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abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

Titel: abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Matti,
    wie Ihnen, dank Dr. Herzig, sicherlich schon zugetragen wurde, hat Oma Berti mich mit Beschlag belegt – ich helfe ihr seit ein paar Tagen im Kiosk. Und wie ich das finde, hat er Ihnen wahrscheinlich auch nicht vorenthalten. Für heute sind alle Blagen mit Negerkussbrötchen und Lakritzschnecken versorgt, Herrmanns und Borowski, meine Quälgeister, erwarte ich etwas später. Genug Zeit, Ihnen eine unglaubliche Geschichte zu berichten, interessanter jedenfalls als meine magere Arbeitsplatzbeschreibung: Also, gestern bin ich mit Berti auf einem vorgezogenen Leichenschmaus in Recklinghausen gewesen. Es war der Startschuss für die unspektakulärste Beerdigung, die Recklinghausen je sehen wird – oder besser gesagt, nicht sehen wird – denn niemand wird eingeladen.
    Aber alles der Reihe nach: Oma Berti und ich sind zu einem Umtrunk mit Häppchen zu Carmen Sawatzki, der Bauunternehmersfrau, nach Recklinghausen gefahren. Wir dachten, dass es sich um ein spontanes Treffen der Kurfreundinnen handeln würde. Mia Hoffstiepel, Oma und ich waren auch die einzigen Gäste. Wenn wir schon ein wenig irritiert waren, dass Carmen uns mit einer Sonnenbrille auf der Nase und bandagierter rechter Hand empfing, waren wir kurz darauf geschockt, als wir hörten, dass ihr Gatte, den sie nicht mehr besonders gut hatte leiden können, in Essen-Steele vom Baugerüst gefallen ist.
    Und damit waren wir beim Anlass für ihre Einladung angekommen, nämlich, ihren neuen Familienstand als frisch gebackene lustige Witwe mit uns zu begießen und mich als Bestattungsberaterin zu konsultieren. Sie wollte sich nicht hilflos den Klauen des örtlichen Beerdigungsunternehmens ausliefern, ohne mich vorher gefragt zu haben, was denn das Billigste sei. Der Bestatter vor Ort hatte schon erklärt, was die Recklinghäuser Gesellschaft von ihr als Witwe erwartet, wenn ein wertvolles Mitglied der Bauunternehmerschaft das Zeitliche segnet. Offensichtlich war Carmen da anderer Meinung, vor allem, was das »wertvoll« betrifft.
    Mia war sehr befremdet und wusste minutenlang nicht, wohin sie gucken sollte. Oma Berti starrte Carmen ganz lange an, sagte aber auch kein Wort. Mia hat Carmen dann rundheraus gefragt, ob sie irgendwelche Tabletten genommen hätte, aber die hat nur gelacht und gesagt:
    »Ganz im Gegenteil. Ich bin nüchtern wie nie.«
    Carmen wollte von mir alles ganz genau wissen, und ich habe ihr alles erklärt: über anonyme Erd- und Feuerbestattung und die ungefähren Kosten dafür. Carmen hat sich alles sorgfältig notiert und sich sehr für die anonyme Feuerbestattung erwärmt. Mehr wollte sie ihrem toten Gatten nicht zubilligen. Als ich ihr dann noch erklärte, dass sie ihren Mann auch in Holland beisetzen lassen kann oder in Polen und gar nicht dabei sein muss, wenn es passiert, war sie rundum zufrieden.
    Darauf noch einen Champagner.
    Nach dem dritten Glas (ich habe nicht mitgetrunken!) hat Carmen über ihre Gründe gesprochen, den verblichenen Gatten soweit wie möglich von ihr entfernt begraben zu lassen. Was Mia noch mehr aufgeregt hat. Ein wenig hatten wir ja schon in Bad Camberg mitgekriegt, aber diesmal packte Carmen alles auf den Tisch. So viel will man über eine Bekannte dann doch nicht wissen. Berti hat zu allem nur genickt und zum Schluss gesagt, dass sich manche Probleme von allein erledigen – man müsse nur auf die Hand des Schicksals vertrauen. Und die sei ja wohl in diesem Falle zu Carmens Vorteil im Spiel gewesen. Denn als Carmen aus der Kur zurückgekommen war und ihrem prügelnden und saufenden Bauunternehmer-Ehemann eröffnet hatte, dass sie die Scheidung will, hat er genau das getan, was er immer tat: Er hat sich zuerst ordentlich abgefüllt und dann Carmen nach Strich und Faden zusammengeschlagen. Diesmal allerdings hat sie die Polizei angerufen, und ihr Mann wurde in Gewahrsam genommen. Carmen blieb über Nacht im Krankenhaus. Von dort hat sie in ihrer Not die Forelle angerufen, die ihr geraten hat, ihn nie wieder ins Haus zu lassen und Nägel mit Köpfen zu machen. Der Gatte ist dann auch nicht mehr nach Hause zurückgekehrt, sondern netterweise vorgestern total betrunken vom Baugerüst gestürzt.
    »Also kommt der ganz weit weg. Nicht, dass ich noch mal sentimental werde und sein Grab besuchen gehen will. Jetzt muss er sehen, wie er klar kommt. Prost Mädels, ab jetzt mach’ ich endlich mal, was ich will.«
    Nach dem vierten Glas Champagner hat Carmen die Reisekataloge auf den Tisch gepackt. Sie wollte unseren Rat,

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