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abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

Titel: abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Sieht es »kurz vor Moskau« so aus wie hier in dieser Küche? Ist es das, wovor meine Oma selig sich einst gefürchtet hatte? Russen mit Putzfimmel?
    Ich atmete heftig aus – ich hatte die Luft angehalten und dicke Backen gemacht. Auf der Stelle war ich dafür, zumindest diesen Russen sofort aus Deutschland abzuschieben. Schon allein wegen der geschrubbten Bialetti war ich geneigt, das Erschießungskommando zu bestellen. Und was bildete sich Winnie eigentlich ein, den Kerl einfach hier zu parken – ohne mich zu fragen!?
    Ich hinterließ etwas Zigarettenasche auf der blitzblanken Arbeitsplatte, schleppte meine Spaghettischüssel, über deren Rand das Olivenöl aufs gewienerte Parkett tropfte, zum Wohnzimmer und warf mich samt Schuhen und Mantel auf die tipptopp gebürstete gute Couch. Es kostete mich einige Mühe, die Kissen wieder in die Position zu knautschen, in der ich sie vor drei Wochen verlassen hatte. Mein Kissenklumpen am Kopfende war perfekt gewesen, um die richtige Sitzposition einzunehmen, nämlich die Spaghettischüssel auf den Knien zu balancieren und dabei fernzusehen.
    Jetzt konnte nur noch Eurosport helfen, am besten dahinpläschernde Dauerturniere im Sumo-Ringen, und das bitte die ganze Nacht.
    Kaum lag ich anatomisch korrekt vor dem Fernseher, hörte ich Winnies Auto vorfahren. Na endlich! Bevor ich mich vom Sofa hochrappeln konnte, um ihm den gebührenden Empfang zu bereiten, sah ich Nikolaj die Treppe herunterkommen.
    Auftritt:Der Prinz erreicht den Schwanensee. Große Promenade und Applaus. Seine Haare waren aufs Korrekteste im Wet-Look gestylt. Seinen Latissimus hatte er in ein Matrosen-T-Shirt von Gaultier gezwängt. Ich schwöre, man konnte jede einzelne Rippe sehen, und auf seinem Sixpack hätte ich gerne meinen letzten Atemzug getan. Mit leicht nach außen gedrehten Füßen schritt er zum Steinway. Dabei ließ er mir genug Zeit, seinen perfekten Hintern in einer perfekten Jeans zu begutachten. Und perfekt ist gar kein Ausdruck: Sein Anblick war die reinste Körperverletzung! Er hielt mir lächelnd einen kleinen Packen Briefe entgegen. Wie viel Anmut man in das Überreichen von Post stecken kann – vorausgesetzt, man hat die richtigen Arme und Beine dafür … aber eine kleine Pirouette hätte er eigentlich noch abliefern können.
    »Dein Freund aus dem Gefängnis hat nicht geschrieben, soll ich dir ausrichten, hat mein Tortiki gesagt«, flötete es von seinen wunderbar geschwungenen Lippen.
    Ich hatte gerade den Mund voll Nudeln und nickte nur. Dabei hätte ich zu gerne gewusst, was Tortiki bedeutet, hoffentlich etwas Peinliches, das ich zukünftig gegen Winnie verwenden konnte. Da ich wegen der Spaghettischüssel keine Hand frei hatte, legte Nikolaj die Briefe wieder ordentlich auf den Flügel.
    »Wir gehen aus. Oma Berti hat uns eingeladen. Winnie will mich vorstellen.«
    Ich starrte aus reiner Notwehr wieder angestrengt auf den Fernseher und schob noch eine Gabel Spaghetti nach.
    »Es war schön, dich kennengelernt zu haben. Bis morgen«, sagte er. Ich hörte die Haustür zufallen, der Motor wurde angelassen, und weg waren sie – mein schwules, rothaariges Polizeischlachtschiff und der neue, böse Prinz. Im Wohnzimmer hing der Pesthauch von Cool Water.
    Und ich? Ich hatte noch nicht einmal einen Brief aus dem Knast.

07
    Montag. High Noon in Bochum. Die Sonne hatte den Asphalt erhitzt und die Luft flimmerte. Nur wenige Menschen in der Bochumer City wagten es, sich in der brütenden Hitze auf der glühenden Viktoriastraße blicken zu lassen. Meine verschwitzten Locken klebten mir im Nacken wie ein klatschnasser Hermelin. Irgendwo in der Stadt heulte eine Autoalarmanlage auf. 10.30 Uhr – Zeit zu handeln.
    Ich schnippte meine brennende Zigarette weg und stieß die Tür von Wilmas Friseursalon mit dem Stiefel auf. Meine Sporen klirrten leise. Ohne mich umzusehen, ging ich am Empfang vorbei und stellte mich breitbeinig mitten in den Salon, schob mir mit der Linken den Stetson in den Nacken, während meine rechte Hand locker am Holster ruhte. Ich spürte zufrieden den blanken Stahl meines Revolvers. Ich war bereit. Bereit, schneller zu ziehen als mein Schatten.
 
REGIEANWEISUNG
SLOWMOTION
EIN FÄCHER SCHWARZER HAARE. SCHWARZE HAARE FLIESSEN WIE SCHWARZER SAMT DURCH DIE FINGER DER FRISEURIN.
 
O-TON: DAS KLIRREN DER SPOREN, DAS SCHNIPPEN DER SCHERE, VEREBBENDE GESPRÄCHE
    Unsere Blicke trafen sich im Spiegel. Ich entsicherte meinen Peacemaker. Das Klicken des Abzughahns – Wilma war

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