abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)
Schröder-Fröse nahm das Stativ vom Tisch, legte es wieder auf den Boden und sagte in ihrem Therapeuten-Ton: »Das ist Ihr Exfreund, nicht wahr? Von dem Sie mir auf dem Hochsitz erzählt haben.«
»Ja.« Kommen wir der Sache also näher. Lass sie zur Abwechslung mal reden, Maggie.
»Wir haben ihn in Köln kennengelernt. Ein interessanter Mann – ich kann Ihren Kummer gut verstehen. Wollen Sie ihn zurückhaben?«
»Bitte?! Ich? Ihn zurückhaben? Nein. Wie kommen Sie darauf?«
»Alle Frauen wollen ihre Männer wieder zurückhaben, bloß nicht so, wie sie gerade sind. Alle Frauen wollen ihre Männer ändern … anstatt ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.«
»Ich will ihn nicht zurück. Ich will wissen, was Sie mit ihm angestellt haben.«
»Angestellt? Nichts natürlich! Ariadne macht einen Katalog für ihre nächste Ausstellung. Sie braucht Fotos.«
Ich wusste nicht mehr weiter. Sollte ich ihr einfach sagen: Frau Schröder-Fröse, ich glaube, Sie sind eine Mörderin? Und jetzt rücken Sie gefälligst meinen Ex raus, weil ich mir zwar immer gewünscht habe, er wäre tot, ich aber nicht will, dass er jetzt tot ist? Eine derart große Veränderung an ihm wollte ich gar nicht. Nicht jetzt, jedenfalls. Und dann? Was dann? Dann sagt sie: Ach, so – das meinen Sie. Kommen Sie doch bitte mit in den Keller, da liegt er nämlich noch. Sie können ihn wiederhaben, aber er ist jetzt doch ein bisschen anders, als Sie ihn in Erinnerung haben. Ich war gerade dabei, ihn zu portionieren.
Und plötzlich verstand ich die Pointe vom Ganzen. Wie soll bitte die Frau aussehen, die einen Kerl wie Sattelmann in den Wald schleppt und an einen Baum drapiert? Komplett weggetreten von einer Ladung K.o.-Tropfen. Ja, wie? Wenn ich mir die Forelle so anschaute, wog sie noch weniger als die grüne Elfe Rita. Das konnte sie nie und nimmer alleine geschafft haben. Wenn sie aussehen würde wie der Butch Ariadne, dann sollte es wohl keine Probleme geben. Und Sattelmanns Sekretärin hatte auch erst auf den zweiten Blick erkannt, dass es eine Frau war, die mit dem Hund vor Sattelmanns Tür gestanden hatte. Ariadne hätte auch genug Kraft, um einen alten Mann wie Fritz Hoffstiepel in die Knie zu zwingen und ihm eine Flasche Schnaps in den Hals zu rammen oder einen Bauunternehmer vom Gerüst zu schubsen und den Rettich zu ersäufen. Die schmeißt doch dauernd irgendwelche Steine durch die Gegend und hantiert mit Kettensägen und Hammer und Meißel herum. Die erledigt den Irrsinn, den sich die Forelle ausgedacht hat.
Ich muss hier weg. Ich muss die Polizei …
»Haben Sie ein Auto dabei?«
»Was?«
»Frau Abendroth, haben Sie ein Auto dabei? Ich sehe, dass es Ihnen wichtig ist. Wir fahren hin, und Sie treffen Ihren Exfreund.«
Mein Mund war trocken, und ich brachte keinen Ton heraus. Die Forelle schnäuzte sich noch einmal die Nase, stand auf und ging zum Gartentor. Ich taperte wie in Trance hinterher. Gleich werde ich mit einer Irren im Auto sitzen. Maggie, mach irgendwas! Irgendwas Sinnvolles! Lebensrettendes! Renn! Maggie renn!
Mit zitternden Händen schloss ich die Beifahrertür auf, und die Forelle setzte sich hinein. Ich ging langsam um das Heck des Autos herum und ließ meine Tasche fallen, griff hinein und wollte den Notruf wählen. Der Akku von Gracias Handy war leer.
Als ich mich ins Auto setzte, lächelte die Forelle immer noch.
Sie lotste mich auf die Landstraße zurück, zunächst in Richtung Berkelbacher Hof. Dann bogen wir aber fast zwei Kilometer vor der alten Wasserburg rechts ab und folgten einem holprigen Waldweg. Als ein solides, dunkelrot gestrichenes Holzhaus im Wald in Sicht kam, schaute ich die Forelle direkt an. Bis auf ihren Schnupfen wirkte sie ganz entspannt. War sie so verrückt, wie ich dachte? Oder war sie ganz und gar unschuldig? Wusste sie vielleicht gar nicht, was ihre Lebensgefährtin in ihrer Freizeit so trieb?
Der Opel rumpelte die letzten Meter auf dem Weg entlang. Das inflationäre Aufkommen von Holzskulpturen und Steinen in allen Größen sagte mir, dass wir am Atelier von Ariadne angekommen waren. Vor dem schmiedeeisernen Tor saß ein in Stein gehauener Golden Retriever. Nike in Carrara-Marmor. Auf dem Grundstück parkte ein alter, grüner Jeep, von dessen Ladefläche die echte Nike aufsprang und uns freudig entgegenhechelte. Daneben der mitternachtsblaue Volvo mit dem Kölner Kennzeichen.
Die Forelle legte ihre Hand auf meinen Arm. »Was spielen Sie für ein Spiel, Frau Abendroth?«
»Ich? Gar
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