abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)
feiert bestimmt mit dir, wenn alles vorbei ist.«
»Ich schicke ihm ein SMS. Damit er weiß, dass ich an ihn denke.«
»Er weiß, dass du an ihn denkst. Er denkt bestimmt auch an dich. Warte einfach ein paar Tage ab, er wird hier vorbeikommen, sobald er kann. Ich soll dir sagen, dass er sich über das T-Shirt gefreut hat. Er sagt, du hast einen sehr guten Geschmack.«
Nikolaj seufzte, schlurfte aus der Küche und warf sich im Wohnzimmer aufs gute Sofa. Dr. Thoma rollte sich so auf seinem Waschbrettbauch zusammen, dass die Schnurrhaare Nikolaj auf jeden Fall unterm Kinn kitzeln mussten.
Geht das jetzt schon los! In drei Tagen werde ich hier das volle Drama-Queen-Sehnsuchtsprogramm, Zusammenbrüche inklusive, haben. Winnie, beeil’ dich bitte.
Ich ging in mein Zimmer und versuchte, ein paar Sachen zu finden, die ich am Dienstag zu Rettichs Trauerfeier anziehen konnte. Außer einer schwarzen Jeans, die ich in die Waschmaschine stopfte, fand ich nichts. Also war ich wohl gezwungen, Wilmas Angebot anzunehmen. Vielleicht irgendeine Bluse, die ihr zu groß war. Das würde mir schon reichen.
In dieser Nacht schlief ich sehr unruhig. Immer wieder sah ich Sattelmann am Baum hängen. Mal flehte er um sein Leben, mal spuckte er Geldscheine aus wie ein Geldspielautomat, der die goldene Serie raushaut. Irgendwann zwischen drei und vier Uhr ging ich ins Bad, um mir ein Glas Wasser zu holen. In der Badewanne saß Nikolaj und starrte auf die Kacheln. Der Kater saß im Waschbecken und meditierte den Wasserhahn an.
»Nikolaj, geh ins Bett. Du wirst schrumpelig. Was soll denn dein Tortiki sagen, wenn du voller Falten bist?«
Aber Nikolaj schien in andere Sphären abgetaucht zu sein und gab mir keine Antwort. Dr. Thoma schaute kurz zu mir rüber und kniff einmal die Augen zusammen, so als wolle er mir signalisieren, dass er das alles im Griff hatte.
Na ja, ich kann mir das Glas Wasser auch unten in der Küche holen.
»Warum darf ich nie mit ihm nach Hause gehen?«
»Was?« Ich war schon halb aus der Tür gewesen.
»Er hat mich noch nie eingeladen … in sein Haus.« Ich ging wieder zurück und setzte mich auf den Toilettendeckel.
»Was?«
»Wie ich es sage. Ich kenne sein Zuhause nicht.«
»Ja, wo seid ihr denn dann? … Äh … ich meine … wo habt ihr die Nächte verbracht?«
»Manchmal hier – und dann waren wir in Amsterdam, bei meinen Freunden. Und hier waren wir zweimal im Hotel. Ich weiß nicht, wo er schläft, wenn er nicht hier ist.«
»Aha?!« Ich steckte mir eine Zigarette an. Nikolaj streckte seine vom Wasser schrumpelige Hand aus der Badewanne und wollte auch eine. Ich gab ihm meine. Was hatte ich doch für einen geheimnisvollen Kumpel. Winnie, Winnie … was hat das zu bedeuten?
»Du hast gesagt, er hat jetzt viel zu tun. Das verstehe ich. Aber ich könnte doch alles für ihn machen. Ich könnte für ihn kochen und da sein, wenn er müde nach Hause kommt.«
»Nikolaj, wenn er das will, dann wird er dir das sagen. Warte einfach ein bisschen ab, bis sich die Aufregung der ersten Tage gelegt hat. Winnie ist okay, glaub mir.«
Nikolaj zog umständlich an der Zigarette und hustete.
»Hat er dir gesagt, warum ihr nicht in seine Wohnung geht?«
»Ich habe ihn nicht gefragt.«
Tja, ich hatte ihn auch noch nie gefragt. Irgendwie war das nie zwischen uns zur Sprache gekommen. Entweder war Winnie weg oder er war hier.
»Tröste dich, Nikolaj, ich war auch noch nie dort.« Eine Retourkutsche zum Thema Ich-habe-in-seine-Seele-gesehen war jetzt wohl fehl am Platze.
»Aber du bist seine beste Freundin.«
»Ich dachte, du bist seine große Liebe?«
»Vielleicht haben wir uns geirrt. Vielleicht gibt es jemand anderen.«
»Nein, Nikolaj, Winnie hat keinen anderen. Das wüsste ich.«
»Es muss einen anderen geben. Und wenn du auch nie in seiner Wohnung warst, dann weißt du es gar nicht«, sagte er traurig und tauchte in der Badewanne unter. Seine blonden Haare schwammen auf dem Wasser.
Im Wohnzimmer klingelte das Telefon. Ich lief nach unten und ging ran in der Hoffnung, es sei Winnie, der sich daran erinnert hatte, dass hier um vier Uhr morgens eine empfindsame Seele auf ein Lebenszeichen von ihm wartete. Aber es war Oma Berti, die ohne Umschweife sagte: »Kannze auch nich schlafen?«
»Nee, jetzt bestimmt nicht mehr.«
»Hömma, findes du nich, dat et gerade total viele Männer gibt, die plötzlich, aber sehr passend, abnippeln?«
»Hä?«
»Denk ma drüber nach.« Und schon hatte sie
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