aufgefaßt als: Hier ist zum Sozialismus aufgebrochen worden mit einer Bevölkerung, die zum Teil durch den Faschismus …
     
    Lamberz:
    Nee. » … Hat uns einen Sozialismus serviert …« Ich kenne die Stelle: Die haben ihn mitgebracht, diesen Sozialismus haben die mitgebracht, das geht doch wirklich nicht! …
     
    Wolf:
    Über diese Sachen würde ich überhaupt nicht streiten. Nicht umsonst steht in diesem unseren Schrieb, daß wir uns eben nicht mit allem, was Biermann sagt und tut, identifizieren. Und so was würde dazugehören …
     
    Becker:
    Jetzt fangen wir an, was zu machen, was wir erklärtermaßen nicht tun wollten, über Details von Biermanns Konzert zu reden …
     
    Heym:
    Wir sind ja mit der Diskussion fertig. Was jetzt ist, das ist ein Pausengespräch, nicht mehr.
     
    Lamberz:
    Ja, aber das war ein wichtiges Pausengespräch. Klauen bei uns die Arbeiter auf dem Bau? Mich hat der Kohlmann angerufen, da hab ich gesagt: »Du, hör mal, wie ist das?« Sagt der: »Bei uns klauen sie auch, aber daß der …« Den kennt ihr, den Kohlmann?
     
    Schlesinger:
    Kohlmann?
     
    Adameck:
    Ist ein Brigadier.
     
    Lamberz:
    Kohlmann hat ein Drittel aller Häuser gebaut in Berlin. Hat zehn Jahre in einer Hinterhofwohnung gewohnt. Ein Charakter. Ein Charakter. Zehn Jahre im Hinterhof gewohnt, und die Häuser gebaut. All die großen … Leipziger Straße … Das ist Kohlmann mit seinen 27 Leuten. All die Baustellen. Da hab ich gesagt: »Wie ist das?« »Ja, bei uns fehlt schon mal ein Sack Zement. Aber daß einer drüben bei dieser Mistbande das singen muß und rumerzählen muß, nee. Der hätte zu mir aufn Bau kommen können, dem hätte ich gesagt, du hör mal, wieso passiert das. Das regt mich auf.«
     
    Krug:
    Der Biermann hätte zu ihm auf den Bau kommen sollen?
     
    Lamberz:
    »Und die Jungen in meiner Brigade haben gesagt: dem hauen wir den Arsch voll, wenn der zurückkommt.«
     
    Heym:
    Biermann konnte nicht auf den Bau kommen, dort singen.
     
    Lamberz:
    Er brauchte nicht zu singen. Er konnte auf den Bau kommen und diskutieren! Er ist doch beim Festival auch auf dem Alexanderplatz gewesen und hat gesungen.
     
    Heym:
    Genosse Lamberz, haben Sie das Programm angesehen, das der Biermann gemacht hat in Köln? Die ganze Sendung?
     
    Lamberz:
    Ja.
     
    Heym:
    Haben Sie nicht bewundert, wie der diese Zwischenrufe aufgefangen hat? Ich wünschte, daß unsere Genossen mal mit einer Versammlung zu tun hätten, wo solche Zwischenrufe kommen. Ich habe das ja letztens mitmachen müssen. Und daß er so geschickt und klug und so für die DDR und für den Sozialismus argumentiert hat, das müssen Sie doch anerkennen und bewundern. Noch kann er zurückkommen. Noch kann er. Noch mal: Versuchen Sie, versuchen Sie, eine Lösung zu schaffen, die auch für den Biermann bedeutet, daß er zurückkommen kann. Ich sage es Ihnen vom Herzen her.
     
    Lamberz:
    Ich habe mehrere Jahre im kapitalistischen Ausland gearbeitet. Ich habe nicht mit 7000 eine Debatte gemacht,

Weitere Kostenlose Bücher