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Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Titel: Abgeschnitten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek , Michael Tsokos
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ins Haus«, sagte Herzfeld und versuchte, Ingolfs Hemd aufzuknöpfen. Dessen Gesichtsfarbe war gespenstisch, die Lippen zu einem kaum erkennbaren dunkelblauen Strich verkümmert. Seine Körpertemperatur musste extrem abgefallen sein, wenigstens schien er kein Wasser in die Lungen bekommen zu haben, da seine Atmung zwar schnell ging, Herzfeld aber kein verdächtiges Brodeln oder Blubbern hören konnte.
    Wenn es ihm gelang, Ingolf von seiner Kleidung zu befreien, bevor sie beide vor Erschöpfung einschliefen, könnten sie es vielleicht schaffen.
    Herzfeld riss Ingolf mit einem Ruck die Knöpfe vom Hemd, weil es mit den zitternden, klammen Fingen nicht anders ging.
    »Gleich beim ersten Date?«, flüsterte der Praktikant und schob die Hand zur Seite. Sein Versuch zu grinsen verrutschte zu einer Grimasse.
    Herzfeld schüttelte energisch den Kopf. »Falsche Zeit für Scham.«
    Ich hab wahrlich genug nackte Menschen gesehen. Die meisten waren tot, so wie du es gleich bist, wenn du nicht schnell deine Klamotten loswirst.
    Aber Ingolf wollte sich partout nicht entkleiden lassen und wehrte Herzfeld immer energischer ab, während er sich immerhin so weit aufrichtete, dass er mit dem Rücken an der Heizung lehnen konnte.
    »Ich schaff das schon alleine«, sagte er, was kaum zu verstehen war, weil in diesem Moment Herzfelds Handy anschlug. Ingolf hob den Zeigefinger und deutete zum Schrein, auf dem sich das Mobilfunktelefon beim Läuten wegen des Vibrationsalarms um die eigene Achse drehte.
    Herzfeld nickte und kroch auf allen vieren zu einem Regal, an dessen Sprossen er sich hochzog.
    »Hallo?«
    Er musste das Telefon mit beiden Händen packen und sich ans Ohr pressen, um es nicht fallen zu lassen. Die Stimme am anderen Ende war so laut und durchdringend, dass selbst Ingolf es hörte. Er sah erschrocken auf und unterbrach seine Bemühungen, sich aus dem Hemd zu schälen.
    »Was sagst du da?«, fragte Herzfeld entsetzt in die erste Pause hinein, die Lindas Redeschwall erlaubte. Er fühlte sich wieder so hoffnungslos wie noch vor wenigen Momenten am See.
    »Wie konnte
das
denn passieren?«
    Linda war es mit ihren nur schwer verständlichen, hysterisch ausgespuckten Worten gelungen, seine innere Kälte noch zu verstärken. Um sicherzugehen, dass er sie nicht falsch verstanden hatte, fragte er noch einmal genau nach: »Ender ist tot?«

36. Kapitel
     
    Helgoland.
    K eine Ahnung«, keifte Linda in den Hörer und suchte noch einmal den Puls des Hausmeisters, der mit dem Rücken zur Wand und ausgestreckten Beinen bei der Schiebetür lag, während sie neben ihm kniete.
    »Das Licht ist ausgegangen, Ender war weg, das Licht ging wieder an, und er stand vor mir. Das Messer im Hals.«
    Tatsächlich konnte sie nur noch den hellblauen Gummigriff erkennen. Es sah so aus, als wäre Ender von hinten angefallen worden und hätte sich erst in letzter Sekunde zu seinem Angreifer umgedreht. Das Messer steckte ihm schräg im Hals und war seitlich, etwa zwei Zentimeter neben dem Nacken, eingedrungen. Eine Austrittsstelle war nicht zu sehen.
    »Aber Ender konnte noch gehen?«
    Herzfeld klang müde, fast teilnahmslos, und Linda fragte sich, ob der Professor getrunken hatte. Es kam ihr vor, als müsste er sich auf jedes einzelne Wort konzentrieren. »Zwei Schritte, dann ist er in meinen Armen zusammengebrochen. Was soll ich jetzt tun?«
    Verdammt, Paul, du hast mir nur gezeigt, wie man Menschen aufschlitzt, nicht, wie man sie repariert.
    »Wir haben keine andere Wahl, du musst sofort Hilfe holen«, hörte sie ihn sagen.
    »Und wen? Es gibt keine Ärzte mehr auf der Insel, zumindest keine, von denen ich weiß. Außerdem habe ich eine Scheißangst, dass der Killer zurückkommt.«
    Sie musste an Danny denken, an das feuchte Handtuch, an die tote Katze in ihrer Waschmaschine und die Videobänder, die er von ihr im Schlaf gedreht hatte, und fragte sich, wie der Wahnsinn ihrer Vergangenheit mit dem Irrsinn der Gegenwart zusammenhing. Je länger sie darüber nachdachte, desto stärker zitterte ihre Hand, mit der sie das Telefon hielt.
    »Kannst du dich da unten einschließen?«, fragte Herzfeld.
    »Schon geschehen. Enders Schlüssel steckt von innen. Wenn der Irre nicht durch den Lüftungsschacht kommt oder so, sind wir sicher, aber ich weiß nicht, wie lange Ender hier noch durchhält.«
    »Atmung?«
    »Keine Ahnung, er bewegt sich nicht.«
    »Puls?«
    Sie presste Zeige- und Ringfinger gegen Enders Halsschlagader und war sich nicht sicher, ob sie wirklich

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