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befindet, bestreiten selbst Automanager mit Benzin im Blut nicht. Anzulasten ist ihnen der Rückstand beim Batterie-Know-how aber nur bedingt. Denn der Vorsprung der Asiaten liegt nicht an ihrer Autoindustrie. Sondern daran, dass kein vernünftiger Mensch einfach so eine Batterie kauft. Menschen kaufen Maschinen, die sie praktisch oder schön finden. Laptops oder Mobiltelefone beispielsweise. Geräte, die meist aus Asien kommen und deren Fertigung Deutschland vor vielen Jahren aufgegeben hat. Die Angst, es könne der Automobilindustrie mit dem Umstieg auf das Elektroauto ähnlich gehen, sitzt in der Branche tief.
DAS ELEKTROAUTO ALS TEIL UNSERES ENERGIESYSTEMS
Für das Energiesystem lassen sich zwei Dinge festhalten: Erstens ist das Elektroauto nur so umweltfreundlich wie der Strom, mit dem es betankt wird. Volkswagen hat berechnet, dass ein Golf mit Elektroantrieb in Europa für 88 Gramm CO 2 -Emission je Kilometer verantwortlich wäre. Der derzeit klimaneutralste zu kaufende Diesel-Golf stößt nur 11 Gramm mehr aus. In China, wo drei Viertel des Stroms aus Kohlekraftwerken stammen, betrüge die Emission sogar 179 Gramm. Nun hat Volkswagen dabei Zahlen aus dem Jahr 2007 zugrunde gelegt, mit dem Wachstum des Erzeugungsanteils an erneuerbaren Energien wird auch das Elektroauto allmählich sauberer.
Zweitens ist die Idee, sehr viele Elektroautos zu einem gigantischen Energiespeicher für Deutschland zusammenzuschalten, weniger ein technisches als ein gesellschaftliches und zeitliches Problem. Dazu wieder eine kleine Rechnung: Wenn alle Pkw in Deutschland Elektrofahrzeuge wären, dann hätten sie sicher eine »Superbatterie«, die ähnliche Reichweiten wie heute erlaubt, sonst würden sie ja nicht gekauft. Also 200 Kilowattstunden statt 26,5 beim Elektro-Golf, der damit maximal 150 Kilometer schafft, solange man Heizung und Klimaanlage ausschaltet. 50 Millionen Pkw gibt es, die könnten zusammen zehn Milliarden Kilowattstunden speichern. 2010 betrug der komplette Stromverbrauch in Deutschland 530 Milliarden Kilowattstunden oder im Schnitt 1,5 Milliarden pro Tag. Ein aus den verschalteten Autobatterien bestehender Puffer könnte eine knappe Woche lang Deutschland fast allein mit Strom versorgen und so auch eine längere Windflaute bei gleichzeitig heftigem Schnellfall überbrücken.
Aber genau da setzt das gesellschaftliche Problem ein, eigentlich ist es sogar ein demokratisches: Kann eine Regierung einzelne Bürger, die ein Auto besitzen, dazu zwingen, es stehen zu lassen, damit andere ausreichend Strom haben? Um dem auszuweichen, kann man versuchen, das Problem ökonomisch zu lösen: Wer teilnimmt, bekommt den eingespeisten Strom besonders hoch vergütet. Mit solchen Anreizsystemen, die das Elektroauto zur Kapitalanlage machen würden, beschäftigen sich die Energiekonzerne ernsthaft. Allerdings darf nicht übersehen werden: Irgendjemand wird am Ende dafür bezahlen müssen, dass dieser Strom dann besondersteuer ist. Im Zweifelsfall bezahlen jene besonders viel, die kein Elektroauto besitzen, weil sie es sich nicht leisten können. Und damit ist doch wieder ein gesellschaftliches Problem entstanden.
Darüber hinaus darf der Zeitfaktor nicht übersehen werden. Die Superbatterie gibt es noch nicht, sie wird es auch 2020 nicht geben. 2030 vielleicht, aber das ist keinesfalls sicher. Und selbst wenn dann Verkaufsstart ist, wird es dauern, bis der komplette Fahrzeugbestand ausgetauscht ist. Ein Auto wird in Deutschland heute nach durchschnittlich 14 Jahren verschrottet. Natürlich werden auch schon vor 2016 Elektroautos verkauft, aber dies in kleinen Stückzahlen mit kleinen Reichweiten für große Städte. Offiziell verfolgt die Bundesregierung zwar weiterhin das Ziel, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen. Es gilt allerdings als offenes Geheimnis, dass es nicht mehr zu halten ist. Das Lieblingsauto der Deutschen, der Golf, kommt erstmals 2013 in einer Elektroversion auf den Markt.
Ergänzend sei an dieser Stelle bereits vermerkt, dass das Elektroauto nicht zwingend eine Batterie benötigt. Stattdessen kann der Strom auch an Bord mit Hilfe einer Brennstoffzelle hergestellt werden. Elektrizität erzeugt die Brennstoffzelle in der Regel aus Wasserstoff, der in einem Tank mitgeführt wird. Da Wasserstoff aber ein universaler Energieträger ist, der nicht nur im Auto zum Einsatz kommen kann, behandeln wir dieses Konzept im nachfolgenden Kapitel über die Energiespeicher.
Das
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