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Abgründe (German Edition)

Abgründe (German Edition)

Titel: Abgründe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine d’Arachart
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Frauen umgeben war, die unverbindlichen Spaß suchten, genau wie Gladys es gesagt hatte. Er hasste es von Haus aus, eingeengt oder gemaßregelt zu werden. Wahrscheinlich rührte daher seine Abneigung gegen feste Bindungen. Und dann traf er ausgerechnet auf Evangeline, die viel zu eigenständig und selbstbewusst für ihn war und ihn gleichzeitig so in ihren Bann zog.
    Er sollte mit Donovan darüber sprechen, auch wenn ihm diese plötzliche Gefühlsduselei ein wenig unangenehm war. Doch wofür hatte man denn einen Partner? Donovan selbst war mit einer starken Frau verheiratet, einer Afroamerikanerin namens Shantelle, vor der er, wie er immer wieder betonte, einen an Angst grenzenden Respekt hatte . Beim Gedanken an das ungleiche Paar musste Ethan grinsen.
    Vielleicht war es gar nicht so schlecht, jemanden zu haben. Vielleicht, dachte er und drehte sich auf die Seite, war es aber auch gut, nicht allzu viel zu haben, das ein Wahnsinniger, einem nehmen konnte.

-35-
     
    The Lost City war nicht schwer zu finden, wenn man sich in der Gegend auskannte. Ames parkte seinen Wagen am Technology Boulevard, wo jetzt, spät abends, alles ausgestorben war und machte sich zu Fuß auf in die Wälder. Der verlassene Wasserturm diente ihm dabei als Orientierungshilfe.
    Die kleine Geisterstadt, die Ames’ Ziel darstellte, war während des zweiten Weltkrieges erbaut worden, um eventuelle feindliche Bomber vom nahe gelegenen Flughafen abzulenken. Mit einem einzigen Knopfdruck hatten sich damals die Lichter in den umliegenden Ortschaften löschen lassen. Gleichzeitig war The Lost City zum Leben erwacht; mit Straßenbeleuchtung und einem eigenen künstlichen Flughafen inklusive Start- und Landebahn. Nach dem Krieg war die Stadt verfallen und der Wasserturm heute nahezu das einzige intakte Gebäude.
    Ames erreichte seine Stadt über Trampelpfade, die mehrmals scheinbar zu enden schienen und dann doch weiterführten auf andere, noch schmalere Wege. Es gab einen direkteren, weniger komplizierten Weg, aber der führte über das Gelände eines großen Technologiekonzerns. Doch dort waren Wachleute unterwegs, die die Bosse aus Angst vor Industriespionage Nacht für Nacht patrouillieren ließen. Was für ein lächerliches Problem, wenn man an das Schicksal dachte, das auf seine neue Freundin wartete.
    Ames musste über zwei Zäune klettern und aufpassen, dass er in der Dunkelheit nicht über die noch stehenden Fundamente der damals erbauten Häuser stolperte, bevor er endlich da war. Er steckte den Schlüssel in das Schloss der schweren Kette, die er selbst am Tor des Zaunes, der den Wasserturm einschloss, angebracht hatte. Quietschend öffnete sich das Tor und ließ Rose wissen, dass er zu Hause war. Ames hörte sie durch die verwitterten Bretter der kleinen Hütte unterhalb des Turms schluchzen.
    Er ließ die Tür aufschwingen und blieb für einen Moment stehen, wissend, dass allein sein Umriss sie in Panik versetzte. Er atmete durch und genoss den Anblick, der sich ihm bot. Durch das einzige, schmutzige Fenster fiel fahles Mondlicht in die winzige Hütte. Rose saß auf einem Stuhl, den er vor Ewigkeiten hergeschafft hatte. Er hatte ihn im Boden verschraubt, sodass sich keine seiner Freundinnen die Blöße geben und ungeschickt damit zur Tür robben musste. Der Stuhl war früher einmal weiß gewesen, weiß gestrichenes Zedernholz, aber all das Blut, das an ihm hinab geflossen war, hatte ihn rostig braun gefärbt. Roses Hände waren hinter ihrem Rücken mit Handschellen gefesselt, sodass ihre Rippen unter dem linken und rechten Schlüsselbein deutlich hervor traten. Vielleicht lag das auch an der Dehydrierung, der sie ausgesetzt war, nachdem sie seit über vierundzwanzig Stunden nichts getrunken hatte. Ihre schlanken Beine zitterten sichtlich, die Brandverletzungen an ihren Knöcheln und Füßen waren dunkel und nässten. Ihre geschwollenen Augen starrten ängstlich zwischen einem Vorhang aus schmutzigem, langem Haar hervor. Für ihr Alter war sie wirklich attraktiv und es war eine Freude, mit ihr zusammen zu sein. Mit einem Schaudern dachte Ames an Tiffany zurück, ihre runzlige, raue Haut...
    »Bitte…«, flehte Rose mit krächzender Stimme. »Lassen Sie mich gehen!«
    Ames seufzte und löste sich endlich aus dem Türrahmen. Er schloss die Tür und es wurde ein wenig dunkler. Eigentlich schade, aber er konnte es sich nicht erlauben, Licht zu machen und musste seine Abenteuer in schwarzweiß genießen. Während er auf Rose zutrat, genoss er

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