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es von Vorteil sein, trotzdem schon mit der Kohlendioxid-Einleitung zu beginnen. Denn dann verdrängt das Kohlendioxid das in den Hohlräumen sitzende Methan allmählich, die Fördermenge erhöht sich somit signifikant. (Was den meisten von uns nicht bewusst ist: Kein Gasfeld wird wirklich vollständig geleert, da die Förderung unter einem gewissen Druck passiert. Da dieser nachlässt, je leerer so ein Feld wird, bleibt meist mindestens ein Drittel des Brenngases unter der Erde.) Dieser in der Fachwelt »Enhanced Gas Recovery« (verbesserte Gasförderung) genannte Ansatz macht Kohlendioxid plötzlich zu einem nützlichen Arbeitsmedium, das nicht nur Kosten verursacht, sondern beim Geldverdienen hilft. Er funktioniert ähnlich übrigens auch mit Erdöl, aber das kommt bei uns bekanntermaßen nicht in großen Mengen vor. In Weyburn, Kanada, wird die verbesserte Erdölförderung bereits seit dem Jahr 2000 getestet. Das Kohlendioxid wird in diesem Fall per Pipeline aus Norddakota herbeigeschafft. Die USA fördern an mehr als 100 Bohrlöchern jeden Tag bereits heute 300000 Fass Öl auf diese Weise. Insgesamt sollen unter amerikanischem Boden bis zu 50 Milliarden Fass Öl lagern, die nur per Kohlendioxideinleitung geborgen werden können.
Nicht nur die Natur, sondern auch der Mensch lagert Erdgas in der Erde. Wir tun dies, um jahreszeitliche Schwankungen auszugleichen und Rücklagen für politische Krisen zu schaffen. Als besonders geeignet haben sich Salzkammern, auch Kavernen genannt, erwiesen, die beim Abbau von Kalisalzen entstanden sind. Im großen Stil können solche Bergwerke unser Deponieproblem aber nicht lösen. In Deutschland gibt es nur noch zwei ungenutzte ehemalige Kalibergwerke.
Als realistische weitere Option bleiben die salinen Aquifere, also salzwasserführende und poröse Gesteinsschichten. Wir sind ihnen bereits im Kapitel über die Geothermie begegnet. In der Tat besteht hier eine Nutzungskonkurrenz, man wird also entscheiden müssen, ob man ein bestimmtes Reservoir entweder für die Kohlendioxidlagerung oder zur Gewinnung von Erdwärme nutzen möchte. Der große Vorteil der salinen Aquifere ist zunächst einmal ihre Häufigkeit. Die Schätzungen für das Potenzial in Deutschland reichen von 12 bis 28 Milliarden Tonnen. Angesichts eines Kohlendioxidausstoßes aus den Kraftwerken von 360 Millionen Tonnen hätten wir also für mindestens 30 Jahre »ausgesorgt«. Wenn wir den Anteil fossiler Kraftwerke an der Stromerzeugung allmählich herunterfahren, in den verbleibenden aber CCS implementieren, könnte das heißen: Bis 2030 wird in Deutschland die CO 2 -Emission aus fossilen Kraftwerken um 90 Prozent reduziert!
Die Sicherheit der Kohlendioxidspeicherung ist bei salinen Aquiferen sehr hoch. Denn schon nach wenigen Jahren schweben vier von fünf Kohlendioxidmolekülen nicht mehr frei durch das Salzwasser, sondern lösen sich in ihm. Diese Bindung ist nur durch sehr hohen Druck wieder aufzulösen. Die Lösung verteilt sich in den feinen Poren des Gesteins. Wenn man dann sehr lange wartet, ein paar Tausend Jahre, vielleicht auch länger, mineralisiert die Lösung allmählich und wird selbst zu Gestein. Damit ist auch die Frage beantwortet, was über lange erdgeschichtliche Zeiträume passiert: Es wäre ja künftigen Generationen gegenüber höchst unfair, wenn wir überall Kohlendioxid einlagern, dies aber später durch Kontinentalplattenverschiebungen und andere geologische Ereignisse komplett wieder freigesetzt würde. Experten sprechen übrigens von sicherer Lagerung, wenn in 1000 Jahren maximal ein Prozent des Kohlendioxids freikommt. Was aber bedeuten würde: In 100000 Jahren wäre der Effekt komplett verpufft. Allerdings könnte auch eine nur zeitliche Streckung schon einen positiven Aspekt haben, da Kohlendioxid nicht für unendlich lange Zeit in der Atmosphäre verbleibt, sondern allmählich wieder abgebaut wird. Einen großen Einfluss haben dabei unsere größten Kohlenstoffspeicher, die Weltmeere. Unter Klimaforschern ist jedoch umstritten, wie stark sich die CO 2 -Speicherfähigkeit der Ozeane durch den Klimawandel verändert.
Die Sicherheit hat noch einen zweiten Aspekt. Langsames Entweichen wäre ärgerlich, aber gänzlich ungefährlich: Kohlendioxid ist ja ohnehin Bestandteil unserer Atemluft. Schlagartiges »Platzen« eines Speichers würde hingegen dazu führen, dass das Kohlendioxid, das etwas schwerer als die übrigen Luftbestandteile ist, sich am Boden sammelt, den Sauerstoff
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