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abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

Titel: abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Schuhspitze verriet, dass Dr. Dr. Herzig nervös war.
    »Das hat Matti gesagt?«, fragte ich fassungslos. »Ich verschwende seinetwegen meine knappe Zeit?«
    Er nippte an seinem Espresso.
    »Mit anderen Worten, Sie haben es noch immer nicht geschafft, Matti davon zu überzeugen, auf minderschweren Totschlag zu plädieren?! Hab’ ich Recht? Und Matti meint, wenn wir beide nicht mehr miteinander konferieren, dann tun Sie endlich das, was er will? Und vor meinen Standpauken wäre er dann auch sicher?«
    Er nickte.
    »Da hat er sich aber in den letzten drei Wochen was richtig Gutes ausgedacht.« Ich knüllte den Brief von Matti zusammen und knallte den Papierball auf den Schreibtisch. Tja, Herr Matti, wer nicht will, der hat schon. Da rede ich mir den Mund fusselig, aber der finnische Schweiger benimmt sich wie ein anatolischer Esel. Herzig stellte vorsichtig die Espressotasse auf dem Couchtisch ab. Mit eleganter Geste strich er sich über die Schläfen. Als er endlich mit seinen Haaren fertig war, seufzte er, legte seine schlanken Fingerspitzen, gekrönt von polierten Fingernägeln, aneinander und blickte angestrengt an ihnen vorbei auf den Fußboden.
    Meine Geduld sank in den roten Bereich. Ich hatte mir für den Abend eigentlich vorgenommen, mich auf das morgige Meeting in Köln vorzubereiten. Probelaufen mit den neuen Stiefeln vor allen Dingen. Und mein neues Notebook entjungfern, um das alte Konzept, das der Rettich und ich einst zusammen geschrieben und das er jetzt verkauft hatte, zu lesen. Er hatte mir am Telefon versichert, dass er nicht ein Wort davon geändert hatte. Ich müsste mich also aus dem Stand zurechtfinden. Wenn der wüsste.
    Aber noch saß Herzig auf dem bösen Sofa und studierte die Holzmaserung im Parkett.
    »Dr. Herzig, wenn Sie mir netterweise versprechen, dass dieses Gespräch rein privater Natur ist und Sie es Herrn Matti nicht in Rechnung stellen, warte ich auch noch, bis Sie zu Ende meditiert haben.«
    Er setzte prompt sein Mandantenlächeln auf: schnelles Hochziehen der Mundwinkel, kurzes Klappern mit den Wimpern – und danke für den Witz. Diese wirklich nur Millisekunden dauernde Performance war das Geheimnis seines Erfolges. In diesen flüchtigen Momenten sah er aus wie ein echter Mensch.
    »Entschuldigen Sie, Frau Abendroth. Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Aber in meiner langjährigen Karriere als Strafrechtsanwalt, erfolgreicher Strafrechtsanwalt möchte ich betonen, ist mir ein solcher Fall noch nicht untergekommen. Jeder Mensch tut doch alles dafür, um das Strafmaß in irgendeiner Form zu mindern. Und ich als sein Anwalt tue alles dafür, um das zu ermöglichen – wenn es denn halbwegs legal ist. Dafür werde ich schließlich bezahlt … Aber so, wie sich Ihr Freund aufführt, kann er auch einfach in den Gerichtssaal marschieren, zu allem, was der Staatsanwalt sagt, nicken und für die nächsten zehn Jahre in den Knast gehen. Salopp ausgedrückt.« Er zupfte einen unsichtbaren Flusen von seiner Hose, zeigte kurz den echten Menschen und fuhr fort: »… nur um Sie zu beruhigen, ich werde dieses Gespräch nicht in Rechnung stellen. Ich war gerade zufällig in der Nähe. Macht keine Umstände.«
    »Und ob mich das beruhigt.«
    »Tja, was soll ich dann Ihrer Meinung nach noch tun, damit er zur Vernunft kommt? Mit meiner Hilfe und seinem Einsehen können wir es schaffen, im Fall Sommer mit minderschwerem Totschlag aus der Sache herauszukommen. Sogar mit Bewährung. Mit einer klitzekleinen Korrektur der Wahrheit könnte ich es als Unfall darstellen! Und er hat Ihnen immerhin das Leben gerettet. Und die kleine Freiheitsberaubung von Bartholomae, Schnickschnack, das wird jeder einsehen, war Nothilfe. Und zwar reinsten Wassers, da gibt es nichts zu diskutieren.«
    Herzig verzog das Gesicht. Ich war überrascht – eine neue Performance. Mensch mit Mitgefühl. Whow.
    »Meine Güte, Frau Abendroth, er könnte, dank mir, nach dem Prozess ein freier Mann sein. Vielleicht auf Bewährung, aber immerhin. Er könnte weiter seinen Beruf als Thanatopraktiker und Bestatter ausführen … und … er könnte weiter in Deutschland bleiben, wenn er wollte. Und anscheinend will er das ja.«
    »Hat er das gesagt?«
    »Nicht direkt. Er hat das Bestattungsunternehmen gekauft.«
    »Matti hat was? Welches Bestattungsunternehmen denn?«, fragte ich fassungslos.
    »Wie viele kennen Sie denn persönlich?«
    Endlich begriff ich. »Er hat Pietät Sommer gekauft? Wann? Wovon? Vor allem warum?«
    Herzig

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