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Flüssigkeit, Elektrolyt genannt. Am Ziel, also an der Anode, die heute in der Regel aus Graphit besteht, lagern sie wieder an. So lange, bis alle verfügbaren Ionen den Platz gewechselt haben und die Ladestandsanzeige signalisiert: Der Akku ist voll. Das Entladen funktioniert genau umgekehrt. Sobald man einen elektrischen Verbraucher anschließt, zieht der die Elektronen aus der Kathode, und die Lithium-Ionen können in ihre Heimat zurückwandern. Es ist evident, warum man beim Lithium-Ionen-Akku auch von »Schaukelstuhl-Batterie« spricht.
Die einfachste Möglichkeit, die Speicherfähigkeit zu erhöhen, ist, die Lithium-Menge zu erhöhen. Heutige Akkus bestehen nur zu ein bis zwei Prozent aus Lithium, der Rest ist die notwendige Verdünnung, damit die per se explosionsgefährdete Batterie auch sicher funktioniert. Dies zeigt schon, dass Reichweite nur ein Kriterium für die Antriebsbatterie eines Autos ist. Neben der Sicherheit sind vor allem Zyklenstabilität (also geringe Abnutzung bei vielen Be- und Entladungen), Dynamik (schnell viel Energie aufzunehmen oder abzugeben) und letztlich Kosten wichtig.
Mehr Lithium bei gleichem Gewicht und Bauraum oder ganz andere, auf jeden Fall leistungsfähigere Materialien, das ist ein expliziter Forschungsschwerpunkt in Münster. Der andere besteht darin, die Komponenten heutiger Lithium-Ionen-Batterien, beispielsweise den Elektrolyten, deutlich zu verbessern. Ein dritter besteht darin, umweltverträglichere und billigere Materialien zu finden, also beispielsweise Eisen und Mangan statt Nickel und Cobalt einzusetzen. Winter, der oft als »Batteriepapst« tituliert wird, springt zwischen seinen Ideen hin und her, mit einer Mischung aus missionarischem Eifer und Selbstironie.
Fangen wir vorne an, bei den Eierkartons. Neue Materialien können vielleicht mehr Lithium beherbergen, weil sie die Ionen engeran sich binden. Auf der Anodenseite beispielsweise Silizium oder Aluminium, mit zehnfacher Speicherfähigkeit. Das Problem stellt dann aber die Kathode dar: Die Anzahl der aufnahmefähigen Löcher lässt sich in den heute verwendeten Oxiden nicht deutlich steigern, man müsste die Kathode also deutlich größer machen als ihr Gegenstück. »Das sähe selten dämlich aus und funktioniert außerdem nicht«, erklärt Winter. Also braucht man auch hier künftig neue Materialien, Schwefel beispielsweise. Oder man verzichtet ganz auf einen Eierkarton und setzt darauf, dass die Lithium-Ionen sich mit aus der Umgebungsluft angesaugten Sauerstoff zu einem Oxid verbinden und sich sozusagen ihr Heim selbst bauen. In diesem Fall spricht man von einer Metall-Luft-Batterie. Eine tolle Idee, denn man spart natürlich gehörig Gewicht, wenn man kein Trägermaterial benötigt. Allerdings wird, während man fährt und dabei eine solche Batterie entlädt, Sauerstoff aufgenommen: Die Batterie wird immer schwerer.
Metall-Luft-Batterien sind dennoch ein Hoffnungsträger, denn sie erreichen wesentlich höhere Energiedichten. In der Praxis könnten eines Tages 1500 Wattstunden in einem Kilo Batterie gespeichert werden, in heutigen Elektrofahrzeugen sind es 140 bis 150 Wattstunden je Kilo. »Dann können Sie mit 150 Kilo Batterie schon 500 Kilometer fahren«, so Winter. Die Metall-Luft-Technik ist in Hörgeräten schon im Einsatz. Das Problem: Es handelt sich gar nicht um einen Akku, sondern um eine Batterie, die nicht wieder aufgeladen werden kann. Denn sie verrostet allmählich. Nun müsste es gelingen, die Oberflächenkorrosion durch Anlegen einer elektrischen Spannung wieder rückgängig zu machen. Außerdem ist ein solches System sicherheitstechnisch eine Herausforderung: Nimmt man als Metall wieder Lithium, so kann man sich darüber freuen, dass es so reaktionsfreudig und leicht ist. Oder befürchten, dass es besonders gut brennt.
Neben den Materialien, die darüber entscheiden, wie viele geladene Teilchen aufgenommen werden können, hängt die Leistung einer Batterie von der elektrischen Spannung zwischen Kathode und Anode ab. Stand der Technik sind heute Batteriezellen mit etwa vier Volt, noch im Lauf dieser Dekade, so der offizielle Technologiefahrplan des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung, sollen es fünf Volt werden – das entspräche einer Leistungssteigerung um immerhin 20 Prozent. »Das funktioniert gut, zersetzt aber allmählich den Elektrolyten«, berichtet Winter.
Kommen wir zum Elektrolyten, der beim Transport zwischen den Eierkartons eine wichtige, oft
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