abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)
Außerdem hat sie ja ein neues, abendfüllendes Hobby: das Rätsel der abgehackten Hand.
Und Herr Matti? Der wird verstehen, dass ich morgen nicht kommen kann und dass ich ab übermorgen in einer anderen Stadt wohnen werde.
Maggie, du hast hier deine Schuldigkeit getan – du kannst jetzt gehen.
Ich setzte mich auf die warmen Terrassenfliesen. Mein Nachbar war mit dem Rasenmähen fertig. Eine leichte Brise wehte zuerst den Duft von geschnittenem Gras gemischt mit Grillwürstchen über den Zaun und als Nachhut die Melodie von What a difference a day makes. Ich wischte mir eine kleine Träne aus dem Augenwinkel. Jetzt bloß keine Sentimentalitäten. Um mich abzulenken, konzentrierte ich mich darauf, perfekte Rauchkringel in die laue Abendluft zu blasen. Cyrano de Bergerac … Herr Matti, Sie kommen auf Sachen!
What a difference a day makes. Twenty-four little hours …
»Dann wollen wir mal«, ermahnte ich mich und ging mutig zum Geräteschuppen. Nach dem Rasenmähen kann ich immer noch melancholisch werden oder mich endlich auf morgen vorbereiten.
Der Kater lauerte unter einer Tanne. Ich hatte ihn schon längst gesehen. Auch der glaubt, er wäre schlauer als ich. Na warte – ich schaute demonstrativ in die andere Richtung. Dr. Thoma kam angesaust und stürzte sich auf meine nackten Füße. Bevor er auch nur mit seinen Krallen ausholen konnte, hob ich ihn hoch. Das Miauen blieb ihm im Halse stecken.
»Na, Dickmops, njet Sheba. Du verstehen? Du dir fangen Mäusitschki.«
»Rrrrrrrrrrrt«, kam es drohend aus seinem dicken Bauch.
»Und nix legen blutige Mäusitschki auf Advokatskis teure Treter. Verstanden?«
Der Kater wand sich wie ein Aal und fuhr die Krallen aus. Ich setzte ihn schnell wieder auf dem Boden ab, bevor meine Pulsadern in Gefahr geraten konnten.
Er schaute mich mit großen Augen an und drehte dabei sein perforiertes Kämpferohr hin und her. »Benimm dich gefälligst, oder ich lass dich hier und du wirst den Dom niemals sehen, geschweige denn die ausnehmend gut aussehenden Kölner Katzendamen.«
Der Kater gähnte ausgiebig, streckte sich gelangweilt und ließ sich auf die Seite fallen. So viel zum Wir-Gefühl.
Ich schloss den Geräteschuppen auf, zerrte und zog, bis ich endlich den Rasenmäher aus dem Wirrwarr der Gerätschaften herausgewürgt hatte, und stöpselte das Kabel ein. Dann drückte ich voller Heldenmut auf »Power«. Der Rasenmäher gab einen heulenden, klagenden Ton von sich, dann ein scharfes, gefährlich schrappendes Geräusch, als würde man mit einem Handmixer Kies zerkleinern, und dann flogen im ganzen Haus die Sicherungen raus. Der Kater schreckte hoch und schoss mit gesträubtem Fell über den Gartenzaun.
Mein Nachbar zur Linken, Grillmeister und Liebhaber alter Lovesongs, ließ ein röhrendes Lachen hören. Im nächsten Moment lehnte er lässig am Gartenzaun und sagte: »Scheiß Golfbälle. Da machse nix mehr.«
09
Dienstagmorgen. Der Countdown für mein Comeback in Fernsehland lief. Ich war gut in der Zeit.
Meine elektrische Zahnbürste machte brrt-brrt-brrt. Dr. Thoma kam ins Bad geschlendert und machte auch brrt-brrt-brrt, was bei ihm heißt, dass er sein Frühstück auf der Stelle haben möchte. Ich war aber nicht willens, meine zwei Minuten Zahnputzmeditation zu unterbrechen, und schob den Kater mit meinem nackten Fuß an die Seite. »Hey, Dickmops, du weißt doch, wo ich heute hinfahre!«, nuschelte ich durch den Zahnpastaschaum.
»Brrt-brrt-brrt«, machte Dr. Thoma. Er klang gelangweilt. Na gut, ich hatte es ihm gestern Abend bestimmt einmal zu viel erzählt.
»Die böse Fee hat ihre Macht über mich verloren. Sie ist an mir gescheitert.«
»Brrt-brrt.«
Der Kater rümpfte die Nase, als wollte er sagen: »Oh boah, Alte, ich hab’ es begriffen«, und ging aus dem Bad.
Während mir das warme Wasser aus einem neuen, tellergroßen Duschkopf, Marke Samoa Rain, über den Körper rieselte, machte sich plötzlich ein störender Gedanke breit. Was, wenn ich in Köln dem Knipser über den Weg laufe? Köln ist nicht so groß, wie allgemein angenommen wird. Besonders der Inzuchtbereich der Medienbranche kann klaustrophobische Anfälle hervorrufen. Den Fernsehfuzzis gehört von Frechen bis zum Dom schon alles. Man kann in keinen Laden gehen, ohne auf Leute zu treffen, die man vom Job kennt. In jeder Umkleidekabine kann der Feind lauern. Und sei es nur, um mitzukriegen, dass man die Hose eine Nummer größer braucht. Fernsehen wird nicht in großen Gebäuden mit
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