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Abgeschaltet

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Titel: Abgeschaltet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Winterhagen
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Restwärme zum Heizen benutzt, als wenn man sie als Kraftstoff für Fahrzeuge nutzt. Dem kann man entgegenhalten, dass Strom und Wärme auch auf andere Weise regenerativ gewonnen werden können, während für denLangstreckenverkehr, insbesondere im Güterbereich, alternative Lösungen sehr rar sind.
MEINE BRAUNE MÜLLTONNE
    Was passiert eigentlich mit dem Inhalt der brauen Tonne, in der wir unseren Biomüll sammeln, frage ich mich eines Tages. Unsere Kartoffelschalen sind doch ebenfalls Pflanzenreststoffe. Die Pressestelle der Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH verweist auf eine Kombinationsanlage, in der aus 30000 Tonnen Bioabfall, die in meiner Heimatstadt jedes Jahr anfallen, 12000 Tonnen Kompost und 2,5 Millionen Kilowattstunden Strom produziert werden. Andernorts wird oft nur das eine oder das andere produziert. Eine besonders spannende Anlage steht im angrenzenden Main-Taunus-Kreis, wo man sich auf die Stromproduktion konzentriert. Aus 45000 Tonnen Biomüll werden dort jedes Jahr 10,5 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt.
    Künftig dürfte es noch etwas mehr werden. Denn seit Mai 2011 wird auch die bei der Verbrennung des Biogases erzeugte Wärme genutzt. Und zwar nicht direkt als Wärme, sondern um Strom zu erzeugen. Ein neues Konzept, das ein Grundproblem der Kraft-Wärme-Kopplung bei Biogasanlagen löst: Zwar kann ein Teil der Abwärme des Verbrennungsmotors genutzt werden, um die für die Gasentstehung benötigte Temperatur zu erzeugen, für den Rest fehlen auf dem flachen Land aber oft die Abnehmer.
    Ähnlich wie bei der Geothermie ist es jedoch nicht ganz einfach, aus den relativ niedrigen Temperaturen der Motorabwärme Strom zu erzeugen. Helmut Ziegler weiß, wie es trotzdem geht. Der Geschäftsführer eines kleinen hessischen Unternehmens hat viele Jahre daran getüftelt, einen geeigneten organischen Rankine-Zyklus (ORC, Organic Rankine Cycle) zu entwickeln. Dieser Prozess ähnelt dem Kalina-Prozess, den wir bei unserem Besuch in Unterhaching kennengelernt haben. Er arbeitet jedoch nicht mit Ammoniak, sondern mit Kohlenwasserstoffen, in diesem konkreten Fall mit Pentafluorpropan. Das brennt nicht, ist völlig ungiftig und schädigt auch die Ozonschicht nicht. Entweichen darf das Mittel trotzdem nicht, denn sein Treibhauspotenzial ist 950-mal so hoch wie das von Kohlendioxid. »Was wir machen, ist alles hermetisch dicht«, beruhigt Ziegler.
    Der Wirkungsgrad der Ziegler’schen Adaption ist mit 13 Prozentzwar absolut niedrig, aber deutlich besser als der anderer organischer Zyklen, die in der Regel einstellig bleiben. Wesentlicher Grund für die gute Umwandlung der ansonsten verlorenen Wärme in Elektrizität ist die verwendete Expansionsmaschine. Anfangs setzte Ziegler auf einen Schraubenmotor. Bei diesem eher exotischen Motortyp drehen sich zwei schrägverzahnte Wellen (Schrauben ohne Kopf) in einem Gehäuse. Das warme Gas strömt in die Räume zwischen den Wellen und zwischen Wellen und Gehäuse. Diese Arbeitsräume werden in Richtung Ausgang größer, das Gas kann sich so ausdehnen und treibt die Wellen mit der frei werdenden Energie an. Dieses Konzept, unter anderem an der Universität Dortmund erprobt, verwarf er, weil die Reibung der Schrauben ein Drittel der Energie wieder fraß. Stattdessen kommt heute eine modifizierte Turbine aus dem Kälteanlagenbau zum Einsatz, die sehr geringe mechanische Verluste aufweist.
    Die Vision von Ziegler: Er will fertige Abwärmenutzungs-Einheiten für Biogasanlagen verkaufen, die »laufen wie ein Kühlschrank«, also keine besonderen Einstellarbeiten mehr erfordern. Während in Flörsheim noch eine Pilotanlage steht, soll bald die Serienproduktion starten. Sein Konzept zur Kraft-Wärme-Kopplung könne darüber hinaus auch für industrielle Abwärme genutzt werden. Als Beispiel nennt Ziegler Glühöfen, in denen Metalle vor der Umformung erhitzt werden, oder Lackierereien. Sein Unternehmen hat der 64-jährige Ziegler mittlerweile an Bosch verkauft. Die zu erwartende Expansion hätte er aus eigener Kraft nicht mehr finanzieren können.
    Natürlich können wir unseren Strombedarf nicht allein aus unseren braunen Tonnen decken. Zum einen wird Kompost in der Landwirtschaft gebraucht, und zwar umso mehr, je weniger Kunstdünger eingesetzt wird. Viele städtische Betriebe haben im Vorgriff auf die seit dem Jahr 2005 verbotene Deponierung unbehandelter Siedlungsabfälle in Kompost-Produktionsanlagen investiert. Zum anderen wird in vielen Regionen der Welt der

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