Abgeschaltet
nachdem ein Grundstückseigentümeran einer Stelle einen vierfach erhöhten CO 2 -Gehalt in Bodennähe nachweisen konnte. Drohte einer der wenigen großen, langjährig betriebenen Kohlendioxidspeicher auszugasen? Das wäre für CCS wohl gewesen, was Fukushima für die Kernkraft bedeutet. Tatsächlich wies eine Gruppe von Wissenschaftlern nach, dass es wahrscheinlich keinen Zusammenhang gab: Auch Präriegräser atmen unter bestimmten Bedingungen CO 2 in erhöhter Konzentration aus. Das Verhältnis von Sauerstoff und Kohlendioxid wies darauf hin, dass es sich schlicht um ein Produkt aus pflanzlicher Atmung handelte. Solche Befürchtungen, mögen sie auch später widerlegt werden, spielen auf jeden Fall eine wichtige Rolle in der Weiterentwicklung der Speichertechnik. Denn wer mag mit absoluter Sicherheit behaupten, dass CCS der richtige Weg ist? Aus meiner Sicht gilt es, genau hinzusehen, Risiken zu analysieren und gegen andere – die drohende Klimaveränderung – abzuwägen.
Was man aber sagen kann: Sicherheitsprobleme oder gar dramatische Unfälle hat es im Zusammenhang mit CCS-Pilotprojekten bislang nicht gegeben. Insofern ist der von radikalen Gegnern bemühte Vergleich mit der Kernkraft in jeder Hinsicht unredlich. Denn die friedliche Nutzung der Kernkraft ist von Unfällen begleitet, die auch Befürworter nicht bestreiten (die Parteien kommen lediglich zu unterschiedlichen Bewertungen der Folgen).
Das geringste Problem dürfte der Transport des Kohlendioxids zwischen Kraftwerk und Lagerstätte darstellen, er würde ganz ähnlich wie beim Erdgas aussehen. Wissenschaftler der Universität Stuttgart haben verschiedene Szenarien durchgerechnet, wie der Transport von Kohlendioxid innerhalb von Europa organisiert werden kann. Ungewöhnlich uneitel stellen sie am Ende ihrer Berechnungen fest, dass es auf die Kosten der Pipelines gar nicht so sehr ankommt: »Die Etablierung von CCS-Technologien wird daher zukünftig stärker von erreichbaren technischen und ökonomischen Parametern der Abtrennung in den Kraftwerken beeinflusst als durch die Kosten für den Kohlendioxidtransport und die Speicherung.« Einzelne Unternehmen haben auch bereits alternative Szenarien durchgerechnet, die eine Verflüssigung des Kohlendioxids und den anschließenden Transport mit Tankschiffen vorsehen. Ein Konzept, das nur aufgeht, wenn man das Kohlendioxid nutzt, um die Ausbeute von Erdgasfeldern zu erhöhen.
Allen Verfahren zur Kohlendioxidabtrennung und -speicherung gemeinsam ist, dass sie den Gesamtwirkungsgrad eines Kohle- oder Gaskraftwerks deutlich mindern – und damit die Wirtschaftlichkeit für den Betreiber. Hinzu kommen die Investitionskosten für dieCCS-Anlagentechnik am Kraftwerk sowie für Transport und Speicherung. Inwieweit sich CCS-Verfahren durchsetzen, dürfte also wesentlich davon abhängen, wie sich die Kosten für CO 2 -Emissionszertifikate entwickeln. Derzeit kostet das an der Energiebörse in Leipzig gehandelte Recht, eine Tonne CO 2 zu emittieren, um 15 Euro, an manchen Tagen auch 16 Euro – seit die Deutschen beschlossen haben, aus der Kernkraftnutzung auszusteigen, ist generell ein leicht höheres Preisniveau zu beobachten. Noch liegen alle zumindest teilweise erprobten Verfahren bei Kosten von mehr als 20 Euro je vermiedener Tonne CO 2 . Für die im Staudinger verwendete Technik geben die Betreiber sogar eine Bandbreite von 30 bis 40 Euro je Tonne CO 2 an. Ob sich die Schere schließt oder weiter öffnet, ist alles andere als klar. Die europäische Kommission setzt derzeit massiv darauf, ihre Energiesparpläne nicht über den Emissionshandel, sondern über Detailvorschriften, zum Beispiel zur Häuserdämmung oder zu Leuchtkörpern, durchzusetzen. Wenn dadurch der Verbrauch tatsächlich sänke, was anzunehmen ist, würden die Emissionszertifikate immer billiger und am Ende sogar wertlos. Ein Phänomen, das immer auftritt, wenn man dirigistische und marktorientierte Steuerung eines Umweltziels gleichzeitig durchzusetzen versucht.
Zur Wirtschaftlichkeitsbetrachtung gehört noch, dass höhere Investitionen in die Kohlendioxidabscheidung tendenziell dazu führen, ein Kohlekraftwerk eher zur Deckung des Grundbedarfs laufen zu lassen. Eine wissenschaftliche Veröffentlichung der renommierten Zeitschrift für Energiewirtschaft formuliert das so: »Die erhöhten Investitionskosten bei CCS-Kraftwerkssystemen legen den Wunsch nahe, das Kraftwerk mit höherer Ausnutzungsdauer zu betreiben als fossile Kraftwerke ohne
Weitere Kostenlose Bücher