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Abgeschaltet

Abgeschaltet

Titel: Abgeschaltet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Winterhagen
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über Stunden hinweg eher gering. Zumal in einer Welt, in der regenerativ erzeugte Energien dominieren, die Wärmegewinnung aus Strom irgendwann wieder Konjunktur bekommen wird – ganz einfach, weil Geothermie nicht überall erschließbar ist und dann als einzige Alternative das Verbrennen von Gas oder Öl verbleibt.
    Das virtuelle Kraftwerk kann noch mehr: In Phasen, in denen die Stromerzeugung durch Windkraft geringer als die Nachfrage ist, kommen Blockheizkraftwerke (BHKW) zum Einsatz. Ein BHKW besteht meistens aus einem Verbrennungsmotor, manchmal einem kleinen Einzylindermotor wie in einem Moped (Einfamilienhaus), manchmal einem Vierzylindermotor, der ansonsten in Familienkutschen seinen Dienst tut, in einigen Fällen auch aus weitaus größeren Motoren mit bis zu 16 Zylindern. Betrieben werden diese Motoren fast ausnahmslos mit Erdgas, aus dem sie Strom erzeugen; gleichzeitig wird die entstehende Abwärme zum Heizen genutzt (genauso wie im Fahrzeug auch).
    Blockheizkraftwerke können natürlich auch im Einzelbetrieb Strom und Wärme produzieren, dafür wurden sie ja erfunden. Die Einbindung in das Netzwerk bringt allerdings Vorteile für Mensch und Umwelt mit sich. Für den Menschen bedeutet sie zunächst einen wirtschaftlichen Vorteil: Das kleine Kraftwerk im Keller wird nämlich nur dann betrieben, wenn nicht ausreichend billiger Strom vorhanden ist und die Wärmespeicher leer sind. Die Umwelt profitiert, weil fossile Energieträger – in diesem Fall Erdgas – nur dann zum Einsatz kommen, wenn der regenerativ erzeugte Strom nicht ausreicht, um den Strom- und Wärmebedarf des einzelnen Haushalts zu decken.
    Und das nicht nur in Echtzeit, sondern mit der Intelligenz, mit der auch große Kraftwerke gesteuert werden. Dazu gehören zum Beispiel Wetter-, insbesondere Windprognosen, die bis zu zehn Tage weit reichen. Auch wenn wir beim Tagesschau-Gucken manchmal den Eindruck haben, Wettervorhersagen bewegen sich hinsichtlich der Realität knapp oberhalb der Genauigkeit von Sternzeichendeutungen, so trifft das nicht zu: Die Abweichung bei der Prognose des am folgenden Tag zu erzeugenden Windstroms liegen im Durchschnitt bei fünf Prozent. Zumindest solange nicht ein Orkan wie Kyrill im Januar 2007 wütet, da lag die Abweichung zwischen Vorhersage und Realität bei bis zu acht Gigawatt. Ziemlich genau lässt sich außerdem der außentemperaturabhängige Wärmebedarf des Folgetags schätzen. In die Steuerung des virtuellen Kraftwerks fließt dieser Wärmebedarf ein. Da man außerdem die Größeder einzelnen Wärmespeicher und die Leistung der Anlagen kennt, kann man diese jeweils vorausschauend regeln.
    Die Kommunikation zwischen der Leitwarte und den über das Stadtgebiet verteilten Kleinkraftwerken läuft derzeit verschlüsselt über das Mobilfunknetz. Damit geht eine ständige Störüberwachung einher, die von Vorteil für den unabhängigen Anlagenbetreiber ist. Tritt also ein Fehler an der Anlage auf, kümmert sich statt des Hausmeisters ein Energiekonzern um die Behebung. Ob für den Anlagenbetreiber aus dem strompreisabhängigen Betrieb ein »Business Case« wird, sprich ob es sich finanziell rechnet, hängt stark von der Größe und dem Einsatz der Anlage ab. »Das kann man nicht pauschal sagen«, so Gerhard Plambeck. »Wir rechnen das in jedem Einzelfall mit dem Partner durch.«
    Der Charme an der Vattenfall-Lösung: Statt großtechnischer Lösungen werden viele kleine, dezentral arbeitende Einheiten vernetzt, man spart sich so Investitionen in den Netzausbau und große Energiespeicher, wie sie etwa Stauseen darstellen. Der Haken: Die Entscheidungen über das Ein- und Ausschalten einzelner BHKW oder Wärmepumpen wird mitnichten direkt anhand des Windstroms getroffen, sondern auf Basis einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation. Deren wichtigster Eingangsparameter ist der Preis für die Kilowattstunde Strom an der Börse in Leipzig. Bekanntlich sinkt der Preis mit dem Angebot an Windstrom, insofern gibt es einen Zusammenhang, aber keine direkte Abhängigkeit.
    Um größere Regelleistungen zu erbringen, eines Tages vielleicht sogar offiziell so vermarktet zu werden wie ein Pumpspeicherkraftwerk, muss das virtuelle Kraftwerk noch kräftig wachsen. Das ist in mehreren Stufen geplant. Schon Ende 2011 sollten 100000 Wohneinheiten Teil des Netzes sein, ab 2012 dann auch Fremdanlagen integriert werden. »Unser Ziel ist es, das Ganze groß zu machen«, so Plambeck. »Denn je größer der Regelbereich ist, desto

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