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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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der König die Getreuesten seiner Vasallen, Gero und Hermann Billung, links und rechts an seine Seite befohlen. Die Königin hatte das hässliche Wetter vorgeschützt, um sich dem Schauspiel zu entziehen. Die Königinmutter, ihre Schwester Bia und einige ältere weibliche Verwandte waren ebenfalls im Palatium geblieben, doch sahen sie von einem Fenster des obersten Geschosses aus zu.
    |83| Der Anführer der berittenen Wächter sprang vom Pferd und trat zu dem ersten der Hundeträger.
    „Auf die Knie!“
    Der Franke – es war der Jüngste der Vier, mit hängendem Schnurrbart, umschlottert von einer beschmutzten seidenen Tunika – hatte noch so viel Kraft, die beiden Knechte abzuwehren, die ihm ungeduldig die Hände auf die Schultern legten, um ihn zu Boden zu drücken. Sein Blick irrte hin und her und fand rasch sein Ziel: die im Winde flatternde Silbermähne des Herzogs der Franken. Eberhard stand in der Reihe hinter dem König, ganz außen. Mit unbewegter Miene gab er dem Mann ein Zeichen, er möge gehorchen.
    Der Schnurrbärtige schob den Riemen von seiner Schulter und setzte ächzend den Korb mit dem Hund ab. Dann fiel er auf die Knie und sagte, dem König zugewandt, mit dumpfer Stimme:
    „Der da ist treu – ich war es nicht. Nun macht mit mir, Herr, was Ihr wollt!“
    Es waren die vorgeschriebenen Worte, die der zum Hundetragen Verurteilte sprechen musste. Der König konnte nun immer noch die Schandstrafe verschärfen, indem er den Verurteilten hängen oder ihm den Kopf abschlagen ließ. Otto stand breit und gedrungen zwischen dem Riesen Gero und dem ihn ebenfalls überragenden Hermann Billung, knetete auf dem Rücken die Hände und blickte hinauf zu den schwarzen Wolken. Lange schwieg er – so lange, dass die hohen Herren hinter ihm die Köpfe zusammensteckten und beunruhigt zu flüstern begannen. Herzog Eberhard stand reglos, als sei er unbeteiligt, doch ein Blick voller Wut und Hass traf den König aus den Augenwinkeln.
    So still war es plötzlich, dass man die Rufe der Schiffer weit hinten auf der Elbe vernahm.
    Schließlich fragte Otto den Knienden: „Wie ist dein Name?“
    „Hruodland.“
    „Du hast für deine schlechten Taten gebüßt, Hruodland. Stifte künftig nicht Kriegswirren an und widme dich deinen eigenen Angelegenheiten. Erhebe dich nun und danke Gott.“
    Eine Bewegung ging durch die Reihen der erleichterten Würdenträger. Unter den minderrangigen Teilnehmern des Hoftags, die in Gruppen aus den verschiedenen Gauen der Herzogtümer beisammen standen, wurden vereinzelte Heilrufe auf den König laut. Von |84| den sächsischen Kriegern war enttäuschtes, unzufriedenes Grummeln zu hören, doch wagte niemand lauten Protest.
    Auch die drei anderen Verurteilten mussten knien, dieselben Worte sprechen und wurden begnadigt. Ein Medicus und seine Gehilfen kümmerten sich um den Gebissenen. Die Übrigen mischten sich kraftlos taumelnd unter ihre fränkischen Gefolgsleute, die sie stützten, ihnen zu trinken gaben und sie erst einmal mit schützender, sauberer Kleidung versahen. Die Hunde wurden von den Knechten gefüttert und fortgebracht, es lebten nur noch drei, einer war unterwegs auf dem Rücken seines Trägers verendet.

12
    Der Regen trieb die Zuschauer des Strafrituals unter die Dächer und die schützenden Bäume. Auf der Freitreppe machten die Herren Platz, damit der König als Erster ins Palatium zurückkehren konnte.
    Herzog Eberhard war einen Augenblick lang unschlüssig, ob auch er in der großen Halle am Abschluss des Hoftags teilnehmen sollte. In der Gemütsstimmung, die ihn beherrschte, entschied er sich aber zurückzubleiben, um keine Unvorsichtigkeit zu begehen. Er brachte es allerdings auch nicht fertig, sich jetzt unter seine Franken zu mischen, die sich um die vier Gemaßregelten bemühten. Ihren Zorn und ihre Erbitterung teilte er, doch fürchtete er auch ihre Vorhaltungen, weil er sich nicht schützend vor seine Männer gestellt hatte. So hüllte er sich fester in seinen Mantel, schob den schmalrandigen, mit Stickereien versehenen Hut zum Schutze gegen den Regen tiefer in die Stirn und schloss sich denen an, die zum Tor der Pfalz hinausströmten. Er schlug den Weg ein, der hinab zum Elbufer führte.
    Scham und Wut beherrschten Herzog Eberhard so, dass er jetzt allein sein musste. Er fühlte sich tief erniedrigt, betrogen, verhöhnt. Er sah sich vom König beleidigt und hintergangen. Die hundert Pfund Silber hatte er ohne Zögern zugestanden, davon schon die ersten Pferde

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