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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Schänke am Rheinufer gesehen worden. Dann berichtete ein anderer, der Prinz sei schwer verwundet in ein Bauernhaus getragen worden und dort gestorben. Schließlich kehrte ein Häuflein der siegreichen königlichen Streitmacht, das Fliehende verfolgt und ausgeplündert hatte, ins Lager zurück und einige schworen, sie hätten Heinrich von weitem erkannt, als er mit mehreren anderen drei Meilen flussaufwärts ein Boot bestieg und sich über den Rhein rudern ließ. Er habe sich schwerfällig bewegt und man habe ihn stützen müssen. Das ließ auf eine Verwundung schließen. Gero schlug daraufhin vor, mit seinen Leuten die Verfolgung aufzunehmen. Es war ja zu vermuten, dass Heinrich, nach Sachsen zurückgekehrt, seine eigenen Burgen oder die seiner Mitverschwörer aufsuchen würde. Wenn er es wirklich war, musste man bald auf seine Spur stoßen. Otto erklärte sich einverstanden. Gero brach sogleich auf und seitdem hatte der König nichts mehr von ihm gehört.
    An einem Abend im Mai saß Otto noch spät in der kleinen Halle mit seinem Lieblingsgegner, dem Kämmerer Hadalt, beim Belagerungsspiel. Mildes Licht spendete der kürzlich erworbene ägyptische Leuchter mit seinen zahlreichen Öllämpchen aus Bergkristall. Die beiden Lieblingshunde des Königs, zwei schlanke Winde, lagen unter dem Tisch. Neben dem Spielbrett standen die Becher der Spieler und der König, der übler Laune, weil am Verlieren war, ließ sich immer wieder nachschenken. Er wollte damit seinen Spielwitz anregen, aber nun war er schon fast betrunken. Zwei Zuschauer, der Kanzler Poppo und der Abt Anno, saßen dabei und verfolgten die Bewegung der roten und blauen Spielsteine.
    Es war bereits kurz vor Mitternacht, als die Wache noch einen Besucher meldete, der dringend bat, vorgelassen zu werden. Otto starrte auf das Spielbrett und wehrte ärgerlich ab. Doch Bischof Bernhard ließ sich nicht abweisen. Er müsse am nächsten Morgen aufbrechen, um der Königinmutter, der es sehr schlecht gehe, beizustehen. Er habe, berichtete er, von Frau Mathilde einen Brief empfangen, dem zu entnehmen sei, dass sie nach allem, was sie höre, ihren Sohn Heinrich für tot halten müsse und keine Hoffnung habe, diesen furchtbaren Schlag zu überleben. Dringend |223| benötige sie daher nach Meinung des Bischofs geistlichen Zuspruch und er wolle deshalb nicht zögern und unverzüglich nach Quedlinburg eilen.
    „Es wäre hilfreich“, sagte der junge Prälat, „wenn Ihr für Eure edle Frau Mutter eine Botschaft hättet, die sie aufrichten und die ihr Mut machen könnte.“
    Otto hatte ihm nur zerstreut zugehört und dabei den Blick nicht vom Spielbrett gelassen. Jetzt verschob er den letzten blauen Stein. Hadalt, der ihn nie schonte, antwortete gleich mit einem Gegenzug und nahm den Stein vom Brett. Poppo und Anno blickten betroffen.
    „Nichts mehr zu machen“, knurrte Otto gequält. „Ist mir wieder mal eine Belagerung fehlgeschlagen. So wie im letzten Jahr vor Regensburg.“ Er lachte unfroh und winkte dem Knecht mit der Weinkanne, der herbeikam und ihm einschenkte. „Was sagtest du, Bischof? Meine Mutter … Ich soll ihr Mut machen. Ja? Dann sag ihr, falls Heinrich, der Verschwörer gegen seinen Bruder und König … falls er, was immerhin möglich ist, mit dem Leben davongekommen sein sollte, dann würden wir alle sehr froh sein … und … und für sie wäre es das Beste … wenn sie künftig ihrer Natur und nicht ihrem falschen Ehrgeiz folgte.“
    „Das ist alles?“, fragte der Bischof. „Und wie ist es zu verstehen?“
    „Ihre Natur ist Güte und Frömmigkeit. Der soll sie folgen, meinetwegen. Der falsche Ehrgeiz: noch einmal zu herrschen – durch einen Sohn. Das haben schon die römischen Kaiser ihren Müttern übel genommen … diesen herrschsüchtigen Müttern, die ihnen den Thron verschafften. Tiberius und … und wie hieß der andere?“
    „Meint Ihr den Kaiser Nero?“, fragte der gebildete Abt.
    „Richtig! Der ließ seine Mutter Agnes … Agra …“
    „Agrippina!“
    „Die ließ er umbringen, weil sie regieren wollte und ihn dauernd … dauernd daran erinnerte, dass er ohne sie ein Nichts sei und ohne sie niemals Kaiser geworden wäre. Diese Beispiele aus der Geschichte zeigen uns, dass so etwas nicht gut ausgeht. Sag ihr das, Bischof!“
    „Ist das wirklich die ganze Botschaft?“, fragte Bernhard, mit einer Schulter zuckend, „die Ihr für Eure edle Frau Mutter habt?“
    „Du wirst schon noch etwas fromme Würze hinzutun, damit es für sie

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