abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)
zwei leeren Bierflaschen in der Diele und stellte sie in den Leergutkasten. Natürlich ging sie nicht in die Knie, sondern beugte ihren Rücken, um die Flaschen abzustellen.
»Nix. Berti, du sollst doch in die Knie gehen, nicht bücken.«
Sie richtete sich mit hochrotem Kopf auf und stemmte beide Hände in die Hüften.
»Du sollz au’ mal nett zu deinen Freunden sein und nich immer streiten.«
Ich wollte an ihr vorbei in den Kiosk zurückgehen, aber sie versperrte mir den Weg. »Hömma Maggie, dat mit Wilma, dat is doch viel zu wichtich, als dat du dich wegen’em Kerl mit der streitest, oder?«
Na toll, wer hat denn da schon wieder getratscht? In dieser Mischpoke blieb doch nichts privat. Ob Herrmanns und Borowski schon eine heimliche Wette laufen hatten, ob Wilma und ich uns je wieder vertragen würden?
Berti nahm zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank und drückte mir eine in die Hand. »Vorne is nix los. Herrmanns und Borowski üben Rechnen. Komm gezz ma mit.«
Sie ging durchs Wohnzimmer auf die kleine Terrasse und spannte den gelben Sonnenschirm auf. Dann ließ sie den Bügelverschluss der Flasche ploppen und trank gemütlich ein paar Schlucke Bier im Stehen. Ich stand unschlüssig neben dem Sonnenschirm und wusste nicht, was ich von diesem Vier-Augen-Gespräch, das sich offensichtlich gerade anbahnte, halten sollte. Bis jetzt hatte sich Berti nicht wirklich in meine Angelegenheiten eingemischt. Ab und zu gab es mal einen kleinen Knuff in die Seite oder einen typischen Oma-Berti-Spruch, aber das war auszuhalten. Sie klappte einen Gartenstuhl auf und ließ sich ächzend darauf nieder. »Setz dich ma.«
»Berti, ich wollte noch die Remittenden fertig packen …«
»Bisse taub?!«
Na gut, bevor ich mich schlagen lasse.
Ich nahm mir auch einen Stuhl und setzte mich an den Gartentisch. Die Bierflasche ließ ich lieber zu.
»Wie alt bis du gezz?«
»Fast 38.«
»Und du streitest dich mit deine beste Freundin, als wärsse zwölf.«
»Ich hab’ auch allen Grund dazu. Die benimmt sich ja auch wie zwölf. Was fährt die mit meinem Ex nach Rom?! Angeblich alles rein professionell. Aber das weißt du ja bestimmt schon alles. Oder hat Winnie die Geschichte nicht zu Ende gepetzt?«
»Hömma gut zu. Ich will dir ma wat erzählen. Ich war 34, als meine beste Freundin gestorben is. Ich hab’ immer gedacht, ich hätte die Weisheit mit’em Löffel gefressen. Meine Freundin, die hieß übrigens Hilde, war immer so’n Filou. War ja auch viel jünger als ich. Dauernd irgendwelche Männer am Start, ’n unehelichet Kind von so ’nem Schiffschaukelbremser vonne Cranger Kirmes, und ich immer am Predigen: Hilde, werd doch ma vernünftig, such dir ma’nen richtigen Mann, denk an dein Kind … Kannz doch nich immer inne Kneipe arbeiten und auffem Tisch tanzen und so …«
Oma Berti schaute mich an, als wollte sie sich vergewissern, dass ich bis dahin auch wirklich mitgekommen war. Sie nahm noch einen tiefen Zug aus der Bierflasche und fuhr fort: »Aber plötzlich war allet vorbei. Eben war’se noch bei mir gewesen, mit dem kleinen Winnie, weil der den Nachmittag bei mir anne Bude bleiben sollte. Sie wollte mit ihre neue Flamme ’ne kleine Spritztour auffem Moped machen. Ich wollte den Winnie aber nich nehmen, weil ich selber abends wat vorhatte. Jedenfalls, auf ihren komischen Italiener konnt ich damals schon gar nich. So’n Angeber – eigene Eisdiele und so. Aber egal. Der Winnie is dann mit dem Herrmanns nach’n Schwimmbad ins Wiesental hier umme Ecke. War der Junge also versorgt. Hilde hat versprochen, rechtzeitig widder da zu sein. Und dann … Die Hilde mit ihrem Giancarlo auffem Moped ab nach Essen inne Gruga.«
Ich starrte angestrengt die Bierflasche auf dem Gartentisch an und ahnte bereits, was kommen würde. Ich wollte es nicht hören.
»Am Abend sitzt der Winnie bei mir rum. Hilde immer noch nich’ wieder da. Konnt’ ich dat Kino vergessen und den Borowski auch. Der stand mit Karten für Bonny und Clyde vorm Kino, und ich nich da. Ich hatte richtich Brass auf die Hilde, und dann klingelt die Pollzei. Auffem Rückweg anne Wattenscheider Straße war der Ausfluch zu Ende gewesen. Die waren beide sofort tot. Die Hilde und ihr Giancarlo. Und wat ich damit sagen will, is …«, Oma Berti nahm noch einen großen Schluck Bier, »… dat lohnt allet gar nich. Dat Gestreite und Gezoffe. Glaub’et mir.«
Ich drehte die kalte Bierflasche in meinen Händen hin und her. An irgendwas musste ich mich
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